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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Moment«, sagte Heiner lächelnd.
    »Ich
möchte nichts. Nur etwas Wasser, bitte.« Heiner füllte ihr ein Glas. Sie
bedankte sich und ging.
    »Sie
sieht nicht sehr glücklich aus«, bemerkte Richard.
    »Sie
ist auch nicht sehr glücklich.«
    »Und
warum?«
    »Oberwachtmeister
Heynel beabsichtigt zu heiraten.«
    »Und was
hat das mit Fräulein Rothe zu tun?« Er stutzte. »Soll das heißen, die
beiden...?«
    Heiner
nahm den Topf vom Herd. »Wollen Sie nicht doch einen Teller?«
    »Braun,
Sie verschweigen mir was!«
    »Die
Frau, die Herr Heynel zu ehelichen gedenkt, ist nicht Fräulein Rothe.«
    »Sondern?«
    »Ihre
Tochter.«
    Laura
lag auf ihrem Bett und starrte die Decke an. Herrje, ja! Sie hatte sich wieder
auf ihn eingelassen. Wenn diese Gesellschaft ihr nicht mehr als einen
Dachboden für ihr Glück ließ, dann nahm sie ihn eben! Martin hatte recht: Ein
Hausfrauendasein konnte sie sich nicht vorstellen, sie hatte es in Berlin
schon nicht gekonnt. In einer offiziellen Beziehung würden sie miteinander
kreuzunglücklich werden. Aber würde sie das nicht auch, wenn er verheiratet
war? Allein die Vorstellung, daß er diese Vicki anfaßte, sie streichelte, sie
küßte, trieb ihr Tränen in die Augen. Warum konnte er alles haben und sie
nichts?
    Es
klopfte. Sie wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht und stand auf. Sie hatte
Heiner erwartet, aber es war Helena. Sie

hatte
einen Wasserkrug und einen Becher in der Hand. »Wollen Sie wirklich nichts
essen?«
    »Nein,
danke.«
    Helena
füllte den Becher. »Dann trinken Sie wenigstens etwas.«
    Laura
verzog das Gesicht. »Das riecht ja fürchterlich.«
    »Heiner
besteht darauf, daß ich morgens und abends ein Glas davon trinke. Er sagt, es
heitert auf.«
    »Hat er
darin faule Eier aufgelöst?«
    »Das
ist Heilwasser vom Nizza.«
    »Ihr
Mann bestellt Wasser aus Nizza?« fragte Laura verblüfft.
    Sie
lächelte. »Das Nizza ist eine Promenade am Main. In der Nähe von Kommissar
Biddlings Haus. Das wärmste Eckchen in der Stadt.«
    Laura
probierte. »Es schmeckt nicht ganz so scheußlich, wie es riecht.«
    »Fragen
Sie Heiner nach dem Grindbrunnen, und er wird Ihnen erzählen, daß Frankfurt es
verdient hätte, zur Badestadt aufzusteigen.« Laura lächelte.
    »Sehen
Sie. Es wirkt schon.«
    »Ich
war heute mit einem Kollegen zusammen in der Kornblumengasse. Ein Fall von
Verwahrlosung. Es ist schlimm, wie manche Menschen leben. Vor allem die
Kinder.«
    Helena
nickte. »Die Verhältnisse sind mir bekannt. Ich habe viele Jahre ehrenamtlich
in der Armenbetreuung gearbeitet.«
    »Dann
kennen Sie vielleicht auch die Familie Heusohn?«
    »Ja.
Allerdings nicht so gut wie Heiner. Ich bin ja keine Frankfurterin.«
    Laura betrachtete
ihre Finger. »Und die Familie Heynel?«
    »Was
möchten Sie wissen?«
    »Hat
Ihr Mann es Ihnen gesagt?«
    Sie
legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich bin ja nicht blind.«
    »Martin
sagte mir, daß er seine Mutter gehaßt hat.«
    »Sie verließ
die Familie, als er acht Jahre alt war. Sein Vater wurde darüber krank und fing
an zu trinken. Als er starb, war nicht einmal genügend Geld für ein anständiges
Begräbnis da.
    Der
Junge blieb in der Wohnung, seine Schwester kam zu Pflegeeltern. Später hat er
sie zurückgeholt.«
    Laura
war fassungslos. »Wie konnte sie ihre Kinder im Stich lassen?«
    »Manchmal
zwingen die Umstände Menschen dazu, unbegreifliche Dinge zu tun.«
    »Ihr
Mann hat gesagt, daß Sie auch Pflegekinder hatten. Er zeigte mir eine
Photographie.«
    »Von
Anna, ja. Er liebt sie wie ein eigenes Kind.«
    »Sie
haben sehr spät geheiratet, nicht wahr?«
    »Ja.
Aber das Alter war nicht der Grund. Meine erste Ehe blieb auch kinderlos.«
    Laura
drehte den Becher in den Händen. »Die Ärzte reden den Frauen gern ein, sie
seien allein schuld, wenn es mit dem Kinderkriegen nicht klappt.«
    »An
Heiner lag es nicht. Er hatte einen Sohn.«
    »Davon
hat er mir ja gar nichts erzählt!«
    »Mir
auch nicht. Ich erfuhr es von Kommissar Biddling. Der Junge wurde versehentlich
von einem Soldaten erschossen. Er war gerade zehn Jahre alt. Heiners erste Frau
starb aus Gram darüber.«
    »Und er
hat Ihnen nie ein Wort gesagt?«
    Sie
schüttelte den Kopf. »Manchmal tun die Dinge, vor denen Männer uns glauben
schützen zu müssen, ihnen selbst am meisten weh. Und jetzt trinken Sie mal
hübsch Ihr Glas leer!«
    Als sie
gegangen war, dachte Laura an Heiner Brauns trauriges Gesicht auf dem Belvederche. Sicher war er ein wundervoller Vater gewesen. Aber was wäre

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