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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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über sein Ansteckmikro durch, bittet die Zentrale, zu überprüfen, ob irgendwas vorliegt. Er könnte sich selbst um die Sache kümmern – die Luft aus den Reifen zu lassen würde schon ausreichen –, aber er will den Wagen legal aus dem Verkehr ziehen. Er will, dass der Besitzer morgen mit einem dicken Scheck an der Verwahrstelle auftaucht. Wegen letzter Nacht kann er ihm nichts mehr anhaben, aber er kann ihn wegen unbefugten Betretens, gesetzwidrigen Verhaltens, Ruhestörung und Störung der öffentlichen Ordnung drankriegen.
    Das Ganze kommt ihm zu einfach vor. Je länger er auf die Rückmeldung der Zentrale wartet, desto sicherer ist er, dass der Wagen gestohlen ist, dass er benutzt und hier abgestellt wurde, der Fahrer längst über alle Berge. Die Nummernschilder sind wahrscheinlich frisch geklaut, noch ein Grund, sie abzudecken.
    Der nasse Wald ringsum riecht nach Mulch, nach einer Mischung aus Kiefernnadeln, verfaulten Baumstämmen und sich zersetzenden Blättern, und während Brooks im Licht seinerScheinwerfer in der kühlen Nachtluft steht, erinnert er sich, wie er aus dem Vic gesprungen und auf den Baum und den Camry zugelaufen ist – ungläubig –, wie er stehen blieb, sobald er dort angelangt war, wie sich seine Ausbildung bei unserem Anblick in nichts auflöste. (Denn der Wagen war klein, und wir sahen nicht besonders gut aus.) Sein erster Gedanke war, sich nach jemandem umzusehen, der helfen könnte. Auf dem Rücksitz stieß die Stimme eines Jungen immer wieder denselben Schmerzenslaut aus, wie eine miauende Katze. Eine Tür war abgerissen und lag im Gras. Dahinter, im Dunkeln, glaubte Brooks ein Gesicht aufblitzen zu sehen, jemand, der zwischen den Bäumen hindurch flüchtete.
    «232», kreischt sein Ansteckmikro. «Gegen diesen 10 - 44 liegt nichts vor. Das Fahrzeug ist auf einen gewissen Travis Fowler, 383 Highgate Drive, zugelassen, kein Telefon.»
    Der Name sagt ihm nichts, aber es ist eine teure Adresse. «Verstanden», sagt Brooks und überlegt. «Kann ich das Geburtsdatum des Fahrzeughalters haben?»
    «Ich guck mal nach», und dann klickt die Tastatur. «22. 6. 86.»
    «86», wiederholt er, «verstanden», geht auf die Beifahrerseite und leuchtet nochmal mit der Taschenlampe in den Wagen. Der C D-Spieler ist noch da, und das Zündschloss ist unversehrt; der Wagen ist nicht gestohlen, es sind bloß Jugendliche, die irgendwelchen Blödsinn anstellen. Der Baseballschläger und die Bierdosen begründen schon fast einen hinreichenden Verdacht. Er hat einen Slim Jim zum Schlossknacken im Vic, weiß aber, dass das gegen die Vorschriften verstößt; die Durchsuchung wäre unzulässig. Dann würde man mit Sicherheit einen Bericht schreiben und ihn danach suspendieren. Am besten klatscht er einen Aufkleber auf das Auto, fordert einen Abschleppwagen an und lässt es über Nacht auf dem Abstellplatz – eine Lösung, die den zusätzlichen Vorteil hat, dass die Eltern mit reingezogen werden.
    Die Zentrale muss bei MacDonalds Abschleppdienst nachfragen.Sie können nichts versprechen; bei dem Regen ist es das reinste Tollhaus, jede Menge Notrufe. Sie denken, dass es mindestens eine Stunde dauert, ob das in Ordnung ist?
    «Wenn’s nicht anders geht», sagt Brooks. «Der Wagen bleibt jedenfalls nicht hier stehen.»
    Er hat genug Zeit vergeudet. Er klappt den Kofferraum auf und kramt einen leuchtend orangen Aufkleber mit der Aufschrift KONFISZIERT – POLIZEI AVON aus dem Behälter neben dem Verbandskasten (den er auch bei dem Baum dabeihatte und der damals genauso nutzlos war). Auf dem Vordersitz trägt er mit Leuchtstift das Kennzeichen des Golfs in dem freien Feld ein, fügt sauber die Vorladungsnummer hinzu. Das Ergebnis gefällt ihm, eine kleine Vergeltung; das Ding kriegt man kaum wieder ab.
    Wenn Brooks wirklich den freundlichen Beamten rauskehren wollte, würde er es hinten ans Seitenfenster kleben, aber nein, er geht zur Fahrerseite und beugt sich über die Motorhaube, poliert mit dem Ärmel eine Stelle auf der Windschutzscheibe. Er knickt den Aufkleber in der Mitte und muss dann ein paar Mal dran rumfingern, bis er den Daumennagel zwischen die beiden Lagen schieben und die Schutzfolie abziehen kann. Es ist ein kläglicher Anblick, der verlassene Wagen an dem klitschnassen Liebespaartreff, der nichts ahnende Polizist, der eine Ewigkeit braucht. Jetzt müsste Jason, das Ding aus dem Sumpf oder irgendein Robotermonster (oder Kyle) aus dem Schatten auftauchen und über Brooks herfallen, während er

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