Hallo Mister Alzheimer
dagegen?
Hochachtungsvoll
Olivia T.
Hallo!
Auch ich habe Ängste, nahezu frei flottierende Angst, die abhängig von ich weiß nicht was kommt und geht. Ich glaube, wer mit den Symptomen von Demenz lebt, hat mehr zu fürchten als die Angst selbst. Wir fürchten einen Verlust der Kontrolle über uns selbst, über unser Handeln, darüber, was wir sagen und was wir fühlen.
Seit ich mich erinnern kann, habe ich Angst vor Schlangen. Hier und da in meinem Leben habe ich mich vor Polio, Schussverletzungen, großen Frauen, dem Erstickungstod, dem Versagen in einem Rechtschreibtest und davor, ein Mädchen um ein Date zu bitten, gefürchtet, ferner vor der Atombombe, vor Hochzeiten, auf denen Tanten mich küssen würden, und – habe ich das schon erwähnt? – vor Frauen, die größer waren als ich.
Nun bin ich älter, Polio als Krankheit ist weltweit fast ausgerottet, Schussverletzungen kümmern mich nicht und, ehrlich gesagt, begegne ich nur selten Frauen, die größer sind als ich. Bei demGedanken ans Ertrinken bekomme ich immer noch Angst. Rechtschreibtests muss ich nicht mehr machen (dem Himmel sei Dank für Rechtschreibprogramme). Ich habe gelernt, mit der Bombe zu leben, die meisten meiner küssenden Tanten kann ich heute umgehen und fast meine gesamte Familie ist verheiratet (oder zumindest hoffe ich es, soweit es um meine eigenen Kinder geht). Was soll ich also noch fürchten?
Höchst unglücklicherweise lebe ich jetzt mit der Krankheit Demenz, wahrscheinlich vom Alzheimer-Typ. Ich fürchte mich jetzt vielleicht mehr als je zuvor in meinem Leben. Ich fürchte mich vor morgen und morgen und morgen. Ich beginne, mich vor dem Heute zu fürchten. Ich fürchte mich vor mir selbst und meiner Fähigkeit, zu wissen, was in und um mich herum vorgeht. Ich fürchte mich vor anderen, weil ich manchmal weiß und manchmal den Verdacht habe, dass diejenigen um mich herum nicht ehrlich zu mir sind.
Ich dachte, Informationen über Demenz und meinen Zustand würden meine Ängste lindern. Das taten sie nicht. Je mehr ich über Demenz herausfand, umso mehr Ängste hatte ich. Ich dachte, wenn ich alles wüsste, was es über meinen Zustand zu wissen gab, könnte ich besser damit leben. Wie Sie selbst wissen, ist dies nicht der Fall. Dinge außerhalb meiner selbst fürchte ich nicht ernsthaft, ich fürchte mich vor dem, was in mir ist. Ich fürchte, Kontrolle über das zu verlieren, von dem ich lange zu Recht oder Unrecht glaubte, es unter Kontrolle zu haben: mich selbst, wer ich bin, wie ich bin und nun wie ich denke. Letzteres ist ein neuer Punkt.
Was geschieht, wenn Sie und ich das Vertrauen in unsere Denkfähigkeit verlieren? Wenn wir beginnen, den Verdacht zu hegen und schließlich bestätigen, dass das, was wir für wahr hielten, in Wirklichkeit nicht wahr war – zumindest in den Augen der meisten anderen? Was geschieht, wenn wir wissen, dass unsere Gedanken uns eher verwirren, als Klarheit zu schaffen?
Ich denke über das Denken nach. Mancher würde sagen, ich dächte viel, zu oft und zu lange nach. Ich tue es, weil ich so bin und sofunktioniere. Als Psychologe und Lehrer waren meine Ausbildung und mein Beruf mit Denken verbunden und es ging um das Denken. Ja, ich sinne darüber nach, wie es sich anfühlt, die Kontrolle über meine Denkprozesse verloren zu haben. Ich bin nicht sicher, ob ich es wagen kann, meinen Gedanken zu vertrauen. Habe ich mich richtig daran erinnert? Stehen meine Erinnerungen in der richtigen Reihenfolge? Ist dies wirklich ein wichtiges Thema?
Das ist die Grundlage vieler meiner Ängste. Klingt irgendetwas davon Ihrer Ansicht nach richtig?
Ich bin nicht sicher, ob Ihnen dies hilft, mit Ihren Ängsten zurechtzukommen. Das Einzige, was bei mir die Ängste zu mildern scheint, ist, über sie zu schreiben, sie laut auszusprechen und zu untersuchen, woher sie kommen. Behalten Sie die Oberhand, so gut Sie können. Viel Glück.
Richard
45. Kann ich nach der Diagnose weiterarbeiten?
Lieber Richard,
Vor zwei Wochen hörte ich die Worte: «Alex, Sie haben die Alzheimer-Krankheit.» Ich wusste, dass ich vergesslicher war und manchmal ein wenig verwirrt wurde, aber … nun, in diesem Brief geht es um mich und meine Arbeit und darum, was zu tun ist, nachdem jetzt durch meinen Arzt bestätigt wurde, dass ich Demenz habe.
Nach der Diagnose ging ich nach Hause zurück und schloss die Tür hinter mir. Ich wollte nicht, dass irgendjemand erfuhr, dass ich die Alzheimer-Krankheit habe. Ich will meinen
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