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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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einen anderen Grund dafür, dass wir nicht näher herangegangen sind«, warf Eamon jetzt ein. »Es besteht die Möglichkeit, dass sie flieht, wenn sie sich in großer Gefahr wähnt. Sie wird nicht riskieren, getötet oder verletzt zu werden, selbst wenn sie ganz in ihren sadistischen Spielchen aufgeht. Sie wird ihren Gefangenen töten und verschwinden, wenn sie glaubt, sie stünde einer Übermacht gegenüber.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich neugierig. »Meiner Erfahrung nach dürfte ihre Eitelkeit ihr vorgaukeln, sie sei unfehlbar, egal auf welchem Gebiet, also auch unbesiegbar. Sie wird doch sicher nicht glauben, zwei junge Vampire, ein neugeborener Werwolf und dessen Helfer seien stark genug, sie zu überwältigen! Der Gedanke, wir könnten ihr überlegen sein, bringt sie allenfalls zum Lachen.«
    Einen Augenblick lang schien Eamon unbehaglich zumutezu sein. Dann straffte er Rücken und Schultern und setzte die übliche Etepetete-Miene wieder auf. »Wir sind schon einmal, ähm   … aneinandergeraten. Daher kenne ich ihre Gepflogenheiten ein wenig.«
    Danny hüstelte. »Aneinandergeraten? Das klingt ja echt interessant, Kumpel.« Er klang amüsiert. »Was ich so von Selene gehört habe, kann die mit ihren zarten Händchen ziemlich zupacken oder zuschlagen. Hört sich an, als könntest du das bestätigen.«
    »Sie ist eine Kriegerin, die ihresgleichen sucht«, erklärte Eamon in scharfem Ton. »Sie streckt einen nebenbei nieder und lässt einen zum Verrotten liegen, wenn man nicht wachsam ist.«
    Diese Unterhaltung brachte uns nirgendwohin. Ich hatte nicht erwartet, dass Eamon Selene kannte, was ein Grund zur Neugier war, sicher, aber momentan auch nicht mehr. Es war allerdings auch eine nützliche Information, die ich im Hinterkopf behalten sollte. Die Leidenschaft in seinem Tonfall verriet mir, dass es eine engere Beziehung gewesen war, und sein verkniffenes Gesicht, dass es kaum Zweck haben dürfte, noch weiter in ihn zu dringen: Er würde keine weiteren Details preisgeben. Fragend blickte ich zu Naomi hinüber, die sich aber abgewandt hatte. Von ihr war also auch nichts Erhellendes zu erwarten.
    Daraufhin blickte ich der Reihe nach meine Begleiter an. »Wir fahren den Rest der heutigen Nacht und den ganzen morgigen Tag durch. Am Westufer des Sees treffen wir bei Sonnenuntergang morgen wieder zusammen.« Wenn wir gut durchkämen, sollte die Strecke bis zu den Rockies, wenigstens der Karte nach, durchaus zu schaffen sein. »Wenn wir dort sind, planen wir in Abhängigkeit von dem, was wir vorfinden, unsere nächsten Schritte.«
    »Aye, aye, Captain.« Danny salutierte zackig.
    »Urkomisch, haha«, meinte ich.
    Er zwinkerte mir zu. Scherzkeks.
    Tyler ging auf den Hummer zu.
    »Ray«, sagte ich, »auf geht’s. Es wird Zeit, dass du unter Beweis stellst, wie willens und bereit du bist.«
    Ray folgte mir, sah sich aber immer wieder argwöhnisch über die Schulter zu den Vampiren um. Als er den Wagen erreicht hatte, öffnete er die Tür, ohne dass ich ihn dazu hätte auffordern müssen. Immerhin schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. »Hannon«, knurrte er, »in was für einen Schlamassel hast du dich da bloß hineingeritten? Und wohin soll’s jetzt eigentlich genau gehen? Worum geht’s da?«
    »Wir haben vor, uns mit der bösartigsten Göttin anzulegen, der du je begegnen wirst. Besser, du schnallst dich an.«

KAPITEL ACHT
    D en ganzen Tag suchten wir nach einer Straße zum Westufer des Sees, eines vollgelaufenen Kraters, der von kleineren Gletschern in der Umgebung gespeist wurde. Doch jeder Weg, der in die passende Richtung zu führen schien, erwies sich als unpassierbar.
    Schlussendlich einigten wir uns auf die Schotterpiste, die am wenigsten heimtückisch und am besten befahrbar wirkte. Laut unserem supermodernen GPS führte sie am höchsten in die Berge hinauf. Also folgten wir ihr bis zu ihrem Ende.
    Wir hatten verdammtes Glück, dass kein Schnee lag. Selbst der Monster-Hummer wäre dann nicht einmal mehr mit Schneeketten durchgekommen. Die Furchen, denen wir auf der Piste auszuweichen hatten, waren teilweise anderthalb Meter tief. Ein paarmal mussten wir sogar Baumstämme aus dem Weg schaffen, um weiterfahren zu können.
    Stark zu sein erwies sich hier als außerordentlich nützlich.
    Abrupt endete die Schotterpiste am Rand eines Kiefernwaldes, eine solide Wand aus eng stehenden, alten Bäumen. Die Bäume ragten hoch vor uns auf, und ihre Wipfel wiegten sich in luftiger Höhe im Wind.

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