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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Carlson
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kühle Orte, die uns während des Tages Obdach bieten können. Das wird reichen.«
    Ich räusperte mich und schritt schneller aus, um zu den beiden aufzuschließen. »Sind wir noch vor Sonnenaufgang beim nächsten Pass?« Während unseres Aufstiegs war ich immer unruhiger geworden. Mein Körper spürte Rourkes Nähe. Was ihn, sein ganzes Wesen und Sein, ausmachte, war auch in mir; sein Blut und mein Blut waren im Einklang. Es war, als sprächen wir über unser Blut miteinander.
    Unruhig streifte meine Wölfin in meinem Geist hin und her wie ein Tier im Käfig. Um Gefahren rechtzeitig zu bemerken, sog sie ständig prüfend die Luft ein, seit Selenes Witterung stärker geworden war. Diese Witterung hatte viel von der unmittelbar erfahrbaren Aura aus Macht und Magie, die jeder Übernatürliche abstrahlte, war aber irgendwie umfassender. Sie strich mir über die Haut wie eine grimmig kalte Brise.
    »Wir erreichen den Gipfel in Kürze«, antwortete Naomi. »Dann beginnen wir mit dem Abstieg. Vermutlich erreichen wir den Grund der Schlucht bei Tagesanbruch. Von dort aus führen mein Bruder und ich euch bis unmittelbar an Selenes Einflussbereich heran. Er beginnt gleich am anderen Ufer des Flusses, noch in der Schlucht. Euch weiter zu geleiten ist uns untersagt. Eamon wird die Umgebung für euch prüfen und versuchen, euch auf das vorzubereiten, was euch erwartet. Aber sobald wir die Grenze zu ihrem Einflussbereich erreicht haben, steht ihr allen weiteren Hindernissen allein gegenüber.« »In Ordnung«, sagte ich. Meine Übereinkunft mit der Königin hatte umfasst, dass manuns behilflich wäre, Selenes Aufenthaltsort aufzuspüren, mehr nicht.
    Überraschend blieb Eamon am Waldrand stehen. Auch wir anderen verlangsamten das Tempo.
    »Was ist los?«, fragte Tyler und drängte sich an uns anderen vorbei zu dem Vampir. Wir befanden uns in beachtlicher Höhe und näherten uns der Baumgrenze: Der Wald war schon lange nicht mehr so dicht wie zuvor, wurde immer lichter, und würde bald kahlem Gestein weichen. Bis zum Waldrand waren es noch etwas mehr als drei Meter. Dann würden wir aus dem Schutz der Bäume heraus auf das Gelände aus Geröll und Granit treten, auf dem uns bis zum Gipfel außer Felsen nichts mehr Deckung böte. Hinter dem Bergkamm würde, so vermutete ich jedenfalls, das Gelände zumindest auf einer Seite steil bis hinunter zu einem Fluss abfallen. Ich lauschte und hörte in der Tiefe tatsächlich Wasser rauschen.
    »Ich spüre etwas.« Eamon schlug einen engen Kreis um seinen bisherigen Standort. »Aber Selenes Einflussbereich erstreckt sich nicht bis hierher. Also dürfte das nicht so sein. Ihre Witterung ist hier, aber seltsam verändert. Anders.«
    Auch Tyler hob die Nase und schnüffelte. »Ich nehme einen beißenden Geruch war. Es riecht ein bisschen nach Guano, aber mit einer sehr viel stechenderen Unternote.«
    »Fledermaus-Dung, ist es das?«, fragte ich. »Vielleicht sind wir in der Nähe einer Höhle, und die Fledermäuse sind gerade von dort losgeflogen, um auf die Jagd nach Nahrung zu gehen?«
    »Nein«, meinte Eamon. »Der Geruch hat ein unterschwelliges und dennoch tragendes Aroma von Andersheit. Aber ich habe noch nie etwas Vergleichbares gerochen. Ein bitteres Aroma. Bitter bedeutet immer Übles.«
    »Ich identifiziere auch eine Spur Andersheit.« Tyler öffnete den Mund und ließ die Luft über die Zunge rollen: Er flehmte, um neben dem Geruchs- auch den Geschmackssinn zur besserenAusdifferenzierung der aufgenommenen Witterung einzusetzen. »Es ist kaum wahrnehmbar, ein bisschen so, als ob der Geruch eigentlich verschleiert werden sollte; als ob er unter dem, was ihn verdecken sollte, herausgesickert wäre.«
    »Ich rieche überhaupt nichts«, meinte Danny. »Aber der Geruchssinn gehört nicht zu meinen Stärken. Ebenso wenig wie das Befolgen von Richtungsanweisungen. Dafür habe ich kein Händchen beziehungsweise Näschen. Dagegen bin ich so richtig in meinem Element, wenn’s darum geht, jemandem die Fresse zu polieren und ihm nach einer zünftigen Prügelei seine Zähne einzeln zu präsentieren.«
    Auch ich sog tief die Luft ein. Meine Wölfin stellte augenblicklich die Ohren auf. Ich erschnüffelte etwas und flehmte ebenfalls. Nach ein paar weiteren tiefen Atemzügen nahm ich den Geruch besser wahr, weil er sich nun auf meine Geschmacksknospen niedergeschlagen hatte. Es war ein ganz schwacher Geruch; aber ja, ganz richtig mit eindeutig herber Bitternote. »Es überrascht mich eigentlich

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