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Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Titel: Halb verliebt ist voll daneben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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hübsch aus, aber erschöpft. Doch ich schaute ihr gar nicht richtig ins Gesicht, denn vorne an ihr dran hing ein kleines, haariges Geschöpf. Es hatte dicke rote Wangen und Unmengen weicher schwarzer
Haare, die in die Höhe standen, und große blaugrüne Augen. Sie erinnerte an die Miniaturversion von Simon für einen Herr-der-Ringe- Film. Das war die kleine Anna. Sie war ein unglaublich bezauberndes Wesen.
    »Das ist Anna«, sagte Ruth.
    Aber mir hatte es die Sprache verschlagen. Ich hatte nur Augen für Anna. Sie war das Coolste, was ich je gesehen hatte. Das war der Abschluss, auf den ich gewartet hatte. Das war alles, was ich wissen musste. Sie war ein Teil von Simon. Sie war ein kleines Bündel aus seinen Genen und seiner Energie, und sie stand ganz am Anfang ihrer Reise in diese Welt.
    »Ich habe versucht, ein ruhiges Plätzchen zu finden, wo ich sie stillen kann.«
    Jetzt musste ich einfach was sagen. Aber dieses Ding mit den verrückten Haaren hatte mich tatsächlich sprachlos gemacht.
    »Komm rein, wir sind fast fertig. Hier drinnen hast du deine Ruhe, wenn du sie füttern musst«, sagte Erin, die auf uns zukam. Sie sah Anna an und gurrte: »Die ist aber süß.«
    Aber Anna hatte nur Augen für mich.
    »Ja, entschuldige, Ruth, komm rein«, brachte ich endlich über die Lippen.
    »Danke.«
    Sie trat ein und fragte: »Wie geht es dir, Sarah?«, dann stellte sie ihre Tasche auf den Boden und setzte sich auf einen der Stühle im Speisesaal.
    »Gut. Und dir?«
    »Nicht schlecht«, sagte sie und holte Anna aus dem Tragegurt. Anna trug einen kleinen in Babyblau und
Weiß gestreiften Strampelanzug, der ein wenig nach Sträfling, ein wenig nach Baby Gap aussah. »Oh, mein Handy klingelt, könntest du …« Ruth hielt inne und reichte mir Anna zum Halten.
    »Äh … soll ich sie nehmen?«, fragte ich.
    Anfangs hielt ich das weiche Bündel von mir weg, aber dann barg ich sie in meinen Armen. Wie soll ich sie beschreiben? Sie war mehr als zauberhaft. Sie war ein kostbares Wunder, das ich für immer beschützen wollte. Ich weiß, wie abgedroschen und beschissen sich das anhört, aber ich hatte das Gefühl, diese kleine Person, die ich eben erst kennengelernt hatte, bereits zu lieben. Womöglich sah ich sie nie mehr wieder, aber ich wusste, sollte sie während der nächsten sechzig Jahre irgendwas brauchen, würde ich alle Hebel dafür in Bewegung setzen. Was auch immer es war. Das war die kleine Anna. Wow.
    Ich schaute sie an. Anfangs dachte ich, ich bilde mir das nur ein. Hielt es für einen LSD-Flashback. Aber sie lächelte. Sie öffnete ihren Mund und zeigte mir ihr Zahnfleisch, aber es war keine Grimasse der Qual oder der Beginn eines Gebrülls. Sie lächelte wirklich. Ich weiß, dass es eigentlich nur ein Reflex gewesen sein kann, denn sie war noch zu klein, um schon bewusst zu lächeln. Aber ich halte mich lieber daran fest, dass es ein richtiges Lächeln war. Und ich versuchte dieses Lächeln zu erwidern. Ich nahm mir einen Stuhl und setzte mich mit ihr und wiegte sie in meinen Armen. Das einzige Baby, das ich nicht zum Weinen gebracht hatte, brachte mich zum Weinen. Hier hatte ich mein Ebenbild gefunden.
    »Kommst du zurecht mit ihr, Sarah?«
    »Hm«, murmelte ich. Ich wollte nicht, dass Ruth mich
weinen sah. Das war eine Angelegenheit zwischen Anna und mir.
    »Gib her, ich nehme sie dir wieder ab«, sagte Ruth.
    »Sie ist wunderschön«, sagte ich und schluckte.
    »Sie kommt nach ihrem Dad.« Ich nickte und lächelte und schaute auf meinen Schoß. »Wenigstens hat sie nicht meine große Nase mitbekommen.«
    »Du hast doch gar keine große Nase«, log ich.
    Schweigen. Ich war gelassen. Emotional ein wenig angeschlagen, aber gelassener ob der ganzen Situation denn je zuvor. Simon und Ruth hatten dieses beeindruckende lächelnde, niedliche kleine Ding im Strampler hervorgebracht. Darauf konnte ich doch unmöglich eifersüchtig sein. Jetzt konnte ich gehen. Es war gut, dass sie alle hier waren. Alles würde gut werden. Endlich.
    »Sarah«, begann Ruth. »Es tut mir leid, dass …«
    Ich wehrte ihre Worte mit einer dieser »Keine-Umstände«-Gesten ab, wie man sie macht, wenn man jemandem zwanzig Pence geliehen hat, und er versucht, sie einem zurückzugeben. Das kam uns beiden so lächerlich vor, dass wir lachen mussten.
    »Ist schon gut. Ich bin froh, dass ihr alle glücklich seid.«
    »Ja«, sagte Ruth, aber sie sah überhaupt nicht glücklich aus, als sie das sagte.
    »So, ich gehe jetzt besser und mache mich

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