Hallo?! Holt mich hier raus!: Vom Mann, der sich selbst einmauerte, und andere kuriose Missgeschicke (German Edition)
Reinlichkeit. Fünf Kilogramm Butter hatte Beuys in einer Ecke seines Ateliers in der Düsseldorfer Kunstakademie als «Fettecke» angebracht. Anlass war der Empfang eines Vertrauten des Dalai-Lama in der Akademie gewesen. Für den Verbrauch von fünf Kilo Butter für ein Kunstobjekt lieferte Beuys folgende Begründung: «Eine Fettecke ist ja nicht deswegen gemacht, um einen Tisch mit Fett zu beschmieren, sondern eine Fettecke ist deswegen gemacht, um als Fettecke im Gegensatz zu anderen Prozessen, die ein solches plastisches, anfälliges Material macht, in Raum und Zeit, also gerade die Sachen mit Fett erheben einen großen Anspruch auf Theorie. Und diese Theorie ist natürlich vielleicht nicht immer da, wenn Menschen im Museum so eine experimentale Anordnung sehen.»
Wie recht der Künstler mit seiner Aussage hatte, zeigte sich neun Monate nach seinem Tod mit nur 65 Jahren.
Der Hausmeister der Akademie entfernte das Fett. Aus Versehen oder aus Berechnung – das konnte nie so ganz geklärt werden. Jedenfalls war die Entrüstung unter den Bewunderern von Joseph Beuys groß, und das Ende der Fettecke machte diese zu einem der bekanntesten Werke von Beuys. Und wieder ging es am Ende auch um Geld. Ein Kunstsammler beanspruchte nach deren Zerstörung nämlich das Eigentum an dem nun nicht mehr vorhandenen Werk. Nach dessen Erinnerung, vorgetragen vor Gericht, hatte Beuys das Anbringen der fünf Kilo Butter nämlich mit den an ihn gerichteten Worten begonnen: «Jetzt mache ich dir endlich deine Fettecke.» Das Land Nordrhein-Westfalen folgte dieser Logik und zahlte ihm nach einem Vergleich 40000 Mark Schadensersatz.
Weitaus teurer noch kamen die Reinigungsarbeiten der Putzfrau im Museum Ostwall in Dortmund. Mit einem Wisch waren 800000 Euro weg. Die arme Putzfrau wusste nicht, was sie tat. Denn der dreckige Trog aus Hartgummi, den sie von einem weißen Kalkbelag reinigte, war Teil der Installation «Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen» des 1997 verstorbenen deutschen Künstlers Martin Kippenberger. Der Trog stand unter einem aus Holzlatten gezimmerten Gerüst. Eines von den Kunstwerken, bei deren Anblick man sich unwillkürlich fragt, ob es wirklich so leicht ist, Künstler mit Weltgeltung zu werden, und warum man nicht selbst so sein Geld verdient und für alle Zeiten aus dem Gröbsten raus ist.
Holzgerüst und Gummitrog hatten einen Versicherungswert von 800000 Euro. Nach dem Einsatz der Putzfrau, der besonders gründlich gewesen war, ist der Ursprungszustand des Werkes nicht mehr herzustellen, so die Einschätzung der Museumsrestauratorin. «Sie hat die Ränder und Seitenwände des Gummitrogs sorgfältig gereinigt. Es ist entsetzlich», stöhnte der Museumsdirektor. Das Kunstwerk sei unwiderruflich zerstört. Dabei gelten in Museen für Reinigungskräfte strenge Regeln. Die Mitarbeiter der Putzfirmen sollen einen Abstand von mindestens zwanzig Zentimetern zu den Kunstobjekten halten, die Kunstwerke dürfen weder berührt noch geputzt werden. Für den enormen finanziellen Schaden sollte deshalb die Versicherung des Reinigungsunternehmens aufkommen. Allerdings: Das Kunstwerk blieb stehen, der Vorfall sorgte für einen deutlichen Anstieg der Besucherzahlen. Viele erfuhren überhaupt erst durch den Einsatz der Putzfrau von der Existenz des Kunstwerkes «Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen».
In der grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen ordnungsliebenden Reinigungskräften und zeitgenössischen Künstlern schrieb 2007 auch die Stadtverwaltung Kassel, bekannt und nur bekannt durch die «documenta», ein kleines Kapitel. Die Verwaltung ließ aus Versehen die Striche vom Asphalt entfernen, die einen Tag zuvor während der «documenta 12» von der chilenischen Künstlerin Lotty Rosenfeld auf der Straße vor dem Ausstellungsgelände angebracht worden waren. Mit ihrer «Meile aus Kreuzen auf dem Asphalt» wollte sie an ihre frühere Protestaktion gegen den Diktator Pinochet in Chile erinnern. Durch die Schnellreinigung war ihr Kunstwerk ruiniert.
Ordnung contra Kunst: Pförtner der Londoner Niederlassung des Auktionshauses Sotheby’s schmissen beim Aufräumen zur Jahrtausendwende eine offenbar leere Kiste in eine Müllzerkleinerungsmaschine. Hätten sie doch besser nachgesehen! Denn in der Kiste befand sich ein Bild des britischen Malers Lucian Freund. Wert: 157000 Dollar, wie das Auktionshaus selbst ermittelt hatte.
Voller Stolz präsentierte der Kunstsammler und Multimillionär Steve
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