Hallo Mister Alzheimer

Frontallappen und ischämische Schlaganfälle machen Menschen Angst, auch wenn die meisten von uns nicht wirklich wissen, was sie bedeuten. Verwundert es angesichts der enormen Anzahl unausgesprochener Märchen, Stigmata und Missverständnisse, die selbst in den gebildetsten Köpfen umherflattern, dass sich MitarbeiterInnen einigeln und Arbeitgeber das Ringen der MitarbeiterInnen, bei denen sich Symptome von Demenz zeigen, ignorieren? Es gibt unendlich viele Geschichten über Menschen, die am Arbeitsplatz katastrophale Fehler gemacht und ihr Unternehmen ruiniert haben, während sie ihre Symptome ignorierten oder zu verbergen suchten.
    Ich begegnete jemandem, der Projektmanager auf einer Baustelle war. Es fiel ihm immer schwerer, die Namen der verschiedenen Subunternehmer wiederzuerkennen, die täglich in sein Büro kamen. Seine Lösung war, jeden zu fotografieren und die Fotos mit ihren Namen in der obersten Schublade seines Schreibtischs aufzubewahren. Wenn jemand in sein Büro kam, verglich er das Gesicht mit dem namentlich gekennzeichneten Foto in der Schublade. Natürlich stellte sich heraus, dass er mit mehr als nur Namen und Gesichtern Probleme hatte und bald brach das Projekt um ihn herum zusammen.
    Ein weiteres Beispiel ist das eines Schadensbearbeiters. Der stellte fest, dass er Probleme damit hatte, die Details der Anträge unterseiner Bearbeitung in den korrekten Aktenordnern aufzubewahren. Seine Lösung bestand darin, auf jedem Papier, das über seinen Schreibtisch ging, die Antragsnummer zu vermerken. Einmal pro Woche nahm er dann alle Akten mit nach Hause, wo seine Tochter, die sich im Mittelschulalter befand, die Papiere in die richtigen Akten einordnete. Leider hinkten seine Angelegenheiten weit hinter dem einfachen Organisieren und Ablegen hinterher. Bald verlor er seinen Job. Er hatte die akkuratesten Akten seiner Abteilung, verstand aber nicht, wo jeder Antrag im Hinblick auf den Bearbeitungsprozess stand.
    Menschen, die mit den ersten sichtbaren und störenden Symptomen von Demenz lebten, haben mir von Gelegenheiten erzählt, bei denen sie an ihrem Schreibtisch saßen, mit den Details ihrer jeweiligen Tätigkeit rangen und wie Arbeitskollegen einfach zusahen. Andere haben mir über Arbeitskollegen erzählt, die ihre Sorge zum Ausdruck brachten, dass etwas mit ihnen nicht stimme, dass sie aber nicht wüssten, wie sie helfen könnten. Am Arbeitsplatz mit Demenzsymptomen umgehen zu müssen, ist ein Kuddelmuddel und führt oft zu noch größerem Durcheinander. Besonders die Tatsache, dass der Schweregrad von Symptomen zunimmt und dass sie sporadisch kommen und gehen, erschwert Arbeitgebern die Adaption an die Symptome mit Demenz. Es gibt bei der PMD keine stabile Behinderung, sondern vielmehr ein Bündel nachlassender kognitiver Fähigkeiten. Anders als bei anderen Behinderungen, bei denen ein Arbeitgeber einen Adaptionsplan erstellen kann, der ziemlich konstant bleibt, werden Arbeitgeber von PMD Pläne erstellen und Adaptionen schaffen müssen, die sich der Dynamik der stets veränderlichen Symptome von Demenz anpassen.
    An manchen Tagen erinnere ich mich an alle Verkäufer in meiner Abteilung, an anderen nicht. Fähigkeiten nehmen bei Demenz stetig ab. Ich mag ein ganzes Jahr ununterbrochen imstande sein, effizient Materialien zu bestellen, und dann, am Donnerstag, ergibt die Ladeliste keinen Sinn mehr für mich. Demenz betrifft Gedächtnisfähigkeiten und die Fähigkeiten, Ideen zu integrierenund zu vernünftigen Schlussfolgerungen zu gelangen. Es ist eine verborgene Behinderung, unbemerkt von Managern, KollegInnen und bisweilen sogar von dem Angestellten mit der Behinderung selbst. Diese Dinge sind sehr subtil, um im Sinne des Gesetzes für Amerikaner mit Behinderungen (Americans with Disabilities Act, ADA) oder von Standardreaktionen von Personalabteilungen auf eine Behinderung davon zu sprechen. Ich glaube nicht, dass wir auf die Gerichte oder Politiker warten sollten, um diese Themen anzusprechen und Arbeitgebern dann mit Einheitslösungen Rundumveränderungen aufzuzwingen. Vielmehr sollte der Arbeitsplatz meiner manchmal (einige würden sagen: selten) bescheidenen Meinung nach das Vorbild für die übrige Gesellschaft abgeben, wie man am besten an Angestellte mit Demenz herantritt. Arbeitgeber sollten in der Schulung ihrer Angestellten in den Formen der Demenz Vorbild sein. Wir verwenden eine Menge Zeit und Geld darauf, sie auf die Symptome verschiedener Formen der Grippe aufmerksam zu machen.