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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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haben. Ebenso kann man ein totaler Versager sein und trotzdem eingeladen werden, den Urlaub in seinem Haus zu verbringen. Diese Abweichungen, in welche Richtung auch immer, beruhten zweifellos nicht zuletzt auf der Bereitschaft der Dienstverpflichteten, über Gibbs Witze zu lachen.
    Was auch nicht fair war, aber es lag ganz sicher im Normbereich menschlicher Gemeinden.
    Ich fand nichts Außergewöhnliches, bis ich zu einer Akte kam, in der dergleichen zu erwarten war: der Akte der armen, höhenängstlichen Robin Fish.
    Sie hatte den Kalender in ihrem ersten Jahr um 35 Prozent übertroffen, seltsam, wenn man bedachte, dass sie den größten Teil dieser Zeit allein im Hangar verbracht hatte. Ihre spektakuläre Leistung beim Nichtstun schien im zweiten Jahr eingebrochen zu sein und sich auf 9 Prozent eingependelt zu haben, was immer noch ziemlich viel für eine Dienstverpflichtete war, die den größten Teil ihrer Zeit damit zubrachte, sich von den metabolischen Nachwirkungen eines Übermaßes an Mannasaft zu erholen.
    Die Akte ihrer Mitpatientin Li-Tsan Crin sah noch seltsamer aus. Sie hatte den Kalender im Habitat um 20 Prozent geschlagen, und sie hatte ihn weiterhin um 20 Prozent übertroffen, als sie ihren Hintern nur noch im Hangar geparkt hatte.
    Nils D'Onofrio hatte im Habitat nur 12 Prozent über dem Kalender gelegen, die im ersten Monat im Exil auf null geschrumpft, dann aber auf gleichbleibende 20 Prozent hochgeschossen waren.
    Kurz gesagt, die drei Leute, die sich im Habitat als die Nutzlosesten erwiesen hatten und die am lautesten bekundeten, dass sie von der Station wegwollten, lagen gleichauf mit den drei Höchstbezahlten.
    Ich glaubte nicht, dass Burr und Wells mehr als Kleindarsteller in dieser Geschichte waren, sah mir aber ihre Akten aus einer Laune heraus trotzdem an. Ich fand zwei Dienstverpflichtete, die die Hälfte ihrer Vertragsdauer hinter sich hatten und beide den Kalender um 20 Prozent schlugen. Das war nicht immer so gewesen. Burr und Wells waren beide wegen »mangelnder Disziplin« aus ihren früheren Positionen entfernt worden. Zu Burr hatte ein ehemaliger Vorgesetzter geschrieben, er sei »nicht sehr geeignet für die Arbeit im Team, wäre aber ein wertvolles Mitglied jedes rasenden Mobs«. Zu Wells erklärte ein anderer, er »neigt dazu, sich Leute zu suchen, die ihm unterlegen sind, um sie mit seinem überragenden Willen zu beeindrucken«. Auf mich hatte Wells den Eindruck eines billigen Schlägers gemacht; Burr hatte einen noch schlechteren Eindruck hinterlassen. Vor seinem Einsatz auf dieser Station hatte Burr dem Kalender um 20 Prozent hinterhergehinkt, eine Folge diverser Strafmaßnahmen wegen kleinerer Verstöße, von denen die meisten etwas mit der Einschüchterung von Kollegen zu tun hatten. Und doch schien Burr auf One One One gegenüber dem realen Kalender phänomenal Zeit gutzumachen. Und er war derjenige, der so anzüglich gegrinst hatte, als Gibb damit konfrontiert worden war, als »Lude« dargestellt zu werden. Das Grinsen unterschied sich von Lastognes, der Gibb stets zum Ziel irgendwelcher Scherze zu machen schien. Nein, das hier war etwas anderes. Burr glaubte, man könne mir ein X für ein U vormachen, und das genoss er gewaltig.
    Interessant. Widerlich, aber interessant.
    Ich verließ die Koje und fand Oscin, den Porrinyard der Morgenwache, im Kommandostand vor, die Füße auf der Konsole. Er hatte sich umgezogen, trug nun eine weite Arbeitshose und sah so ermattet aus, wie ich ihn mir nur vorstellen konnte, mit anderen Worten hellwach, aber angetan mit grauen Halbmonden unter den Augen. Er blickte auf, als die Luke sich öffnete, und winkte mir vage zu. »Guten Morgen, Counselor.«
    Ich unterdrückte ein Gähnen. »Ist es schon Morgen?«
    »Früher Nachmittag nach der Zeitrechnung des Habitats. Aber Sie hatten volle acht Stunden Ruhe.«
    Mehr, als ich normalerweise außerhalb des Interschlafs bekam. »Wo ist Li-Tsan?«
    Er deutete auf die versiegelte Luke neben der zu meiner Koje. »Hab ihr vor einer Weile Mittagessen gebracht. Sie hat darum gebeten, allein gelassen zu werden, also habe ich sie eingeschlossen. Aber keine Sorge, ich überwache ihre Vitalfunktionen.«
    »Und Ihre andere Hälfte?«
    Er deutete auf eine weitere geschlossene Luke. »Da drin. Sie schläft.«
    Das zu glauben fiel mir schwer. »Geht das? Ich meine, zu unterschiedlichen Zeiten?«
    »Warum nicht. Jeder Körper wird zu seiner eigenen Zeit müde, selbst dann, wenn er von derselben Maschine

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