Halb verliebt ist voll daneben - Roman
erklärte ich weise den Kindern.
»Was macht Simon eigentlich? Jagt er Ruth hinterher?«
»Vermutlich.«
Er war schon zwanzig Minuten lang weg. Offenbar war er ihr über den Weg gelaufen. Oder hatte ein Treffen mit ihr vereinbart. Mit einer Erektion! Unmöglich kann er die ganze Zeit telefoniert haben. Ich stellte mir die beiden bei einem Quickie hinter dem Kentucky Fried Chicken vor, was lächerlich gewesen wäre, wenn Simon nicht in diesem Moment hereingeplatzt wäre, sein Gesicht gerötet wie das eines Teenagers, der von seiner Mutter beim Masturbieren erwischt worden war.
Die Kellnerin stürzte sich sofort auf ihn und versuchte, ihm seinen Mantel abzunehmen. Er schüttelte den Kopf und kam zögerlich auf uns zu. Dann schaute er zum Holzkohleofen. Ein Ausdruck der Qual huschte über sein Gesicht. Meine Mutter fing an, vorne über Simons Mantel zu streichen, und sein Gesichtsausdruck wechselte zu Panik.
»Das ist ein hübscher Mantel, Simon. Aber du wirst ihn ausziehen müssen, denn es ist sehr warm hier.«
»Äh … nein, Val. Mich fröstelt ein wenig«, sagte er und setzte sich neben sie.
»Mein Lieber, das wirst du nicht aushalten. Du wirst zu schwitzen anfangen. Hoffentlich brütest du nicht was aus.«
Sie drückte ihm ihre Hand an die Stirn. Dann an seine Wange.
»Ach, du Armer«, sagte sie, Simon wie ein Kleinkind tröstend.
Meine Mutter umklammerte seine Hände (die in seinem Schoß und deshalb sehr nah an einem gewissen Teil lagen). Dann presste sie ihre Lippen zusammen und verzog das Gesicht.
»Fühlst du dich auch ein wenig schlapp?«
Ich hielt mir die Hand an den Mund. Mein Magen zog sich zusammen. Simon sah aus, als würden seine Augenbrauen gleich mit dem Haaransatz kollidieren.
»O ja, sehr schlapp«, flüsterte ich. Und es fühlte sich gut an. Ich hatte noch nie versteckte Anspielungen gemacht. Aber sie sind wie alkoholische Getränke. Es bleibt nicht bei einem. »Hm. Ach, Mum. Er war die ganze Nacht auf.« Ich wusste, dass das nicht lustig war. Aber ich konnte nicht aufhören. »Seine sämtlichen Muskeln sind steif. Und, und und …«
Verdammt, mir fiel nichts mehr ein.
Ich schaute mich um, vielleicht fand ich was Inspirierendes. Aber alles, was ich sah, war der Italiener, der auf Simon zeigte und das Mädchen dafür herunterputzte, dass sie Simon nicht seinen Mantel abgenommen hatte.
»Darf ich Ihren Mantel haben?«, erkundigte die Kellnerin sich noch mal.
»Nein, nein«, sagte Simon und beäugte mich argwöhnisch. »Ich möchte ihn anbehalten.«
»Bitte lassen Sie mich Ihnen Ihren Mantel abnehmen«, sagte sie verzweifelt.
»Nein, meine Liebe, mir ist kalt, ich brüte etwas aus«, sagte er, während ihm der Schweiß von der Stirn tropfte. »Aber ich denke, wir sollten jetzt bestellen.«
»Ja, für mich ein Bier«, meldete sich mein Dad.
»O Mike.«
»Schönes Holz ist das«, sagte ich und presste meine Hände auf den Tisch.
33
Nach dem Essen ging Simon seiner Wege. Er äußerte sich nicht dazu, wo er hinging.
»Ich bin dann mal weg, Sare. Weiß nicht, wann ich zurück sein werde.«
Worauf ich sagte: »Bist wohl weg, um zu sehen, ob Ruth dir dabei helfen kann?«, und deutete mit dem Kopf in Richtung seines Unterleibs.
Das hatte ich gar nicht sagen wollen. Ich hatte sagen wollen: Was geschieht da mit uns, Simon? Können wir das wiedergutmachen? Bitte. Ich liebe dich. Aber stattdessen kamen diese bitteren Worte. Er ging nicht darauf ein. Er sah mich nur an, als wäre ich ein zu Schrott gefahrenes Auto, auf das er lange hingespart hatte.
Diesen Abend verbrachte ich mit zwei alten Freunden:
Google und billigem Wein. Die beiden mögen einander. Vor meiner Recherche betrachtete ich Simon und Ruth und ihre Freundschaft mit Argwohn. Nach Google und billigem Wein war mein Argwohn so übermächtig wie Simon Cowell oder Gott oder Google selbst.
Ich saß im Schlafanzug im Schneidersitz auf dem Bett und tippte Dinge wie »Anzeichen von Untreue« ein und erhielt folgende Informationen:
Wenn Ihr Partner regelmäßige Mobiltelefonanrufe von
einer Frau erhält oder zu ungewöhnlichen Zeiten
ohne Erklärung ausgeht, besteht die Chance, dass er Sie
betrügt oder vorhat, es zu tun.
Unterdrückt Ihr Partner Anrufe oder verlässt er den
Raum, um sie anzunehmen?
Hat sein Verhalten Ihnen gegenüber sich geändert?
Findet er Fehler und sucht Streit mit Ihnen?
Geht er gern allein aus und protestiert, wenn Sie
vorschlagen, ihn zu begleiten?
Fühlt er sich bedroht, wenn Sie Ihren
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