Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
Vom Netzwerk:
sagte
Richard, ohne auf Becks Anspielung einzugehen. »Heinrich Wilhelms ist ein enger
Freund der Familie und hat ein einwandfreies Alibi. Bei der zweiten Person, K.
Hopf, könnte es sich um einen Hundezüchter aus Niederhöchstadt handeln.
Lichtensteins Witwe hält es für möglich, daß ihr Mann sich mit ihm traf, um für
die älteste Tochter einen Welpen als Geburtstagsgeschenk zu bestellen. Ich
werde morgen nach Niederhöchstadt fahren und Hopf dazu befragen. Keine Hinweise
habe ich zu Fräulein Frick gewinnen können, mit der sich Lichtenstein offenbar
am 19. Februar getroffen hat. Sowohl Lichtensteins Frau als auch Auslaufer
Schick ist der Name unbekannt. Laut Einwohnermelderegister leben in Frankfurt
achtzehn Personen mit dem Namen Frick, darunter zehn weibliche. Davon sind
zwei erwachsen und unverheiratet, so daß
    »Eine
der beiden wohnt im Rapunzelgäßchen 5«, sagte Laura Rothe von der Tür.
     
    Kapitel
5
     
    Abendblatt
    Samstag,   27.Februar 1904
    Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
     
    In der ganzen
Stadt wird von nichts anderem als von dem Raubmord auf der Zeil gesprochen. Im
Familienkreis, auf der Straße, in den Wirtschaften, in der Trambahn, überall
wo sich Menschen zusammenfinden, die sich etwas mitzuteilen haben, ist von dem
entsetzlichen Ereignis die Rede.
    Man
darf wohl hoffen, daß es der Polizei gelingen wird, die Mörder dem Arm der
Gerechtigkeit zu überliefern, damit die blutige Tat ihre Sühne findet.
    Wie
weit die polizeiliche Tätigkeit gediehen ist, vermögen wir nicht zu sagen. Es ist
ja begreiflich, daß eine solche
    Untersuchung
nicht in der vollen Öffentlichkeit vorgenommen werden kann, da sonst die Täter
leicht gewarnt werden. Wir glauben aber nicht, daß es das Richtige ist - wie
es in diesem Fall geschieht - wenn die Polizei der Presse nur wenige oder keine
Mitteilungen macht.
    Nicht
zu schweigsam und nicht so zugeknöpft! Die Presse repräsentiert immer noch
eine stärkere Großmacht als die Polizei, wenn diese auch eine noch so ernste
Amtsmiene aufsetzt und damit versichern will, daß sie alles und noch einiges andere
zuwege bringt.
     
    R ichard Biddling sah Laura ungläubig an. »Rapunzelgäßchen 5?«
    »Das
Haus von Wachtmeister Braun, ja. Ich habe dort Logis genommen.« Sie stellte den
Karteikasten auf den Tisch. »Und im Zimmer nebenan wohnt ein Fräulein namens
Frick.« »Interessant«, bemerkte Beck.
    »Richten
Sie bitte Kommissar von Lieben meinen Dank aus«, sagte Richard.
    Es war
eine höfliche Aufforderung zu gehen, aber Laura ignorierte sie. »Darf ich
fragen, wofür Sie die Photographien benötigen, Herr Kommissar?«
    Biddlings
Gesichtsausdruck ließ ein Nein vermuten, doch bevor er antworten konnte,
klopfte es. Ein Polizeidiener führte eine Frau herein. Sie trug einen
altmodischen Mantel über einem grauen Kleid, und ihr Gesicht glühte vor
Aufregung. »Ich habe bereits alles gesagt, was ich weiß! Und es gibt nicht den
geringsten Grund, mich von der Straße wie eine Verbrecherin abführen zu
lassen!«
    »Die
Herren Kommissare Biddling und Beck werden Ihnen alles erklären, Fräulein
Freytag«, sagte der Polizeidiener. Er nickte den Männern und Laura zu und
verschwand mit sichtlicher Erleichterung.
    Richard
zeigte auf den Karteikasten. »Wir möchten Sie bitten, sich einige Photographien
anzuschauen und uns zu sagen, ob die Dame darunter ist, die Herrn Lichtenstein
besucht hat.«
    Margarete
Freytag klopfte ein imaginäres Staubkorn von ihrem Mantel. »Ich finde es
unerträglich, wie ich von der Polizei behandelt werde! Was sollen die Leute
denken?«
    »Ihre
Beobachtung ist so wichtig, daß wir Sie unverzüglich zurückholen mußten,
Fräulein Freytag«, sagte Richard freundlich.
    Ihre
Miene entspannte sich. »Und warum sagt mir das keiner?« Sie fing an, die
Bilder durchzusehen. »Wissen Sie, als ich am Montag so kurz vor halb eins zu
Tisch gegangen bin, da hab' ich diese Frauensperson die Treppe raufkommen
sehen. Sie hatte einen violetten Mantel an und eine aufdringliche
Straußenfederboa um den Hals. Und einen teuer aussehenden Hut hatte sie auf,
mit Spitze und Tüll dran. Völlig unpassend für die Tageszeit! Und geschminkt
war sie auch.«
    »Und
daraus zogen Sie den Schluß, daß die Dame keine Dame war«, sagte Beck.
    »Aber
sicher!« Sie sah Laura an. »Frauen erkennen so etwas auf Anhieb, nicht wahr?«
    »Nun...«
    »Woher
wissen Sie, daß die Frau zu Lichtenstein wollte?« fragte Beck.
    »Beim
Weitergehen hörte ich, wie die Tür im ersten Stock

Weitere Kostenlose Bücher