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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Überwuchs, drehten sich im Wind. Hier und da flatterten Segeltuchstreifen, gemahnten an im Schlachtengetümmel zerfetzte Banner.
    Alles andere, was in der letzten Nacht noch dort gewesen war, war fort. Gibb eingeschlossen.

22
    HALBGEISTER
    Die Stimmung im Hangar war mit grimmig exakt beschrieben. Die Dienstverpflichteten von Hängemattenstadt wanderten ziellos zwischen den für sie aufgestellten Schlafkuben umher, sprachen mit gedämpften Stimmen, weinten oder stierten einander aus Augen an, wie man sie wohl in jeder dezimierten Armee sehen konnte. Nachdem in den Nachwehen von Gibbs augenscheinlichem Ableben jegliche Tapferkeit versagt hatte, hing die Aura des Versagens über der ganzen Umgebung. Jeder wusste, dass die Mission fehlgeschlagen war und das einzig verbliebene Thema die Frage behandelte, wie schnell sie würden abreisen dürfen: ob sie nicht vielleicht Kriegsgefangene waren oder schlimmer, Gefangene, die auf ihre eigene Exekution warteten.
    Lastogne, der in Ermangelung eines anderen Kandidaten die Leitung übernommen hatte, hatte Erbarmen mit uns gezeigt und uns gestattet, vor der erforderlichen Einsatzbesprechung unsere Blessuren zu behandeln und in frische Kleider zu schlüpfen. Ich hätte eine schnelle Schalldusche nehmen können, aber ich war nach meiner Zerreißprobe im Überwuchs derart schmutzig, dass ich mich stattdessen in dem Transporter einschloss und mich mit einer luxuriösen Heißwasserdusche reinigte. Und ich hielt mich auch nicht an die Fünf-Minuten-Beschränkung. Ich trieb sowohl die Temperatur als auch den Wasserdruck in den roten Bereich und hielt mein Gesicht direkt in den Wasserstrahl, die Augen geschlossen, die Arme kraftlos an meiner Seite.
    Als ich den Transporter, gewandet in eine frische schwarze Uniform, wieder verließ, brauchte ich nicht besonders viel Feingefühl, um die neuerliche Feindseligkeit zu spüren, die mir von allen Seiten entgegenschlug. Zuvor war ich nur die humorlose, abgebrühte Bürokratin aus New London gewesen: vielleicht ein bisschen unterkühlt, vielleicht ein bisschen irre, aber zumindest ein Profi und eine Stimme der Obrigkeit, der man mit Respekt zu begegnen hatte. Nun war ich eine verantwortungslose Außenseiterin mit einer skandalösen Vergangenheit, deren Wahnsinnstaten Stuart Gibb womöglich das Leben gekostet hatten. Ich konnte keinen Schritt tun, ohne die Dolche zu spüren, die sich aus diversen Augen in meinen Rücken bohrten.
    Nur eine Person, Oskar Levine, erkundigte sich, ob es mir gut gehe.
    Ich nickte, verblüffte ihn mit einer Umarmung und meldete mich dann ordnungsgemäß bei Peyrin Lastogne in dessen Schlafkubus, in dem die Besprechung anberaumt war.
    Die Porrinyards waren bereits dort und hatten zu beiden Seiten von Lastogne Stellung bezogen. Ihre Mienen waren neutral, doch ihre Augen sagten mir, ich möge vorsichtig sein. Oscin trug eine Plastihautbandage an der Stirn. Skye hatte ihre rechte Hand mit einer Glasur aus Brandgel behandelt. An ihren Gesichtsverletzungen hatte sie nichts getan, entweder, weil sie sie als zu geringfügig angesehen hatte, sich darum zu kümmern, oder, was wahrscheinlicher war, weil sie keine Zeit dazu gehabt hatte. Aber derjenige, der wirklich verstört aussah, war Lastogne. Er wirkte wie ein Mann, der seit Tagen nicht mehr geschlafen hatte und nicht mehr glaubte, dass er in nächster Zeit dazu kommen würde. »Counselor. Jetzt sehen Sie immerhin nicht mehr so schmutzig aus.«
    »Danke«, sagte ich, wiewohl mir bewusst war, dass seine Worte einem Kompliment so fern wie nur möglich waren. »Haben Sie Kontakt mit New London aufgenommen?«
    »Ich bin nicht überzeugt, dass es Ihnen zusteht, hier und jetzt Fragen zu stellen.«
    »Es tut mir leid, Sir, aber solange meine Vorgesetzten mich nicht von meiner Pflicht entbinden, ist dies exakt das, was ich tun werde. Haben Sie Kontakt mit New London aufgenommen?«
    Seine Augen brannten wie Laser. »Ich habe einen Bericht übermittelt, aber mein Bericht wird nicht so viel Schaden anrichten wie der, den die KIquellen mir gerade offenbart haben. Sie haben unser gesamtes Personal zu unerwünschten Personen auf dieser Station erklärt. Sie haben gesagt, in absehbarer Zukunft würde keinem Besucher der Zutritt zur Station erlaubt werden und dass alle künftigen Beobachter, sollten überhaupt Beobachter zugelassen werden, von einer anderen Gruppe ausgewählt werden müssten, vermutlich von den Bursteeni oder den Tchi. Weiterhin haben sie erklärt, dass wir nur so lange im

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