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Hai Fisch Futter

Hai Fisch Futter

Titel: Hai Fisch Futter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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durchgegangen wäre — es fehlten lediglich die zerfledderten Ausgaben von Women’s Weekly und die alten National Geographics, um die Anverwandten von dem Gedanken an die Vergänglichkeit allen Fleisches abzulenken — , unternahm derjenige der Polizei gar nicht erst den Versuch. Mit seinen abgestoßenen, an Krankenhausflure gemahnenden schmutzigweißen Wänden, grauen Linoleum-Bodenfliesen und mechanischen Schreibmaschinen aus den Siebzigern sah er wie der Vorraum der Hölle aus.
    Da mich Leggett und Bray, wie nicht anders zu erwarten, versetzt hatten, hockte ich mich auf einen dieser unbequemen schwarzen Plastikstühle ohne Lehne, die man so wunderbar aufeinanderstapeln kann, und las die polizeilichen Mitteilungen, um mich von dem bevorstehenden Martyrium abzulenken. Eine davon, von einem früheren Polizeipräsidenten unterzeichnet, war ein vergilbtes Rundschreiben, das die diensttuenden Beamten dazu ermahnte, Todesopfer unverzüglich ins Leichenschauhaus zu schaffen. Irgendein Witzbold hatte WENN SIE DIESEN ANWEISUNGEN NICHT FOLGE LEISTEN, WERDEN SIE VERGEWALTIGT, BERAUBT, AUSGEPLÜNDERT UND VERBRANNT darauf getippt. Es war der Polizei bestimmt ein leichtes, den Missetäter anhand der Schreibmaschinentypen zu überführen.
    Es gab auch eine Anzeige von einem unternehmerischen Leichenschauhausangestellten, der einen Reinigungsdienst für Räumlichkeiten anbot, in denen man verweste Tote oder Tierkadaver auffand. Während ich darüber nachdachte, wie der Besitzer des blauen Falcon den Kofferraum seines Autos wohl wieder sauber kriegen würde, kam eine freundlich dreinblickende Frau mittleren Alters herein und stellte sich als Sozialarbeiterin vor. Da sich der Leichnam von Mr. Dixon in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung befinde, könne ich die Identifizierung auf dem Monitor der hausinternen Fernsehanlage vornehmen, sagte sie mir. Obwohl es manche Leute vorzögen, ihren Liebsten von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten, um die Dinge zu einem geziemenden Abschluß zu bringen. Was mir lieber sei?
    »Tja, ich bin mit Selwyn zwar schon seit Jahren bekannt, aber wir waren nicht so besonders eng miteinander befreundet«, sagte ich, erleichtert aufatmend. »Ich bin bloß hier, weil seine Verwandten über das ganze Land verstreut sind. Das per Bildschirm wäre mir recht.«
    Sie schenkte mir ein aufmunterndes, wertungsfreies Lächeln, und wir unterhielten uns über Selwyn, bis Bray hereingestürmt kam.
    »Fertig?« polterte er, ein gemeines Grinsen im Gesicht.
    »Klar doch«, erwiderte ich, jetzt, wo ich mir keine echte Leiche anzutun brauchte, wieder die Lässigkeit in Person.
    Bray griente sich eins, und wir betraten einen Raum, der entfernt an ein Schwimmbad erinnerte — dunkelblauer Teppich, blaßblaue Wände, Drucke in gedämpften Tönen und jede Menge helles Holz. Jemand mußte eine dieser Farbstudien gelesen haben, die da besagen, daß Blau beruhigt. An einem Ende war eine Absperrung aus massivem Holz angebracht, die ein bißchen wie eine Kommunion- oder Richterbank aussah. Die Sozialarbeiterin bemerkte meine erstaunte Miene und erzählte mir, daß Tote, die sich in einem einigermaßen passablen Zustand befänden, zur Identifizierung auf einer Rollbahre hinter dieses Trenngeländer gebracht würden.
    »Wo ist denn nun der Monitor?« fragte ich. Aus irgendeinem Grund — Aberglaube vielleicht — hatte ich die Stimme gesenkt.
    Bray öffnete die Türen einer riesigen Schrankwand und brachte einen Fernsehbildschirm zum Vorschein. Er schaltete ihn ein, und eine in der Leichenhalle angebrachte Kamera lieferte eine Großaufnahme von dem, was einst Selwyns Gesicht gewesen war. Ich spürte, wie ich in den Knien etwas weich wurde, wäre aber lieber gestorben, als vor Bray irgendeine Gefühlsregung zu zeigen.
    »Ja, es ist Selwyn«, sagte ich, und Bray schaltete den Monitor ab und machte die Schranktür wieder zu.
    Bloß gut, daß es die moderne Technik gibt, dachte ich, als wir den schwimmbadartigen Raum verließen. Die Sozialarbeiterin gab mir einen mitfühlenden Klaps und verschwand. Wieder in der Polizeiklause, erledigte Bray den Papierkram, und es war vorbei.
    Draußen in der wirklichen Welt ging das Leben ohne Selwyn weiter, so wie es das einmal auch ohne mich tun würde.
    »Folgen Sie mir ins Präsidium, mein Bester, ja?« orderte Bray, stieg in den Polizeiwagen und fuhr davon.
    Ich war versucht, in einem der Pubs in Glebe einen Stopp einzulegen und mir ein Bier zu genehmigen, gelangte aber zu dem

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