Halb verliebt ist voll daneben - Roman
freundlich.
»Ich habe doch nur ein Foto gemacht.«
»Fotografieren im Flughafen ist bei uns nicht gestattet, Ma’am.«
Mir gefiel es auch nicht, »Ma’am« genannt zu werden, denn schließlich bin ich nicht die Queen.
»Ich habe aber keine entsprechenden Schilder gesehen«, brummelte ich.
Ich hatte schließlich nur ein Foto von Erin gemacht, wie sie durch die Einreisekontrolle ging. Ein kunstvolles Foto. Darauf waren ihr kleines Gesicht mit seinem »Ichbin-gerade-einer-Sekte-entkommen«-Ausdruck und der Hinterkopf des Mannes von der Einwanderungsbehörde sowie ihr Pass zu sehen. Es war so ein Foto, wie man es in den Zeitschriften findet, die bei Trendfriseuren ausliegen. Egal, der Anblick meiner Digitalkamera setzte jedenfalls die Kontrollmaschinerie in Gang. Mit dem Ziel, zu beweisen, dass die Kamera böse war. Doch immerhin verdanke ich diesem Vorfall, dass ich sehr schnell zum Ausgang des Flughafens kam.
Wir gingen unter dem Exit-Schild nach draußen, und die erste Person, die ich sah, war Rachel Bird, Eamonn Nigels’ Freundin, die gekommen war, um mich abzuholen. Ich hatte die gleiche Schule besucht wie Rachel,
wenngleich wir damals eigentlich nichts miteinander zu tun hatten, da sie zwei Jahrgänge über mir war. Ein Jahr zuvor waren wir uns zufällig über den Weg gelaufen, und ich hatte sie dann, von meiner Seite aus völlig unbeabsichtigt, mit Eamonn bekannt gemacht. (In einem Sadomaso-Klub. Doch das ist eine andere lange Geschichte.)
Sie wartete vor dem LAX auf mich in den kürzesten ausgefransten Shorts, die ich je gesehen habe. Im Vergleich dazu wurde für Slips von Marks & Spencer eine Menge Stoff verarbeitet. Sie muss ihre Bikinizone mit Wachs enthaart haben, um die überhaupt tragen zu können. Sie sah sagenhaft aus. Die Kuh. Lange gebräunte Beine, besagte nicht existente Shorts und ein weißes Westchen über einem gemusterten Bikinioberteil, dessen Inhalt sich nach einer gelungenen Brustvergrößerung sehen lassen konnte.
Der Mann vom Sicherheitsdienst verstärkte den Griff und zog seinen Burger-Bauch ein, als er sie sah.
»Sarah«, stieß Rachel Bird hervor und sah mich an.
»Oh, ich hatte eine Ladung Dro…«
Ich konnte mich gerade noch zurückhalten, den Satz zu vervollständigen. Zum Glück. Ich glaube nicht, dass LAX sich die Chance einer Leibesvisitation und einer Geldstrafe wegen Vergeudung kostbarer Polizeizeit hätte entgehen lassen.
»Ist das Ihre Freundin, Ma’am?«
»Ja. Sie hat wohl vergessen, ihre Shorts anzuziehen.«
Der Mann vom Sicherheitsdienst überprüfte doch tatsächlich seinen Atem, indem er in seine Hand hauchte. Unglaublich.
»Sarah! Was ist los?«
Rachel war wirklich besorgt. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. Und ich wäre so gern meinen Satz über die Drogen in meiner Muschi losgeworden. Der Griff des Mannes lockerte sich, als wir uns Rachel näherten.
»Könnte ich bitte meine Kamera zurückbekommen?«
»Erst muss ich überprüfen, was Sie damit aufgenommen haben.«
Er schaltete meine Kamera ein und ging meine Fotos durch. Als er zu dem kam, auf dem meine Beine so dünn aussahen, meinte er: »Mamma mia.« Endlich kam er zum Ende. Er löschte das letzte Bild und gab mir die Panasonic mit einem Augenzwinkern zurück. Rachel und ich bewegten uns auf den Ausgang zu.
»Sarah, du wurdest gerade in Begleitung von Sicherheitspersonal durch den LAX geführt und trägst außerdem einen Pyjama.«
»Ja, das weiß ich, Rachel. Aber wie geht es dir?«
»Gut.«
Wir traten aus dem Flughafengebäude, und da war es. Dieses Ding, von dem man gern vergisst, dass es für den Rest der Menschheit Alltag ist. Die Sonne. Die strahlende Sonne. Es war Mittagszeit, und da war sie, schien stolz von einem wolkenlosen Himmel. Ich öffnete meine Arme weit, schloss meine Augen und sonnte mich einen Moment.
»Sarah. Sieh zu, dass du in den Wagen kommst. Du siehst aus wie eine Irre.«
»Stell dir vor Rachel, Erin Schneider war mit mir im Flugzeug. Sie spielt auch im Film mit. Sollten wir sie nicht mitnehmen?«
»Unter gar keinen Umständen werde ich dieses christliche
Gör irgendwohin mitnehmen«, ereiferte sie sich und beschleunigte ihren Schritt. Dann schloss sie die Tür eines cremefarbenen Sportwagens auf. So einen Wagen hatte ich bisher nur in Hip-Hop-Videos gesehen.
»Lebe den Traum!«, murmelte ich, während ich die Karosserie streichelte.
Kaum war ich eingestiegen, fuhr Rachel bereits im vierten Gang und überholte jemanden auf dem Standstreifen.
»Verflucht,
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