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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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könnte sie wieder zur Vernunft bringen.«
    »Wie kommen Sie auf solche Ideen, Mr. Gibb? Schlagen Sie Ihre Leute häufig?«
    Er starrte mich an, schluckte mühsam eine Antwort hinunter und wandte kopfschüttelnd den Blick ab.
    »Nein?«, hakte ich nach. »Nur die Frauen?«
    »Das ist eine abscheuliche Schlussfolgerung, Counselor.«
    »Es war auch ein abscheulicher Moment, Mr. Gibb.«
    Er sah mich nicht an. »Ich habe das Falsche getan. Aber ich meine, was ich sage. Sie war hysterisch.«
    Ich tat ein paar Schritte, um mich wieder in sein Blickfeld zu bringen. »Warum?«
    »Aus dem gleichen Grund wie immer. Schuld. Sie war absolut sicher, dass es bei diesem Debakel nur um sie ginge. Ich habe ihr versichert, dass Schuldzuweisungen derzeit meine letzte Sorge sind, und ihr vorgeschlagen, sie möge ihre Zeit für etwas Besseres nutzen.«
    »Das hört sich nicht nach einem ausreichenden Grund für Sie an, sie zu schlagen. Also nehme ich an, dabei ist es nicht geblieben.«
    »Nein, ist es nicht.«
    »Was war das Letzte, das sie zu Ihnen gesagt hat, ehe Sie zugeschlagen haben?«
    »Ich weiß es nicht mehr.«
    Ich rieb mir die Augen, fühlte eine Woge der Benommenheit, wünschte, ich hätte mich nicht bereits darauf festgelegt zu stehen, und sagte: »Mr. Gibb, es ist bereits aktenkundig, dass sie Sie als inkompetent bezeichnet hat, als Arschloch, als Stück Tchischeiße und als einen Perversen, der sexuellen Verkehr mit Augenhöhlen hat. Sie haben andererseits bewiesen, dass Sie durchaus imstande sind, eine hilflose Person zu schlagen. Wenn es darüber hinaus noch etwas Schlimmeres gibt, etwas, das Ihnen zu sehr zu schaffen macht, um es in meiner Gegenwart zu wiederholen, dann kann es nur etwas Konkretes sein, etwas mit einem wahren Kern, das Sie kaum vergessen haben werden. Ihre Verweigerung erregt folglich umso mehr Aufmerksamkeit. Es hat keinen Sinn, meine zarten Öhrchen zu verschonen, denn ich werde früher oder später jemanden auftreiben, der gehört hat, was los war. Ich werde es herausfinden.«
    Er trug einen fruchtlosen Kampf mit sich aus, ehe er schließlich aufgab. »Sie hat mich einen Luden genannt.«
    »Einen was?«
    »Das ist mein Ernst. Einen Luden. Sie wissen doch, was das heißt, nicht wahr?«
    Ich wusste es, konnte dem aber keinen Sinn abringen. Auf den meisten entwickelten Welten war Zuhälterei das antiquierteste aller Verbrechen. Selbst in Gesellschaften, in denen Prostitution noch immer illegal war, standen Sexdienstleistern mehr als genug andere Wege offen, Kontakt zu potenziellen Kunden herzustellen. Ich empfand das Bedürfnis, etwas zu tun, konnte nicht erkennen, was, und bekämpfte das Gefühl so lange, bis ich es unter Kontrolle hatte. »Warum sollte sie Sie einen Luden nennen?«
    Burr feixte. Nein, er grinste anzüglich. Kein Zweifel. Offenbar hatte ich ihn nicht deutlich genug aufgefordert, sich zu verziehen.
    Gibb antwortete mit einer Gegenfrage: »Warum sollte sie mir die anderen Beschimpfungen an den Kopf werfen? Suchen Sie gar nicht erst nach einem Sinn. Sie hat einfach mit den schlimmsten Ausdrücken um sich geworfen, die ihr in den Sinn gekommen sind.«
    »Dieser spezielle Ausdruck hat Sie jedoch veranlasst, sie zu schlagen.«
    »Ich habe sie geschlagen«, sagte er, nun mit lauterer Stimme, »weil sie hysterisch war und ich mir diesen Unsinn keine weiteren zwanzig Minuten lang anhören wollte. Nicht, weil sie irgendeine sinnlose Beschimpfung aus dem Hut gezaubert hat.«
    Ich ging in die Knie, sah ihm in die Augen, zwang ihn, seine Ausflüchte als genauso schwach und zahnlos zu erkennen, wie sie waren. »Und das kann ich nicht so recht glauben, weil Sie ebenfalls gebrüllt haben, Mr. Gibb. Sie waren genauso wütend auf sie wie umgekehrt. Sie haben genauso die Kontrolle verloren. Sie haben sie sogar noch zweimal geschlagen, als sie bereits festgehalten wurde und keine Gefahr mehr darstellte. Und Sie hätten sie noch mehr geschlagen, wäre ich nicht dazwischengegangen.«
    Er maß mich mit einem Blick. »Das war ebenfalls ein Fehler, Counselor. Aber es hatte nichts mit dem zu tun, was sie gesagt hat. Es hatte alles damit zu tun, dass sie mir die Hände um den Hals gelegt hat. Ich bin da ganz ähnlich wie die meisten anderen Leute, sogar wie Sie selbst: Wenn jemand versucht, mich umzubringen, werde ich sauer. Gerade Sie müssten das verstehen.«
    Die besondere Betonung, die er auf die Worte ›gerade Sie‹ legte, gefiel mir gar nicht. Er sprach nicht von den Dingen, die auf One One One passiert

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