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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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erschien in Begleitung einer alten Dame, die am Stock ging und sich nur mühsam fortschleppen konnte.
    Als die Blonde die Alte an der gegenüberliegenden Tür verabschiedet hatte, sah sie sich unter den Wartenden um.
    Sébastien stand auf, verneigte sich vor ihr und reichte ihr seine Visitenkarte. »Ich hoffe, Dr. Hahnemann hat Zeit, mich zu empfangen.«
    »Wenn Sie Zeit haben zu warten«, entgegnete die Frau.
    Für einen Moment ruhte ihr Blick auf Sébastien, dann nickte sie ihm zu und bat schließlich Lord Elgin, ihr in das Ordinationszimmer zu folgen.
    Sébastien sah ihr nach, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Wenn das, wie er vermutete, Madame Hahnemann war, hatte Doyen ihm nicht zuviel versprochen. Sie war eine elegante Schönheit, mit der er sich gerne ein paar angenehme Stunden gönnen würde.
    Einige Minuten war es still im Salon. Dann erschien ein junger Mann – groß und schlank, dunkelblond, mit wachen dunklen Augen und sehr modisch gekleidet. Er grüßte und verschwand, ohne anzuklopfen, in einem Nebenraum.
    Cora Mowatt richtete sich an die Frau, die links von ihr saß, eine Mrs. Erskine aus Schottland, wie sich bald herausstellte. Sie sprach französisch mit einem leichten Akzent.
    »Ein gutaussehender junger Mann – gehört er zur Familie?«
    »Es ist Charles Lethière, der Ziehsohn von Madame Hahnemann. Er wohnt nicht hier im Haus, soviel ich weiß, aber er geht Dr. Hahnemann zur Hand. Er studiert Pharmazie.«
    »Ach ja …« Cora Mowatt nickte, dann richtete sie sich mit einer anderen Frage an Mrs. Erskine: »Waren Sie auch schon öfter hier, und haben Sie ebenfalls mit solchen Verschlimmerungen zu tun gehabt, von denen mir Lord Elgin erzählte?«
    Mrs. Erskine legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. »Warum so ängstlich, meine Liebe? Schlechte Erfahrungen habe ich bisher ausschließlich mit Allopathen gemacht.«
    Cora Mowatt seufzte. »Ich bin Schauspielerin! Nicht auszudenken, wenn sich die Entzündung meiner Stimmbänder zu allem, was ich bereits aushalten muß, auch noch verschlimmerte!«
    »Lieber einmal wirklich krank als lange Zeit dahinsiechen!« Nun war es Mrs. Erskine, die seufzte. »Vierzehn Jahre lang haben Ärzte auf die unterschiedlichste Weise an mir herumgedoktert, und dabei wurde alles immer noch ärger.«
    »Vierzehn Jahre!« Mrs. Mowatt war entsetzt. »Aber wie konnte das denn sein?«
    »Wollen Sie sich meine Krankengeschichte wirklich anhören?«
    »Ich bitte Sie darum. Egal, wie erschreckend sie auch sein mag, es würde mich beruhigen, wenn ich erkennen könnte, daß mein Besuch bei Dr. Hahnemann sinnvoll ist. Manche Leute sprechen nur das Beste über die Homöopathie, aber andererseits gibt es auch einige Zeitungsberichte, denen zufolge man besser vorsichtig sein sollte.«
    »Solchen Berichten sollten Sie nun wirklich keinen Glauben schenken! Aber gut, wenn Sie meinen, erzähle ich Ihnen von meinem Leidensweg.«
    Mit einem kurzen Seitenblick auf Sébastien, der inzwischen eines der Journale vom Tisch genommen hatte und so tat, als würde er darin lesen, wechselte sie ins Englische. Sie nahm wohl an, er könne es nicht verstehen, oder hoffte es zumindest.
    »Mein Hauptproblem waren Drüsenschwellungen an der Brust und unter dem linken Arm, die äußerst schmerzhaft waren. Hinzu kamen starke Regelblutungen alle zwei Wochen und … nun ja, starke Schleimabgänge aus dem Rektum. Behandelt wurde ich mit Salzen, die ich trinken mußte und die äußerst ekelhaft schmeckten. Man hat mir Blutegel angesetzt, ich habe schwefel- und eisenhaltige Wasser getrunken. Für kurze Zeit ging es mir tatsächlich etwas besser, aber lange hielt der Erfolg nicht vor. Ich bekam Einläufe in Rektum und Vagina – zuerst mit Aachener Mineralwasser, später wurde Quecksilber ins Rektum und Rotwein und Alaun in die Gebärmutter injiziert.«
    Cora Mowatt war blaß geworden. Entsetzt starrte sie Mrs. Erskine an.
    »Soll ich weitererzählen?« fragte diese mit zweifelndem Blick.
    Mrs. Mowatt schluckte und nickte tapfer.
    »Leider wirkte sich diese Behandlung sehr ungünstig auf die Gebärmutter aus. Um die Reizung zu lindern, bekam ich auf die Innenseite des Schenkels ein Zugpflaster gesetzt. Aber das hatte zur Folge, daß eine starke Blutung auftrat. Um ihr entgegenzuwirken, verordnete mir der Arzt alle halbe Stunde ein Sitzbad in lauwarmem Wasser. Doch durch die Sitzbäder kam der Ausfluß zurück. Also wurde ich mit Digitalis und Säuren sowie mit Dampfbädern behandelt. Eine

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