Half Moon Bay (German Edition)
an Kuchenauswahl liegt. Außerdem hat ein paar Straßen weiter, ein supermodernes Café eröffnet. Und Will hat in diesem Monat schon das zweite Mal alle Preise erhöht."
Renata zog ihre Schürze aus. Sie war Anfang fünfzig und mit einem Schuldirektor verheiratet. Eigentlich musste sie nicht arbeiten. Aber seit ihre beiden Kinder nicht mehr zu Hause wohnten, war ihr die Decke auf den Kopf gefallen. Ohne Arbeit konnte sie es nie lange aushalten. Deshalb ging sie jeden Tag in das kleine Café.
"Vielleicht werde ich mal mit Will sprechen. Es kann ja so nicht weiter gehen!"
"Bitte, versuch nur dein Glück. Ich konnte nicht viel bei ihm erreichen. Also, bis morgen, Kleine!"
"Ja, bis morgen, Renata!"
Sogleich machte sich Sarah auf den Weg zum Büro ihres Chefs. Ja, es stimmte. Ihr war auch aufgefallen, dass Will Bossom viel trank in letzter Zeit. Vielleicht hatte sie heute Mittag Glück und würde ihn noch einigermaßen nüchtern vorfinden. Er war zwar nie betrunken in den Verkaufsraum gelaufen, dafür hatte er sich aber stundenlang in seinem Büro eingesperrt.
"Will? Sind sie da?"
Sarah öffnete die Tür, ohne auf seine Antwort zu warten.
Die Schalosien waren heruntergelassen und es war abgedunkelt in seinem Büro.
In dem kleinen Raum herrschte ein heilloses Durcheinander und Sarah fragte sich, wie er das Chaos jemals wieder beseitigen wollte.
"Was ist los?"
Will Bossom saß wie üblich an seinem Schreibtisch. Eine halb leere Flasche Whiskey stand auf der einzigen freien Stelle des Tisches.
Er sah wirklich mitgenommen aus. Er hatte schon lange keine Rasur mehr gehabt und eine Dusche war bestimmt auch schon überfällig. Sein wahres Alter sah man ihm nicht an, obwohl er schon über vierzig war, hielt man ihn locker für einen Mittdreißiger. Er sah bemitleidenswert aus. Sein Gesicht war aufgedunsen vom Alkohol und seine Körperhaltung war schlaff.
Leise betrat sie sein Büro und schloss die Tür hinter sich. Dann setzte sie sich auf einen noch freien Stuhl und sah ihn eine Weile an. Er sah mitgenommen aus. Seine Frisur war schon eine Weile herausgewachsen und seine tiefen Schatten unter den Augen verrieten, dass er wenig schlief.
Von dem sonst so agilen Will war nicht viel übrig.
"Was willst du, Sarah?" Er schien schon einiges getrunken zu haben. Seine Stimme war nicht so fest und sicher.
"Ich möchte gerne wissen, was eigentlich los ist! Was geschieht mit dem Laden, Will?"
Er sagte nichts, sondern trank lieber noch einen Schluck von seinem Whiskey.
"Renata und ich, wir machen uns Sorgen um Sie!" Immer noch sah er Sarah an, aber sagte nichts.
"Wie halten Sie es aus, den ganzen Tag in diesem muffigen Büro, ohne Tageslicht und frische Luft?"
"Du willst wissen, was los ist? Fragte er grimmig.
"Ja, Will, das würde mich wirklich interessieren!"
"Ich hab das Café ruiniert. Das ist los?"
So etwas in dieser Art hatte sie sich schon gedacht.
"Wir werden alle am Ende des Monats hier raus müssen, das ist los!"
Erschreckt, über das, was er gerade gesagt hatte, sah sie ihn fassungslos an.
"Was? Aber, ...!"
"Es tut mir leid, Sarah, aber ich weiß nicht mehr weiter. Ich habe so viele Schulden und kann das Café nicht mehr länger halten. Sag Renata, dass ihr zwei euch nach etwas anderem umsehen könnt."
Dann nahm er wieder einen Schluck und versuchte aufzustehen. Er schwankte leicht und Sarah kam ihm zur Hilfe.
"Ich bringe Sie in ihre Wohnung, dann können Sie ihren Rausch ausschlafen. Wir werden morgen reden!"
Mit diesen Worten führte sie Will Bossom die Treppen hinauf. Seine kleine Wohnung lag direkt über dem Café. Als Sarah ihn endlich in sein Bett geschafft hatte, zog sie ihm noch seine Schuhe aus und deckte ihn mit einer leichten Decke zu.
Dann verließ sie seine Wohnung und ging in das Café zurück. Immer noch war niemand gekommen, um einen Café zu trinken.
Kurzer Hand beschloss sie den Landen zuschließen und sich im Büro etwas umzusehen. Es gab ohnehin nichts weiter für sie zu tun.
Als Erstes zog Sarah die Schalosien hoch und machte das Fenster ganz auf. Durch das hereinströmende Tageslicht war das Chaos noch größer.
Was war hier nur passiert? Überall lagen Papiere und Ordner. Teilweise waren sogar ungeöffnete Briefumschläge dazwischen.
Auf dem Schreibtisch lagen die meisten Unterlagen. Sie versuchte etwas Ordnung zu schaffen. Zuerst stapelte sie die Unterlagen, die einfach so verteilt auf dem Schreibtisch lagen. Auf einem anderen Stapel sortierte sie die ungeöffneten Umschläge, wovon die meisten Rechnungen
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