Halbgeist: Roman
nahegekommen wäre. Oscin lag, alle viere von sich gestreckt, über der Steuerkonsole. Blut strömte aus einer scheußlich klaffenden Wunde, die sich diagonal über seine Stirn zog. Skye, neben ihm zusammengerollt, sah noch schlimmer aus: Zu dem Blut, das ich zuvor an ihrem Kinn gesehen hatte, hatte sich nun eine anschwellende Quetschung an ihrer Wange gesellt. Zum ersten Mal sah ich auch die fürchterliche Verbrennung, die ihre rechte Hand leuchtend rot eingefärbt hatte.
Zugleich mit mir gelang es ihnen, sich aufzusetzen. Ihre Köpfe richteten sich zu komplementären Winkeln aus.
Dann lächelten sie wie Leute, die sich gerade eines besonders hässlichen Insiderwitzes erfreuen. »Weißt du, Andrea, du siehst richtig appetitlich aus.«
Die Pointe entzog sich mir, bis ich versuchte, die Hand vom Boden zu lösen, und zusätzliche Kraft aufwenden musste, um die verklebte Haut vom Deck zu ziehen. Da verstand ich. Ich war noch immer von Kopf bis Fuß mit einer dicken Schicht Mannasaft überzogen. Ja, ich sah bestimmt recht appetitlich aus. Teufel auch, wahrscheinlich sah ich sogar geradezu köstlich aus.
Und wenn ich das auch unter anderen Umständen vermutlich nie gesagt hätte ... manchmal ist Geradlinigkeit einfach zu perfekt.
Ein Informationsaustausch zu diesem Zeitpunkt war wirklich nicht zwingend notwendig.
»Dann solltest du besser herkommen und kosten.«
Auf Händen und Knien hasteten sie herbei.
Wir flogen den Gleiter fort von den Wolken und tauschten uns über unsere Erfahrungen der letzten paar Minuten aus. Meine lösten mitfühlende Zuckungen aus und einmal auch einen leidenschaftlichen Ausruf: »Juje, wir machen noch eine Höhenspezialistin aus dir.«
Ihre Geschichte war jedoch noch etwas schwindelerregender. Sie hatten dem Zwischenrufer nicht entkommen können, bis sie auf die radikale Taktik verfallen waren, einen der Drachen zur Tarnung zu benutzen. Sie waren neben ihm hergeflogen, hatten den Gleiter an seine absoluten Grenzen getrieben, um mit der Geschwindigkeit der riesigen Kreatur mitzuhalten, und hatten es sich zunutze gemacht, dass der Zwischenrufer offensichtlich zögerte, in der Umgebung des Drachens Waffen abzufeuern; sie waren sicher in seinem Schatten geblieben, bis der Zwischenrufer aufgegeben hatte und davongeflogen war.
»Mich wundert«, sagten sie, »dass er im Anschluss daran nicht auf dich losgegangen ist.«
Ich lutschte etwas Mannasaft von meinen Fingerspitzen. »Er?«
»Er. Sie. Was auch immer. Ich habe dieses Pronomen nur der Bequemlichkeit halber gebraucht. Wie dem auch sei, ich verstehe nicht, warum du nicht das nächste Zielobjekt geworden bist.«
Meine zerklüfteten Fingernägel glänzten immer noch unter dem Pflanzensaft aus dem Überwuchs. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich die Probleme überleben würde, mit denen ich da bereits zu kämpfen hatte. Boah. Verdammt.«
»Was?«
»Eines der kleineren Geheimnisse dieses Ortes hat sich mir gerade offenbart.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Kein besonders wichtiges, aber eines, das sich in das große Ganze einfügt. Glaub mir, ich werde mich in Kürze näher damit befassen. Was hast du gerade gesagt?«
»Ich hatte mich gefragt, warum unser Freund sich dich nicht vorgeknöpft hat, nachdem ich mich als etwas zu schwer zu fassen erwiesen habe. Und ich weiß, dass du selbst in Bedrängnis warst; aber nachdem er es aufgegeben hatte, mich anzugreifen, hätte er doch zu dir fliegen und die Sache in trockene Tücher packen können. Warum benimmt er sich wie ein billiger dahergelaufener Schurke und vertraut darauf, dass deine angespannte Lage zum Erfolg führt?«
Ich nagte an meinem Daumennagel. Das klickende Geräusch meiner Zähne verursachte mir Übelkeit, und so empfand ich nicht den Wunsch, diese Tätigkeit fortzusetzen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist seine Zeit abgelaufen. Vielleicht musste er zurück in den Hangar, damit niemand seine Abwesenheit bemerkt. Vielleicht hatte er auch noch etwas anderes ...« In diesem Moment erstarrte ich. »Oh, Scheiße!«
Der Ausdruck meiner Augen entging den Porrinyards nicht. »Was?«
»Gibb.«
Eine Weile hatte es ausgesehen, als wäre alles etwas besser.
Und dann kehrten wir zu dem Ort zurück, der einmal Hängemattenstadt gewesen war.
Einige der Stützbauten waren noch da, aber alles andere war bis zur Unkenntlichkeit beschädigt oder aus der Verankerung gerissen worden, worauf es in die Wolken weit unter der Ansiedlung gestürzt war. Dickichte loser Taue baumelten am
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