Hale 1 Piraten der Liebe
mehr zu machen. Es stand offen und ließ die nackte Haut unter dem dünnen Seidenhemd sichtbar erscheinen.
Jon fluchte, als die Kutsche mit einem Ruck zum Stehen kam. Cathy hielt das Vorderteil ihres Kleides mit beiden Händen zusammen und drehte sich um, so daß sie mit dem Rücken zur Tür stand. Schnell zog Jon seinen Mantel aus und legte ihn um ihre Schultern, bevor er die Laterne löschte. Sobald das Innere der Kabine in Dunkelheit getaucht war, wurde auch schon die Tür aufgerissen. Der Kutscher stand da und wartete darauf, daß sie aussteigen würden.
Jon sprang leichtfüßig aus der Kutsche und streckte dann Cathy seine Arme entgegen. Sie ließ sich wie ein Stück Holz aus dem Fahrzeug heben und fühlte sich plötzlich schwindlig. Ihre Beine schienen sie nicht länger tragen zu können. Jon schnaubte, als er ihre Schwäche fühlte, und legte seine Hand fester um ihre Taille. Cathy war unfähig, sich selbst zu helfen. Sie schloß ihre Augen und lehnte sich schwer an ihn. Sie war sicher, daß sie gleich in Ohnmacht fallen würde.
Mit einem tiefen Seufzer legte Jon einen Arm um ihre Schulter und den anderen unter ihr Knie. Er trug sie wie ein kleines Kind. Ihr Kopf hing kraftlos herunter, und im Mondlicht sah sie geisterhaft blaß aus. Der Kutscher stand nur da und gaffte die beiden an, bis Jon ärgerlich wurde.
»Bring die Kutsche weg und kümmere dich um die Pferde«, befahl er streng und ging dann mit langen, zornigen Schritten über die Vordertreppe ins Haus.
Die Halle war vollkommen leer und die Sklaven längst im Bett. Zwei Kerzen brannten auf einem Tischchen am Fuß der Treppe, die auf die Rückkehr des Hausherrn und der Herrin warteten. Da Jon alle Hände voll hatte, mußte er sie stehen lassen und im Dunkeln die Treppe hinaufgehen. Er war ziemlich außer Atem, beugte sich vor und pustete angestrengt die Kerzen aus. Dann stieg er die stockfinstere Treppe hinauf, die nur durch ein paar verlorene Schimmer des Mondlichts beleuchtet war, das durch das kostbare Glasfenster über der Eingangstür fiel. Cathy lag vollkommen kraftlos in seinen Armen und machte sich nicht einmal die Mühe, einen Arm um seinen Nacken zu legen. Sie fühlte sich durch und durch krank.
Jon hielt vor ihrer Schlafzimmertür an und bemühte sich, sie zu öffnen. Dabei mußte er seinen Griff um Cathy ein wenig lösen. Cathy fühlte, wie sie rutschte, und hielt si ch instinktiv an Jons Schultern fest, als sich die Tür öffnete.
Der warme Schein eines vielarmigen Kerzenleuchters erhellte den Raum, der eigentlich von dem Hausherrn auf Woodham und seiner Frau geteilt werden sollte. Das riesige Bett, dessen Decken einladend zurückgeschlagen waren, leuchtete ihnen aus der Mitte des Zimmers entgegen. Ein kleines Feuer brannte in dem Kamin davor, und Martha saß da und war auf ihrem Stuhl eingeschlafen.
»Du kannst mich jetzt absetzen«, flüsterte Cathy peinlich berührt und vermied es, Jon anzusehen. Sie wollte nicht, daß Martha aufwachte. »Ich fühle mich jetzt schon ein wenig besser.«
»So siehst du aus«, antwortete er mit einem beißenden Unterton, und seine grauen Augen blickten ärgerlich und gleichzeitig unergründlich in ihr bleiches Gesicht. »Dein Gesicht ist so weiß wie der Tod. Was zum Teufel ist mit dir los? Habe ich dich verletzt?«
Bei der letzten Frage hatte er sich sichtlich Mühe geben müssen. Cathy erkannte an dem ängstlichen Blick, daß er befürchtete, sie verletzt zu haben, weil sie sich vielleicht noch nicht vollständig von Crays Geburt erholt hatte.
»Ja, du hast mich verletzt!« Ihre Antwort war nur ein kraftloses Flüstern. »Ich denke, daß das der Sinn der ganzen Aktion war!«
»Miß Cathy, sind Sie das?« Martha setzte sich hoch und sah sich mit schläfrigen Augen blinzelnd im Zimmer um.
»Ja, Martha, ich bin's.« Cathy freute sich jetzt über Marthas Anwesenheit. Je eher Jon verschwand, desto besser für sie. »Laß mich herunter«, befahl sie im Flüsterton.
»Wie ich dir schon gesagt habe: Von dir lasse ich mir gar nichts sagen«, knurrte Jon in ihr Ohr, aber er lockerte den Griff um ihre Knie etwas und ließ ihre Füße auf den Boden gleiten. Seine Hand lag immer noch unnachgiebig um ihre Taille, und insgeheim war Cathy froh über diese Stütze. In ihrem Kopf war alles alarmierend verschwommen, und wenn er sie losgelassen hätte, wäre sie vielleicht doch noch umgefallen.
»Du bist spät, Liebes, und ich war...«, begann Martha vorwurfsvoll, weil sie nur Cathys Schatten in dem
Weitere Kostenlose Bücher