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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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hasse diesen beschissenen Ort, sagt Danielle.)
     
    Sie steigen im Gänsemarsch den Berg rauf und lassen die Hunde rechts hinter sich. Travis geht voran. Die Taschenlampe funktioniert nicht mehr, er hält beide Hände nach vorn gestreckt, wie jemand, der geblendet wird, und seine Füße wirbeln die Blätter auf. Zweige streifen sein Gesicht, feuchte Spinnweben. Er stolpert über einen Stein und stürzt fast, fängt sich wieder und lacht, und Greg lacht mit.
    «Ich hab gedacht, sie würden uns zumindest verfolgen.»
    «Nee», sagt Greg, «das sind richtige Memmen. Die bellen bloß.»
    Der Hügel ist höher, als Travis ihn in Erinnerung hat, wahrscheinlich weil es bergauf geht. Er versucht, sich in einer geraden Linie fortzubewegen. Er wünscht, er hätte einen Kompass dabei, obwohl er im ganzen Leben noch keinen benutzt hat. Er hebt die Knie und schreitet über unsichtbare Steine. Sie müssen schon fast oben sein, aber der Hang geht immer weiter, wird sogar noch steiler, voller Dornengestrüpp, das nach seinem Poncho grapscht. Noch mehr Steine, Baumstämme, eine richtige Hindernisstrecke. Sein Atem brennt in der Kehle, und er hört, wie Greg hinter ihm schnauft. Die Hunde haben aufgehört zu bellen – oder auch nicht; er weiß es nicht und es ist ihm egal.
    Und plötzlich, nach einem Dutzend Schritte, ist der Anstieg geschafft, und sie stehen auf ebenem Boden. Ja, die Hunde bellen nicht mehr, sind zu weit weg, als dass er und Greg sie noch hören könnten.
    «Halt», sagt er und sieht sich um, in der Hoffnung, dass sieweit genug oben sind, um das Licht eines nahe gelegenen Hauses zu sehen.
    Nichts als Bäume. (Wir können leider nicht helfen. Danielle würde das nicht mal tun, wenn sie könnte; sie findet das Ganze gemein, aber sie hat eben eine Schwäche für Brooks.
    Stimmt nicht, sagt sie. Die beiden sind einfach Arschlöcher.
    Egal, sagt Toe.)
    Im Dunkeln öffnet Greg den Reißverschluss an seinem Rucksack. «Hier», sagt er und drückt Travis einen festen Gegenstand in die Hand – ein Bier. Travis nimmt es und schüttelt das Gefühl ab, dass jemand sie verfolgt. Sie sind weit genug weg und brauchen eine Pause. Er schiebt den Fingernagel unter die Lasche und zieht.
    «Auf Toe», sagt Greg und hält sein Bier hoch.
    «Auf Toe», und dann stoßen sie an.
    Das Bier schmeckt warm, aber nur weil es draußen so kalt ist. Travis stürzt seins runter wie Limonade, ein schäumender Strahl, und denkt, dass sie sich diese Feier verdient haben. Sie haben es geschafft, sie beide, alles, was sie sich bisher vorgenommen haben, angefangen beim Briefkasten. Der härteste Teil der Aufgabe ist erledigt, aber er ist nicht erleichtert, sondern noch nervöser, als hätten sie’s vermasselt und jemand wäre hinten ihnen her. Da ist niemand. Was sie getan haben, war richtig, auch wenn es außer Kontrolle geraten ist. Er denkt, dass es eine Weile dauern wird, bis er richtig würdigen kann, was sie getan haben, dass seine Angst allmählich nachlassen und er stolz sein wird. Im Moment ist ihm von dem Erfolg ganz schwindlig, seine Gedanken sind am Rotieren, zusammenhanglos. So muss es sich anfühlen, wenn man einen Hauptpreis gewinnt. Sie sollten Champagner trinken.
     
    Brooks rast gegen das Funkgerät an, rast durch Avon. Er will kurz zu Hause vorbeifahren, sich den Bericht schnappen, den Hunden Wasser geben und wieder losfahren, bevor der nächste Einsatzbefehlkommt. Dafür braucht er bloß fünf Minuten. Er fährt auf der Scoville Road durch den Wald (nicht weit von uns), deutlich über dem Tempolimit, auf das Scheinwerferlicht entgegenkommender Fahrzeuge gefasst, während er die Kurven schneidet. Er fährt wie ein Profi, braust über die schmalen Steinbrücken, geht eng in die Kurven, konzentriert sich und verbessert seinen eigenen Rekord; jede Privatperson, die ihn sähe, würde ihn für verrückt halten, aber er weiß, was der Vic bei diesem Wetter leisten kann. Es ist nützlich, die Straßen zu kennen.
    Das war unser Problem, denkt er – und seins, weil wir dachten, wir würden sie kennen. Ein kleiner Wagen liegt angeblich besser auf der Straße. Wenn er nachließe, würde er uns verlieren. Wir verschwanden schon bei jeder Kurve, hinter jeder Steigung. Jetzt findet er uns ganz leicht. Er sieht den Camry vor sich, sein Scheinwerferlicht bleicht unsere Köpfe im Fenster (Tim und Danielle ein zweiköpfiges Wesen, Kyle an der Seite), und er fährt langsamer, da ihn das Trugbild verwirrt.
    Zu Melissa hat er immer gesagt, dass er von

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