Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
liebreizendstes Lächeln wider. (Ab und an besänftigt es die wartende Kundschaft! – Außerdem bin ich noch gut drauf.)
»Heute ist aber viel los? Es geht ja fast zu wie am Rummel«, antwortet ein betagter Herr, der geduldig auf der gegenüberliegenden Seite des Buffets wartet, gutmütig. »Sie Arme!«
Ich glaube, mir hat soeben jemand auf den Kopf gedroschen. Ein einfühlsamer und sympathischer Mensch steht mir gegenüber. Kann denn das die Möglichkeit sein? Das ist gewiss eine vom Aussterben bedrohte Rasse. Die muss geschützt werden!
»Ach, so schlimm ist das nicht! Menschen 26 wie Sie gleichen die enorme Hetze wieder gänzlich aus!« Ich smile den älteren Mann, der sein 25 Unser Coffeeshop-Kampfgeschwader besteht heute aus Tina, Bernadette, Iris, Gina, Sandra, Isabella und der lieben Amelie! (Elvira hat heute frei! – Sauerei!) 26 Dies betone ich vehement, damit die Herrschaft ringsum den Wink mit dem Zaunpfahl auch tatsächlich kapiert!
Gewicht nun auf einen mitgeführten Stock verlagert, gefällig an. »Wie kann ich Ihnen nun weiterhelfen?«
»Ich würde gerne einige Tortenstücke mitnehmen«, erklärt er mir freundlich.
»Was darf ich Ihnen denn alles einpacken?«
»Mal sehen! Zwei Trüffel-, zwei Topfen-, drei Kastanien- und zwei Schwarzwäldertorten. Anbei noch ein Säckchen Vanillekipferl und ein Päckchen Florentiner, bitte!«
»Gerne«, trällere ich meinem zivilisierten Gegenüber zu.
»Das ist ja wohl die Höhe!«, kreischt eine Frau aus den hinteren Reihen, als ich gerade die letzten beiden Topfentorten aus der Vitrine entferne und sie in einen Mitnahmekarton hieve. »Ich warte jetzt die längste Zeit darauf, dass ich endlich diese Torte bestellen kann und nun verkaufen sie sie vor meiner Nase! Unerhört!«
»Verzeihung«, mischt sich der Mann, dessen Bestellung ich gerade bearbeite, ein. »Ich wollte Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten. Sie können der Dame gerne die Topfentorte geben, ich finde bestimmt etwas anderes.«
»Oh, das ist sehr aufmerksam von Ihnen«, entgegne ich diplomatisch. Der Gift schleudernden Schlange war indes keine Höflichkeitsfloskel eingefallen. »Bitte schön, die Dame!«, bedeute ich ihr und bugsiere dabei demonstrativ die Topfentorte auf einen Teller, um es danach zur Seite zu schieben. »So, der Herr! Haben Sie noch einen Augenblick Zeit, dann rufe ich in der Patisserie an und bestelle rasch eine frische Topfentorte«, erwähne ich überaus spitz.
Unsere hauseigene Konditorei bringt einfach meisterhafte Leckereien hervor. Bei uns kommen natürlich alle Mehlspeisen frisch auf den Tisch. Ich musste das nur betonen, damit Madame das auch gebührend registriert und zu folgendem Schluss kommt:
»Ach, wissen Sie was, ich kann eigentlich noch einen Augenblick warten. Nehmen Sie nur dieses Stück, ich habe ja ohnehin Zeit«, entgegnet sie nun großzügig und zieht gleich im Anschluss von dannen.
Na bitte, jetzt auf einmal hat sie Zeit.
Mein alliierter Kunde zwinkert mir einstweilen schmunzelnd und schulterzuckend zu.
Eine alte Serviceweisheit besagt: So wie sich der erste Gast des Tages gibt, so geht es den restlichen Tag weiter! – Tja, scheint demnach mein Glückstag zu werden.
Eine Fußnote zum vorherigen Punkt: Traue niemals einer sooo alten Weisheit! Die Zeiten haben sich geändert. Rücksichtslos und unberechenbar ... ja, diese Worte beschreiben den bevorstehenden Tag in seiner ganzen schlichten Perfektion.
Zu Mittag ist eindeutig Schluss mit lustig. Wir haben indessen kein sauberes Geschirr und keine Gläser mehr. Einstweilen werkt jedoch ein zweiköpfiges Reparaturteam an der Behebung des beträchtlichen Spülmaschinendefekts. Die Profis haben, um zu den reparaturdürftigen Stellen vordringen zu können, die mittlerweile exorbitanten Tellerstapel arglos in den Mittelgang geschoben und das Servicepersonal veranstaltet zwischenzeitlich einen Slalom- und Heuhaufenhüpf-Wettstreit. Der Sieg dieser Disziplin steht selbst nach über drei Stunden nicht fest.
Ja, genau so lange hat die Wir flicken’s irgendwie provisorisch zusammen, aber morgen müssen wir uns der Sache konkret annehmen - Fehleranalyse der Fachleute gedauert. Nun, am Montag arbeitet es sich ja doch wesentlich leichter als am ersten Adventsonntag, das muss man verstehen, überhaupt wenn man im Gastgewerbe arbeitet.
Die Schankzentrale ist währenddessen im Chaos versunken. Die Patisserie ist mit dem Run auf die Tortenvitrine maßlos überfordert und kommt
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