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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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sehr an das Schnelltransitsystem in New London, um einer Zylinderwelt angemessen zu sein, die nicht auf die Bequemlichkeit menschlicher Besucher zugeschnitten war. Andererseits waren die KIquellen hervorragende Baumeister. Möglicherweise hatten sie all das innerhalb eines Tages errichtet, nachdem sie Gibbs Inspektionsmannschaft eingeladen hatten.
    Jedenfalls, wenn sie nicht von Anfang an mit menschlichen Besuchern gerechnet hatten.
    Wir stiegen aus, standen auf der Plattform und gewöhnten uns an das neue Gefühl, auf einem festen, wenn auch porösen Untergrund zu stehen. Die örtliche Gravitation schien nur ein Drittel der Schwerkraft in Hängemattenstadt zu betragen, aber das war für mich nicht von Bedeutung. Meine Beine, die es gewohnt waren, mich in traditioneller Manier herumzutragen, dankten es mir mit einer demütigen Erleichterung, die nur schwer geschädigte Glieder zum Ausdruck bringen können.
    In dem blauen Licht sah Lastognes Gesicht eisig aus. »Was nun kommt, tut mir leid, Counselor.«
    »Was?«, fragte ich.
    »Wenn Sie keine Höhen mögen, wird Ihnen das, was Ihnen jetzt bevorsteht, nicht gefallen.«

7
    SCHNITTSTELLE
    Die KIquellen sind jedem Menschen, der je mit ihnen zu tun hatte, durch ihre allgegenwärtigen mobilen, ferngesteuerten Geräte bekannt - schwebende Flachschirme, annähernd einen Quadratmeter groß und nur eine Hand voll Moleküle dick. Diese Geräte sind in diplomatischen Kreisen so gegenwärtig, dass es leichtfällt, sie für leibhaftige KIquellen zu halten. Es kostet Mühe, sich daran zu erinnern, dass die KIquellen tatsächlich weiter nichts als ineinandergreifende Sequenzen vielfach abgestufter Codes sind und keine fremdartigen Lebewesen, die zufällig aussehen wie schwebende schwarze Vierecke.
    Auf One One One verzichteten die KIquellen auf derartige Auftritte und gestalteten den Kontakt mit Besuchern auf ihre eigene Weise.
    Das Portal zur Schnittstelle war eine schlichte Luke in der Wand eines schmalen Korridors in der Nähe des Docks. Als ich hindurchtrat, hatte das zur Folge, dass ich zunächst beinahe eine Minute lang das Gefühl erdulden musste, mich im freien Fall zu befinden, eine weitere Minute das Empfinden einer scheinbar gleichmäßigen Beschleunigung hatte und eine dritte Minute vage Orientierungslosigkeit verspürte, während Luftströmungen mich an einen Ort führten, an dem von Gravitation wenig zu spüren war.
    Mein Bestimmungsort erwies sich als ausgedehnter Raum, erhellt von sanftblauem Licht. Ich trieb durch die warme, sauerstoffreiche Luft und empfand ein Wohlbehagen, das in einem krassen Gegensatz zu der erschreckenden Orientierungslosigkeit stand, die ich hätte erleiden müssen, bis die liebkosenden, unsichtbaren Winde mich an einer Stelle anhalten ließen, die sich möglicherweise in der Mitte des Raumes befand. Doch in Anbetracht der durch das blaue Licht hervorgerufenen Vernebelung aller Kontraste und der Tatsache, dass die KIquellen mir jeglichen Orientierungspunkt verweigerten, konnte ich nicht sagen, wo die Luke war oder wie weit ich von ihr entfernt war. Der Raum selbst schien sich in alle Richtungen unendlich hinzuziehen.
    Das Gefühl, dass unter mir Kilometer freien Raums waren, hätte die Fassung, die ich mir seit meiner Ankunft in der Zentrale mühsam aufgebaut hatte, mit einem Schlag wieder zerschmettern müssen. Stattdessen fühlte ich mich wie im Mutterleib. Ich war nervös und nicht im Gleichgewicht, aber nur in dem Maß, in dem sie es offenbar wollten.
    Interessant.
    Dies musste das KIquellen-Äquivalent eines beeindruckenden Büros sein, dazu geschaffen, zu Besuch weilende Honoratioren einzuschüchtern. Solche Traditionen stellten den Hauptgrund dafür dar, dass menschliche Bürokraten sich auch heute noch hinter imposanten Schreibtischen verschanzten, lange nachdem die Aktenführung auf Papier zugunsten von Hytex abgeschafft worden war, womit derlei Mobiliar ebenfalls zu einem Werkzeug der Vergangenheit zählen sollte. Billiges Theater, weiter nichts. Aber wirkungsvoll.
    Die KIquellen hatten mich stets geängstigt, ein bisschen zumindest. Bei anderen empfindungsfähigen Spezies, wie fremdartig sie auch sein mochten, konnte man sich darauf verlassen, dass sie die gleichen Bedürfnisse hatten wie alle biologischen Lebensformen: Lebensunterhalt, Obdach, die Möglichkeit der Reproduktion. Unter Spezies, die diese Bedürfnisse teilten, gab es zumindest eine Basis zur gegenseitigen Verständigung. Aber die KIquellen hatten keine biologischen

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