Halbmondnacht
zurück und ich erledige euch endgültig.«
Rourke hielt ihre Arme fest, und Naomi beugte sich über uns. »Ma reine« , sagte sie. »Du musst sie jetzt töten. Endgültig. Wir können das Kreuz nicht für alle Ewigkeit in ihr lassen. Sobald wir es aber herausziehen, heilen ihre Wunden innerhalb von Sekunden.«
»Jetzt, wo ihre Zauberkräfte gegen null tendieren, kann ich etwas anderes in ihr spüren«, berichtete ich. »Ich spüre etwas Lebendiges in ihr pulsieren.« Dieses Etwas drängte sie, sich zu regenerieren, und es kämpfte gegen den Tod an. Ich musste es zu fassen bekommen und vernichten. Ich blickte Rourke an, der meine Worte mit einem Stirnrunzeln aufnahm. »Rourke, ich muss die Quelle ihrer Unsterblichkeit zerstören. Ich habe keineAhnung, was dabei mit mir geschieht. Aber sollte mir etwas passieren, sollte ich beispielsweise währenddessen oder danach ins Koma fallen, ist das nicht weiter schlimm. Hol einfach meinen Bruder. Er weiß, wie er mich wecken kann.«
»Das gefällt mir ganz und gar nicht«, erwiderte Rourke. »Wir sollten sie lieber gleich zerstückeln und dabei das Kreuz hübsch an Ort und Stelle lassen. Wenn sie keine Arme mehr hat, kann sie es auch nicht aus der Wunde ziehen.«
»Non« , widersprach Naomi ihm. »Keine gute Idee. Die Leiche verwest, und das Kreuz fällt heraus. Ist es erst weg, wird sich ihr Körper, davon bin ich überzeugt, sogleich regenerieren. Das bringt uns nichts.«
»Wenn ich nicht zumindest versuche, das zu töten, was da in ihr ist«, fügte ich hinzu, »kommen die Dämonen nicht, um sie zu holen. Ich glaube, das passiert erst, wenn ich die Quelle ihrer Magie zerstöre und damit Selenes Essenz, ihr eigentliches Sein, vernichte. Mein Gefühl sagt mir, es ist das Richtige, das, was ich tun muss.« Meine Hand steckte immer noch in ihrem Brustkorb, meine Magie prüfte Selenes Blut. Meine Wölfin lief unruhig hin und her. Sie spürte die verschiedenen Magien, Selenes eigene und die Dämonenmagie. Beide waren auf Null zurückgefahren, trotzdem waren sie noch vorhanden. Das Kreuz hatte ganze Arbeit geleistet und verschaffte mir eine Verschnaufpause, die auch nötig war. Wer immer das Kreuz hergestellt und den Zauber darin eingebettet hatte, hatte damit bewiesen, unter den Übernatürlichen zu den Mächtigsten der Mächtigen zu gehören. »Ich habe echt keine Lust darauf, mir mindestens einmal pro Jahrhundert über die Schulter zu blicken, ob sie schon wieder zurück ist.«
Selene brachte es fertig zu kichern, wenn auch nur erstickt. »Täusch dich da nur nicht, denn ich werde bis in alle Ewigkeit hinter dir her sein. Die Aussicht, Vergeltung an dir zu üben, wird mich am Leben halten.« Mir war bewusst, dass ihre Rache entsetzlich sein würde. Aber ich hoffte, die Unterwelt würde sie gutunter Verschluss halten. Dort würde man den größten Fang, den man je gemacht hatte, bestimmt nicht wieder verlieren wollen.
Tyler knurrte, während er auf uns zukam. Er sah etwas mitgenommen aus, war aber am Leben. Er war nackt und bückte sich gerade, um das zerfetzte Kopfkissen aufzuheben. Es bedeckte seine Blöße leidlich. »Ich hoffe, die Dämonen hängen dich für alle Ewigkeit zum Auspeitschen an den Schandpfahl, du Sadistin. Allerdings ist keine Strafe, die sie dir zumessen, wirklich ausreichend für dich.«
»Die Dämonen dürften bessere Verwendung für mich haben, und alle werden meine Peitsche einbeziehen.« Selene hustete. »Ich komme zurück und nehme Rache an euch.«
Mein Bruder und ich tauschten einen Blick. Seine Augen glühten förmlich vor Zorn und Sorge. »Jess«, sagte er, »tu, was immer du musst, um sie loszuwerden. Meine Stimme dafür hast du jedenfalls.«
Rourke gab einen tiefen, grollenden Laut von sich, sagte aber nichts.
Danny war immer noch in seiner Wolfsgestalt, und wofür Naomi stimmen würde, wusste ich bereits. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Meine Entscheidung war längst gefallen.
Aus all meinen Poren quollen goldene Fäden meiner Magie hervor. Ich bündelte sie und lenkte sie in Selenes Körper. Wieder krampfte meine Gegnerin und bäumte sich auf. Heftig wehrte sich ihr Körper gegen das Eindringen der fremden Magie. Selene rollte mit den Augen, verdrehte sie, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Das wird sicher nicht leicht , sagte ich zu meiner Wölfin. Aber ich weiß, dass wir beide zusammen mächtiger sind als sie. Jetzt lenkte ich meine Magie in einem konstanten Strom in Selenes Körper. Sie baute sich in ihr ganz von
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