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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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    Lastogne behauptete ebenfalls, er habe nichts gesehen, was beinahe schon zu bequem war, um es in Worte zu fassen. Die Fakten allerdings bekräftigten seine Darstellung. Eine ganze Anzahl Zeugen vermeldete, er sei außerhalb des Hangars gewesen und habe bei den Versorgungsfähren geholfen, als der Streit begonnen hatte. Er hatte die lauten Stimmen gehört und war herbeigeeilt, um nachzusehen, was los war. Dann war er gerade noch rechtzeitig gekommen, um den taumelnden Gibb aufzufangen.
    Die Tatsache, dass er zu dem aktuellen Vorfall keine Aussage machen konnte, war jedoch keine Ausrede dafür, dass er sich auch in Hinblick auf die Hintergründe weiterhin zugeknöpft zeigte. »Ich denke, das haben wir bereits abgehakt, Counselor. Wir wissen, warum sie Probleme miteinander haben.«
    »War dies das erste Mal, dass es zu Gewalttätigkeiten kam?«
    »Natürlich. Zumindest, soweit ich es sagen kann. Aber wenn Sie zwei Leute nehmen, die ihre gegenseitige Abneigung kaum im Zaum halten können, und sie in eine Krisensituation bringen, dann ist das hier genau das, was dabei herauskommen muss.«
    Das war alles, was er zu bieten hatte. Jedenfalls war es alles, was er bot.
    Ich befragte keinen der Streithähne, ehe ich überzeugt war, aus den anderen alle verfügbaren Informationen herausgelockt zu haben. Als ich so weit war, widmete ich mich zunächst Li-Tsan, und zwar aus keinem geringeren Grunde als dem, dass mir dieses Vorgehen die Möglichkeit bot, Gibb noch ein bisschen schmoren zu lassen. Lastogne hatte Anweisung erteilt, sie auf das Schiff zu bringen, wo sie in einer Koje untergebracht und mittels einer Infusion in eine neurale Paralyse versetzt wurde, während einer der KIquellen-Medbots des Schiffs - eine herumschwirrende Mücke von einem Gerät, das ständig zwischen ihren Händen und ihrem Gesicht hin- und herzischte, statt sich einer Aufgabe nach der anderen zuzuwenden - sie in aller Eile wieder zusammenflickte. Die Infusion, eine Routinemaßnahme, um den Schmerz im Zuge der Operation zu betäuben, war erheblich stärker, als es für die Arbeit des Bots nötig gewesen wäre. Sie sorgte dafür, dass Li-Tsan hilflos auf dem Rücken lag, vorübergehend tetraplegisch und zugleich so wütend über ihre Gefangenschaft, dass ich trotz allem jedes Mal, wenn der Medbot auf dem Weg zu ihrer heilenden Nasenverletzung an ihrem Mund vorbeisauste, um seine Sicherheit fürchtete. Ich konnte mich des Verdachts nicht erwehren, dass sie ihn nur zu gern zwischen ihren Zähnen zerquetscht hätte.
    Skye Porrinyard, die ich in behaglicher Entfernung von Li-Tsans Blickfeld an der Kommandokonsole vorfand, gab sich als offizielle Bewacherin vollkommen sachlich. Sie bestätigte mir, dass Li-Tsan nichts von Bedeutung gesagt habe, und berichtete, dass Oscin innerhalb der nächsten fünfundvierzig Minuten zurückerwartet würde.
    Ich dankte ihr, bat sie, uns allein zu lassen, aktivierte meinen Zischschirm und widmete mich Li-Tsan. Von der Koje selbst abgesehen gab es keinen Sitzplatz in ihrer direkten Nähe, und ich war nicht bereit, mich hinzuknien, also blieb ich einfach in der Luke stehen und musterte sie von oben herab. »Haben Sie mir irgendetwas zu sagen?«
    Li-Tsans versteinerte Miene war auf keinen Fall ausschließlich auf die bloße Paralyse zurückzuführen. »Nur, dass Sie mir dankbar sein sollten.«
    »Warum?«
    »Sie brauchen eine Verdächtige. Und Sie haben eine Ausrede dafür gebraucht, mich dazu zu machen.«
    Ich war nicht in der Stimmung, meine Objektivität zu verteidigen. »Das war sehr umsichtig von Ihnen.«
    »Es war selbstsüchtig. Ich konnte diesen Ort nicht verlassen, ohne diesen blasierten Hurensohn wenigstens einmal zu würgen.«
    Ich zog eine Braue hoch. »Sie denken, Sie würden diesen Ort verlassen?«
    »Werden wir das nicht alle tun?«
    Das ließ keinen Widerspruch zu. »Worüber haben Sie und Gibb gesprochen?«
    »Nur darüber, wie sehr ich sein blödes Arschgesicht verabscheue.«
    »Einige der Zeugen sagen, Sie beide hätten volle drei Minuten miteinander diskutiert.«
    »So lange war das nicht.«
    »Schließen wir einen Kompromiss«, schlug ich vor. »Sagen wir, die Diskussion hat eineinhalb Minuten gedauert. Sagen wir, Sie haben all Ihre wahren Gründe, wütend auf ihn zu sein, außer Acht gelassen und Gibb lediglich erzählt, dass Sie sein blödes Arschgesicht verabscheuen. Sagen wir außerdem, er hat das einem Vorgesetzten angemessene Maß an Geduld bewiesen und gesagt: ›Das ist schön, Untergebene,

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