Hahn, Nikola
aufging und Herr
Lichtenstein ziemlich unfreundlich sagte: Was wollen Sie hier?« Nachdenklich
betrachtete sie eine Photographie, die eine Frau mit blondem Haar zeigte. »So
ähnlich sah sie aus. Nur älter.«
»Und
was hat sie Herrn Lichtenstein geantwortet?« fragte Richard.
»Sie
sagte: Ich muß mit Ihnen sprechen. Es ist wichtig. Und Herr Lichtenstein sagte:
Das ist sicher nicht der richtige Ort! Worauf die Dame anfing zu lachen.« Sie
hielt Richard eine Karte hin. »Das ist sie.«
Beck
warf einen Blick darauf. »Sind Sie sicher?«
»Aber
ja!« Ihre Augen blitzten. »Ich hatte recht, stimmt's? Wenn die Dame nämlich eine
Dame wäre, hätten Sie sie bestimmt nicht in Ihrem Register.«
»Haben
Sie die Frau vorher schon einmal gesehen?« fragte Richard.
»Nein,
Herr Kommissar.«
»Sie
haben uns sehr geholfen, Fräulein Freytag. Bitte nehmen Sie einen Moment im
Flur Platz. Kommissar Beck wird Ihre Aussage gleich protokollieren, und dann
können Sie gehen.«
»Ich
kenne sie nicht«, sagte Beck, als Margarete Freytag das Büro verlassen hatte.
»Ich
auch nicht.« Richard löste die Photographie von der Karte und las die
Eintragung auf der Rückseite. »Othild Cäcilie von Ravenstedt, geboren am 14.
März 1861 in Hamburg.«
Beck
zuckte mit den Schultern. »Nie gehört. Sicher kann uns Heynel weiterhelfen.«
»Oberwachtmeister
Heynel ist in der Stadt unterwegs«, sagte Laura. »Aber vielleicht könnte ich...«
»Für
den Fall, daß Sie mich noch brauchen: Ich bin in meinem Büro, Herr Biddling«,
sagte Beck und ging.
»Könnten
Sie mir bitte verraten, warum er so tut, als sei ich Luft?« fragte Laura
wütend.
Richard
sah seine Notizen durch. »Wir alle brauchen ein wenig Zeit, uns an die neue
Situation zu gewöhnen, Fräulein Rothe. Bitte sagen Sie Kommissar von Lieben,
daß ich dringend alle verfügbaren Informationen über Othild Cäcilie von
Ravenstedt benötige.«
Laura
warf einen Blick auf das Photo. »Ich glaube nicht, daß der Herr Kommissar
augenblicklich dazu in der Lage ist.«
»Hat
Oberwachtmeister Heynel gesagt, wann er zurückkommt?«
»Nein.«
»Dann
schicke ich eben jemanden in die Registratur. Wenn sie photographiert wurde,
wird sie ja wohl eine Akte haben.«
»Was
möchten Sie denn über die Dame wissen?«
»Wo ich
sie finden kann, zum Beispiel.«
»Im
Bordell Laterna Magica, Kommissar.«
Richard
sah sie derart verblüfft an, daß Laura lachen mußte. »Die Dame nennt sich
Fräulein Zilly und wurde gestern abend sistiert, weil sie im Schauspielhaus im
Parkett saß. Haben Sie denn Anhaltspunkte dafür, daß eine Frau den Mord
begangen hat?«
»Gewisse
Spuren scheinen die Vermutung nahezulegen, daß eine weibliche Person zumindest
am Tatort war«, sagte Richard ausweichend.
»Und
was hat dieses Fräulein Frick damit zu tun?«
»Wir
überprüfen die verschiedensten Hinweise.«
Laura
nahm den Karteikasten vom Tisch. »Ich habe verstanden, Herr Biddling. Ich bin
eine Frau, und die Aufklärung eines Mordfalls geht mich nichts an.«
»Wie
sind Sie denn an Wachtmeister Braun geraten?«
Sie
zuckte mit den Schultern. »Wir begegneten uns gestern vor Polizeirat Francks
Büro. Als er hörte, daß ich ein Zimmer suche, hat er mir eins angeboten.«
»Das
sieht ihm ähnlich! Wahrscheinlich wird er Sie jeden Abend zum Rapport
bestellen.« In seiner Stimme schwang die gleiche Mischung aus Herzlichkeit und
Achtung mit, die Laura bei Brauns Bemerkungen über Biddling aufgefallen war.
Keine
Frage:
Die beiden Männer verband mehr als ein bloßes Arbeitsverhältnis.
Es
klopfte, und ein älterer Mann kam herein. Sein unsicherer Blick wanderte von
Laura zu Richard Biddling. »Bitte verzeihen Sie, Herr Kommissar. Mir ist noch
etwas eingefallen. Ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber...»
»Jede
Kleinigkeit kann wichtig sein, Herr Schick.«
»Ich
schaue nach, ob ich die Akte finde«, sagte Laura.
Richard
nickte, doch sie merkte, daß er mit seinen Gedanken woanders war. Zu gerne
hätte sie erfahren, was dieser Schick zu berichten hatte. Aber sie war klug
genug zu wissen, wann es Zeit war zu gehen. Von Lieben saß an seinem
Schreibtisch und starrte ins Leere. Als Laura ihn nach Zillys Akte fragte,
stand er auf und ging. Wie war es möglich, daß er in diesem Zustand Dienst
versah? Andererseits konnte es ihr nur recht sein, wenn er sie gewähren ließ.
Sie öffnete den ersten Aktenschrank. Es dauerte nicht lange, bis sie das
Gesuchte fand.
Anton
Schick nahm umständlich Platz. »Am Montag
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