Halb verliebt ist voll daneben - Roman
ständig hört: ›Oh, du wirst ihn besiegen.‹ Da möchte man schreien: ›Vielleicht aber auch nicht, ich bin nicht Lance Armstrong.‹«
»Oh«, sagte ich. Ich hakte im Geiste all die unvernünftigen Dinge ab, die ich bereits zu Rachel gesagt hatte. Diese »Lass-uns-den-Mistkerl-besiegen«-Sprüche und »Kopf-hoch-Lance«-Kommentare. »Und was soll ich stattdessen sagen?«
»Nun, trivialisieren sollten Sie es auch nicht.«
»Genau«, sagte ich. Und dabei lief wie ein Endlosband dieser lächerliche Rap in meinem Kopf ab. »Besten Dank, Flo.«
Ich humpelte niedergeschlagen davon.
»Sarah.« Mr. Schneider kam hinter mir her. »Seien Sie einfach da für Ihre Freundin, Sarah. Sagen Sie ihr, dass Sie sich um sie kümmern. Ich bin mir sicher, dass Sie ihr eine ganz großartige Freundin sind.«
»O nein, ehrlich, Sie verstehen das nicht. Ich mache alles falsch. Ich nannte sie Lance Armstrong und machte zotige Späße, es tut mir so leid.«
»Ich bin mir dennoch sicher, dass Sie das richtig machen.« Er lächelte. »Und bleiben Sie ruhig bei den zotigen Späßen.«
Und ich lächelte, weil es mich wirklich freute, dass ein Geistlicher so etwas sagte.
74
Als ich auf mein Zimmer zurückkehrte, lag Rachel dort noch immer mit meiner Augenmaske aus der ersten Klasse leise schnarchend auf dem Rücken. Ich schrieb ihr eine neue kleine Notiz und ließ sie neben dem Bett liegen. Darauf stand nur:
Ich weiß nicht, wie ich Dir in Deiner Lage am besten helfen kann, Rachel. Aber ich werde alles tun, was in meiner Macht steht und was Du brauchst. Ich werde nicht weglaufen. Also benutz mich, um zu weinen, zu stöhnen, zu fluchen, mich herumzukommandieren und über alles zu reden. Wenn ich was Falsches sage, lass es
mich wissen. Denn alles, was ich tue, mache ich aus Liebe zu dir. Xxx
Dann nahm ich meinen Laptop und wappnete mich für Nads.com . Was National Geographic für die Naturwissenschaften ist, ist Nads für Brüste. Auf der Startseite waren zwei Teenagermädchen zu sehen, die nichts weiter als Diamanthöschen trugen. Beide grinsten, vermutlich aus Qual, weil die Diamanthöschen bestimmt nicht lustig waren, schon gar nicht, wenn man sich hinsetzte. Eins der Mädchen hielt hilfsbereit die Brüste der anderen, offenbar um deren Anstand zu wahren, da sie schüchtern war. Das Inhaltsverzeichnis versprach mir »knisternde Fotos« von einer nackten Eva, einen Strip von jemandem namens Emma, pikante Fotos von Sandra, eine Rubrik mit der Überschrift FEIERTAGSBUSEN und eine andere, überschrieben mit BESTE BRÜSTE. Vermutlich war es die Vielfältigkeit der Kommentare, die Nads von der anderen Literatur auf dem Markt abhob.
Ich klickte auf Eva. Sie hatte tatsächlich erstaunliche Brüste. Mit diesen massigen Dingern schien sie ihre Tage vorwiegend auf dem Boden liegend zuzubringen und sie zu berühren, dazu trug sie nichts außer ihren Schuhen, was für Nads natürlich nur gut war. Eva konnte sich außerdem glücklich schätzen, dass der Rest ihres Körpers schlank und rank war. Sie hatte eine winzige Taille und einen festen Hintern wie ein vorpubertärer Junge. Selbst ihre verdammten Hände waren winzig. Brüste größer werden zu lassen, war kein Problem. Das hatte ich schon getan. Dazu brauchte ich nur spät abends jede Menge
Erdnussbutter auf Toast zu essen. Das einzige Problem waren die anderen Körperteile, die dann auch mitwuchsen.
Ich kehrte zurück zur Homepage. Ich überprüfte sie sehr genau, fand aber nirgendwo Leos Namen. Doch es gab eine Rubrik mit der Überschrift WER TREIBT’S MIT WEM? und etwas in mir sagte, dass ich das wirklich, wirklich, wirklich nicht anklicken wollte.
»Ich kann das nicht«, sagte ich laut.
»Was?«
»Hey, Püppchen. Ich dachte, du schläfst. Kann ich dir was bringen?«
»Nein«, sie reckte ihre Hand Richtung Nachttisch und griff nach ihrem Handy, warf einen Blick darauf und blinzelte verschlafen.
»Hat er angerufen?«
»Hm«, sagte sie leise.
»Ich werde dir eine Tasse Tee kochen.«
»Siehst du dir Pornos an?«
»Was? Nein. Wusstest du, dass Leo Clement hier was stehen hat?«
Sie lächelte.
»Ich würde sogar sagen, dass Leo Clement da was ganz Phänomenales stehen hat.«
Ich hatte einen Flashback dieser engen grauen Shortys.
»Er hat eine Kolumne in einer Zeitschrift namens Nads .«
»Super. Lass sie uns lesen.«
»Gut.« Ich reichte ihr den Laptop.
»Wow, die hat aber schöne Brüste«, seufzte sie traurig.
»Schau mal. Ich glaube, was Leo schreibt, könnte hier
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