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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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ihren Nebenhöhlen. Er zieht einen Stuhl heran, als wollte er sie verhören.
    «Gram», sagt er, nimmt ihr dann den Kopfhörer ab und probiert es nochmal.
    Nur ihre Augen öffnen sich, wässrig, hellblau, und dann ihr Mund, ihre Lippen zucken, versuchen Worte zu formen, bringen aber keins hervor. «Ist es Zeit fürs Abendessen?», fragt sie.
    «Nein», sagt er laut. «Ich bin’s, Johnny.»
    Sie scheint nicht zu begreifen, auch nicht, als er es wiederholt, aber sie lässt sich einen Kuss geben. Sie riecht nach Puder und Ben-Gay, und er kann ihren rosa Schädel unter der Haarkrone sehen. Um den Hals trägt sie ein Alarmgerät, auf das sie drücken kann, falls sie nochmal stürzt.
    «Ich hab dir die Bonbons mitgebracht, die du so gern lutschst.» Er will ihr die Dose geben, vertraut aber ihren Händen nicht. Er entfernt die Cellophanhülle, um es ihr leichter zu machen. «Ich stell sie hier für dich hin.»
    «Wo ist denn deine Schwester?», fragt Gram, und er ist froh, dass sie sein Gesicht nicht sehen kann.
    «Meine Schwester.»
    «Du weißt schon, welche, ich hab ihren Namen vergessen. Was macht sie denn so?»
    Meint sie seine Mutter und hält ihn für einen ihrer Söhne? «Du meinst Millie?»
    «Wen? Nein, die andere, ihr Name fällt mir nicht ein.»
    «Ich bin Johnny, dein Enkel.» Er geht zur Wand und holt das Bild von sich in seinem roten Roy-Rogers-Kostüm, zwei sechsschüssige Revolver in den Händen. Er hält es ihr hin, und sie beugt sich vor und legt die fleckige Hand auf das Glas. «Das bin ich – Johnny.»
    «Johnny», wiederholt sie, aber es klingt immer noch wie eine Frage.
    «Wie geht’s dir?»
    «Gut.»
    «Was hast du heute zum Mittagessen gehabt?»
    «Ich hatte ein Sandwich», sagt sie.
    «Was macht dein Arm?», fragt er, denn sie hat sich bei dem Sturz einen Bluterguss zugezogen.
    «Mein Arm.»
    Er schiebt den Ärmel ihres Pullovers zurück. Der Bluterguss ist noch da, braun inzwischen, stumpf unter der dünnen Haut. «Es sieht besser aus. Wie fühlt es sich an?»
    «Muss ich zum Arzt?»
    «Nur wenn es wehtut. Tut es denn weh?»
    «Es ist nicht so schlimm», sagt sie.
    Er setzt sich wieder, und das Gespräch kommt ins Stocken. Er würde ihr am liebsten sagen, dass er vielleicht das Haus verkaufen muss, aber er sieht dazu keinen Anlass.
    «Die Schwester von dir», sagt sie amüsiert. «Das war eine Type.»
    Brooks spielt mit, in der Hoffnung, dass sie ihm Anhaltspunktegibt. Als sie davon spricht, wie sehr es ihr gefiel, mit Leonard zur Müllkippe zu fahren, merkt er, dass sie an jemanden vor fünfzig Jahren denkt und sich an etwas längst Verlorenes erinnert. Er glaubt, dass sie so was vielleicht braucht. Er wünscht sich, er könnte die Zeit zurückdrehen und alles ändern.
    (Zu spät, Brooksie. Das Ganze ist eine Einbahnstraße, und etwas wissen und es ändern sind zwei Paar Schuhe.)
    Gram sinkt wieder zusammen, und sie sitzen beide da. Die Hälfte des Besuchs besteht aus Schweigen, der Abwägung, was man sagen soll, was verstanden wird. Er fragt nicht, ob sie glücklich ist oder welches Jahr sie haben. Die Zeit ist hier drin eine heikle Angelegenheit.
    «Was hörst du gerade?»
    Ihre Kassetten sind ein einziges Durcheinander, und er hilft ihr, Ordnung zu schaffen, sie in die Hüllen zu stecken, damit das Heim sie an die Library of Congress zurückschicken kann. Er geht auf die Toilette, ein Vorwand, um zu überprüfen, ob alles sauber ist, und heimlich auf seine Armbanduhr zu schauen. Er betrachtet die vertrauten Nippes auf dem Schränkchen – das wie eine Kuh geformte Sahnekännchen, den Messingelefanten, der als Zahnstocherhalter dient; das beruhigt ihn, so wie es sie trösten soll, eine Erinnerung an bessere Tage, die aber schon so weit zurückliegen, dass er ein schlechtes Gewissen hat. Wann hat ihn zum letzten Mal jemand Johnny genannt?
    Seine Schwester, ach, sie erinnert sich, wie sie in jenem Sommer ans Meer gefahren sind. Wahrscheinlich ergeben Grams Worte irgendwie einen Sinn, und sie hat das Gefühl, es ist seine Schuld, dass er nichts zu dem Gespräch beiträgt. Es ist nicht so, als würde sie Blödsinn erzählen.
    «Brauchst du irgendwas?», fragt er, bevor er geht.
    Sie braucht nichts, und das ist völlig typisch. Sie will niemandem zur Last fallen. Brooks beugt sich runter, umarmt ihren eingefallenen Körper und küsst sie zum Abschied.
    «Gott segne dich», sind ihre letzten Worte, und er ist sich sicher, dass er sie nicht verdient hat.
    Der Flur ist eine andere Welt, eine

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