Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
Vom Netzwerk:
gleich hinterherspränge!«
    Dagegen wusste ich ehrlich nichts einzuwenden. Jede Form von Essen schmeckte mit meinen neuen, geschärften Sinnen einfach fantastisch. Schon der Gedanke an einen Cheeseburger konnte Reaktionen in mir hervorrufen, die Ähnlichkeit mit einem Orgasmus hatten.
    Marcy las in meinem Gesicht wie in einem offenen Buch. »Ich bestelle dir gleich noch mehr zu essen, Godzilla. Aber es wird ein bisschen dauern, bis es hier ist.«
    »Lass nur. Ich bin sowieso auf dem Weg nach Hause. In zwei Minuten oder so sitze ich schon im Auto. Ist mein Vater immer noch da?«
    »Jep. Er ist in deinem Büro und erledigt ein paar Anrufe.«
    »Und den Kobold? Sind wir den los?«
    »Wen meinst du? Den schmierigen bewusstlosen Kerl?«
    »Genau den.«
    »Der ist weg. Ein paar große starke Jungs haben ihn mitgenommen. Deine Sippschaft macht echt keine halben Sachen, was die Nachzucht angeht. Die Jungs, die ihn sich unter den Arm geklemmt haben, waren richtige Schränke.«
    »Was ist mit Nick?«
    »Der musste dringend weg. Aber er hat gemeint, er käme noch bei dir vorbei, ehe du wegfährst. Du sollst auf ihn warten und nicht einfach so losfahren. Das jedenfalls lässt er dir bestellen.«
    »Ist er etwa immer noch sauer, weil er nicht mitkann?«
    »›Sauer‹ ist nicht das Wort, das ich benutzen würde, um seine Gefühlslage zu beschreiben.« Mit einem perfekt manikürten Fingernagel tippte Marcy auf die Schreibtischplatte. »Ich würde es mit ›bis ins Herz getroffen‹ oder ›am Boden zerstört‹ versuchen.«
    »Er kann nicht mitkommen. Es geht nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Einer von uns muss hierbleiben.«
    »Weil ich selbstredend völlig ungeeignet bin, den Laden allein zu schmeißen.«
    Ich hob eine Augenbraue. »Was, wenn er verletzt wird?« Nick war wie ein Bruder für mich, aber er war nicht so stark wie ein Wolf. In unserer Welt, der Welt der Wandler, bestimmt das jeweilige Tier Kraft und Statur seines Menschen. Ein Fuchs wäre im Kampf gegen eine mächtige Göttin eher ein Manko. Dieses Risiko einzugehen war ich nicht bereit. Außerdem musste sich tatsächlich jemand ums Geschäft kümmern. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie lange ich fortbleiben würde oder ob ich überhaupt zurückkäme.
    »Er ist schließlich kein kleiner Junge mehr. Er wird es verkraften, dass ihr ihn einfach zurücklasst«, verkündete Marcy, setzte sich und wühlte in allerlei Papieren, nur um mir und dem hochemotionalen Gespräch aus dem Weg gehen, von dem wirbeide wussten, dass es gleich kommen musste. »Er kommt drüber weg. Irgendwann.«
    Ich ging zu ihr hinüber, stützte mich mit den Fingerknöcheln auf der glatten Holzplatte ihres Schreibtischs ab und beugte mich vor, bis mein Gesicht vor Marcys hing. »Du bist eine Hexe, die einen echt zu frustrieren versteht, weißt du das?«
    »Klar weiß ich das.« Sie wagte immer noch nicht, meinem Blick zu begegnen, sondern sortierte weiterhin geschäftig Papiere.
    »Du wirst heulen wie ein Schlosshund, wenn ich nicht zurückkomme.«
    »Du kommst zurück«, meinte sie. Endlich hob sie den Kopf und erwiderte meinen Blick. Sie wirkte gelassen, der Blick klar. Aber ich konnte fühlen, wie aufgewühlt sie in Wirklichkeit war.
    »Wie kannst du da so sicher sein? Du hast doch keinen blassen Schimmer, was mich erwartet. Selene könnte mir mit ihrer Bullenpeitsche die Haut abschälen. Oder mit den Mutantenklauen das Herz herausreißen.« An so etwas hätte das sadistische Miststück sicher Spaß. »Sie könnte mich auf eine Million Arten genussvoll umbringen, und das weißt du. Wir zwei drücken uns nur gerade vor dem, was eigentlich wichtig ist: Vielleicht ist das hier und jetzt die letzte Gelegenheit, um uns voneinander zu verabschieden.« Ich wollte es mir im Grunde nicht eingestehen, doch ich hatte Angst, ich würde sie nie wiedersehen oder sonst jemanden. Aber Spaß beiseite: Ich setzte schon auf mich; trotzdem hatte ich keine Ahnung, wie das Ganze ausgehen würde.
    »Ich verrate dir mal was.« Sie winkte mich noch näher heran, und ich entsprach ihrem Wunsch. Als ich ihr ganz nahe war, sagte sie direkt an meinem Ohr leise: »Es gibt Dinge, die sollten sich von selbst verstehen. Ich weiß, dass du am Leben bleiben wirst, weil ich eine Hexe bin. Ein bisschen kenne ich mich nämlich mit der Zukunft aus. Und weißt du was?«
    »Was?«, flüsterte ich zurück.
    »Wasser ist nass.«

KAPITEL VIER
    H eimlich und leise wie ein Einbrecher schlich ich den Flur zu meiner Wohnung entlang.
    Ich wollte

Weitere Kostenlose Bücher