Halbmondnacht
festgenagelt, ohne ihrer Magie zu unterliegen, könnte ich sie vielleicht daran hindern, sich gleich wieder zu dematerialisieren. Zeit, die ich nutzen kann, ihr richtig eins auf die Nuss zu geben.«
»Jess«, meldete sich nun Tyler zu Wort, »Danny und ich sollten uns wandeln. Ohne wölfische Gegenangriffe bekommen wir die Sache nicht in den Griff. Du nagelst sie fest, wir reißen sie in Stücke.«
»Klingt gut, finde ich«, erwiderte ich.
Die beiden gingen unverzüglich auf alle viere und begannen, sich in ihre Wolfsgestalt zu wandeln. Die Wandlung würde nicht einmal eine ganze Minute in Anspruch nehmen.
»Ich kann euch hören«, rief Selene schnippisch von oben aus einer der Felsnischen in der Kuppel. »Glaubt ihr wirklich, ihr könnt mich in die Enge treiben?«
Sie vollführte eine Bewegung mit dem Handgelenk. Der Magieblitz traf mich voll in die Brust.
Ihre Energielinien drangen in mich ein, wurden aber umgehend zurückgedrängt. Doch der Aufprall der Magie erzeugte genug Druck, um mich von den Füßen zu reißen und ein gutes Stück nach hinten zu schleudern. Mir blieb gerade noch Zeit, Rourkes frustriertes Fauchen wahrzunehmen, ehe ich an die Felswand krachte.
Wie eine Verrückte kreischte Selene auf, und ich registrierte entsetzt, dass sie Plopp! als Nächstes gleich neben ihm auftauchte. »Rourke, pass auf!«, brüllte ich, während ich zusah, dass ich wieder hoch auf die Füße kam. Sie berührte ihn mit einem rot glühenden Finger. Er krümmte sich zusammen und sackte zu Boden.
Ich musste sie erwischen, ehe sie das nächste Mal aus dieser Dimension verschwand.
Du bist dran. Wir sprangen und waren schnell wie ein Blitz.
Meine Wölfin sprang Selene an den Hals, und ich knurrte sie durch Reißzähne hindurch an, die ich tief in ihr weiches Fleisch trieb. Es bereitete mir große Freude, ihren makellosen Schwanenhals zu zerfetzen. Sie versuchte, sich zu dematerialisieren, um mir zu entkommen. Ihre Magie umschwirrte uns wie ein aufgebrachter Mückenschwarm, kribbelte mir auf der Haut. Aber ich bekam sie zu fassen; die Goldfäden meiner Magie schlängelten sich um Selenes Zaubermacht, drangen in sie ein. Ich verwebte mein Gold mit ihrem Rot und Blau und zog die Schlinge zu, die ich so in und um Selenes Magie gelegt hatte. »Und? Wie fühlt sich das an?«, raunzte ich und ließ ihren Hals los. Blut tropfte von meinem Kinn.
»Du bist nicht mächtiger als ich«, spie Selene mir entgegen. Ihre Lippen bewegten sich, ihre Fingerspitzen sprühten vor Magie. »Ich habe immer noch meine Zaubersprüche.«
»Nein, hast du nicht!« Ich knallte ihr meine Faust mitten auf den Mund. Krachend brachen ihre Kiefer. Der Zauber, der ihr schon halb über die Lippen gekommen war, erstickte in dem Blut, das ihr aus dem Mund quoll und das Gesicht hinunterlief. »Ausdiesem Kampf gehst du nicht als Siegerin hervor. Deine Herrschaft ist vorbei. Kapiert?«
Selene spuckte Blut; ihr Kieferbruch war schon wieder verheilt. »Ach, ist das so, Missgeburt?«
Die Höhle erbebte unter einem Donnerschlag aus Magie.
Schwefel strömte aus allen Ecken und Ritzen der Felsenkuppel. Ich war außerstande, genau zu bestimmen, woher der unangenehme Geruch kam. Meine Wölfin heulte und richtete ihre Aufmerksamkeit von Selene weg und auf die neu aufgetauchte Gefahr. Ich hielt Selene fest gepackt; unsere Magie war immer noch verflochten. »Du hast es wirklich getan, nicht wahr?«, meinte ich angeekelt. »Du hast deine ganze Seele an die Unterwelt verkauft. Nicht nur einen Teil. Du hast damit gerechnet, dass ich dir überlegen sein würde. Ich würde siegen und du hast es von Anfang an gewusst. Also hast du mit dir selbst für die Unterstützung der Unterwelt bezahlt .« Mit den Händen ging ich ihr an den Hals und drückte zu. »Du bist eine Hochstaplerin, Selene, sonst nichts. Du verdienst es wahrhaftig, zur Hölle zu fahren. Zu deinem Glück ist das ein Ort, an dem man Wert auf Materielles legt und zudem gern handgreiflich wird. Ich bin sicher, die Dämonen-Lords haben etwas ganz Besonderes für dich auf Lager. Schade, dass ich dem Schauspiel nicht werde beiwohnen können.«
Selene wand sich unter meinem Griff, das Gesicht vor Hass verzerrt. »Ich gewinne , du Schlampe! Hast du es denn immer noch nicht begriffen? Dass ich mit meiner Seele bezahlt habe, macht mich unbesiegbar. Ich habe den Deal des Jahrtausends gemacht. Ultimative Unsterblichkeit. Nichts und niemand kann mich noch übertreffen. Denn ich kann gar nicht mehr sterben, verstehst du.
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