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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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hinterher.
    «Scheißkerle», sagt er immer wieder, als wäre er noch erstaunt über das, was sie angerichtet haben.
    Der Polizist in ihm sagt, dass es der Golf ist. Er wird zurückfahren und ihn zertrümmern, scheißegal. Ehrlich, was hat er schon zu verlieren?
    Er bringt den Hunden ihre Wassernäpfe. «Seid brav», sagt er und schließt dann die Tür.
    Als er die Kellertreppe runtergeht, gibt das Ansteckmikro seine zweitönige Melodie von sich wie ein Handy. «232.»
    Brooks meldet sich, ohne stehen zu bleiben.
    Der Bericht ist da, wo er ihn hingelegt hat, zusammen mit seiner Bierdose, Beweisstück für ein weiteres Verbrechen. LÜGNER.
    «232, 577 bittet um Unterstützung bei einer Fahrzeugkontrolle, Nähe 1189 Country Club Road. Haben Sie verstanden?»
    Das ist Saintangelo mit Betrunkenen aus dem Club. Brooks’ Pech – es ist zu nah, um sich drücken zu können. «Verstanden.» Er klemmt den Bericht unter den Arm, geht zur Treppe und drückt auf den Lichtschalter.
    «Können Sie sagen, wann Sie voraussichtlich da sind?»
    Er legt sich auf fünf Minuten fest und ist dann stocksauer, dass er überhaupt hinfahren muss.
    Sein einziger Grund, hier zu sein, ist Tim. Alles andere ist verpfuscht.
    Es stimmt, er ist ein Lügner. Das ist kein Geheimnis. Die Zeitungen haben es von Anfang an gesagt, konnten die Behauptungen aber nicht beweisen. Er hält den Beweis in Händen, die Wahrheit, und je länger er ihn rumschleppt, desto schwerer wird er.
    Er schließt die Haustür nicht ab. Warum auch? Das Haus ist verwüstet. Diesen Mist kriegt man von dem Plastik nicht ab. Er sollte Charity sofort anrufen, das Angebot der Interessenten annehmen und aus der Stadt verschwinden, aber er kann nirgends hin, konnte es noch nie. Brooks weiß, dass es sinnlos ist, wegzulaufen. Er hat die ganze Zeit unsere Ansprüche an ihn gespürt, die Last einer unbezahlten Schuld, die mit der Zeit nur noch größer wird. Genau wie wir sitzt er hier fest.
     
    Sie will, dass er sie im flackernden Kerzenschein langsam entkleidet, dass er sie lang und leidenschaftlich küsst (Ich weiß nicht,sagt Toe, das könnte ganz schön krass werden), aber als sie aus dem Bad kommt, hat er schon das Licht ausgeschaltet und liegt im Bett. So viel zu ihrer Reizwäsche. Sie muss im Dunkeln den Wäschekorb suchen, den knarrenden Deckel anheben. Ihr Kleid muss chemisch gereinigt werden, und sie hängt es über einen Stuhl, zieht ihre Strumpfhose aus, krümmt erst den einen und dann den anderen Fuß. Aus Gewohnheit kratzt sie sich die zwickende Haut an der Taille, während sie zum Bett geht. (Hab ich doch gesagt, sagt Toe.)
    Er hält die Decke hoch, damit sie neben ihn gleiten kann, und seine Beine sind kalt. Als er sie berührt, zuckt sie zusammen. «Deine Hände sind ja eiskalt.»
    «Ich weiß. Du musst sie wärmen.»
    Wie bei einem Kind reibt sie sie zwischen ihren Händen – ihr fällt ein, wie sie eines Sonntagnachmittags zum Schlittenfahren auf dem Hügel an der Mittelschule waren, wie Kyle in den Schnee stürzte und seine Lippe aufplatzte –, und als sie seine Hände wieder auf ihren Körper legt, spannt sie sich an. Er rollt herum, sodass er halb auf ihr liegt. Sein erster Kuss ist zaghaft, als könnte sie ihn abweisen, und sie zieht ihn an sich, zeigt ihm, wie viel Leidenschaft sie braucht. Er schmeckt nach Mundwasser.
    (Wie viel davon müssen wir uns ansehen? Als Geist ist es am schlimmsten, dass man nichts beeinflussen kann. Es ist wie bei Mr. Magoo – O Geist, zeig mir nichts mehr! –, nur andersrum. Die Toten sind den Lebenden ausgeliefert. Vielleicht haben wir deshalb die Schnauze voll. Ich meine, wir mögen Kyles Mom, aber ich weiß nicht. Es ist schon schlimm genug, unseren Eltern zuzusehen.
    Und natürlich ist auch der echte Kyle da, er steht bei den Gardinen neben der Frisierkommode, als wollte er sich verstecken, unser persönlicher Michael Myers.)
    Kyles Mom versucht, sich im Dunkeln zu verlieren, in seinen Küssen, seinen Fingerspitzen. Sie wünscht, sie hätten mehr Weinbestellt. Sie liebt ihn wirklich, aber Liebe reicht nicht aus; sie braucht dieses Beisammensein, um zu vergessen, wie allein sie war. Seine Lippen sind an ihrem Hals, und ihr Körper springt darauf an, doch im Kopf kostet es sie große Mühe. Auch als die Lust in ihr aufwallt, sie auf einer heißen, viel versprechenden Woge getragen wird, bekommt sie immer wieder Schuldgefühle, sieht den Kranz am Baum und erinnert sich. Sie streicht ihm über den Kopf, dirigiert ihn, und das

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