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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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ihr auch gestern so ergangen, als Aristides ihr diese Frage gestellt hatte. Sie wollte nicht darüber nachdenken.
    Sie trank den köstlichen Tee und aß die Feige und danach ihren Brei. Dann sagte sie höflich: »Vielen Dank. Ich gehe jetzt«, und wandte sich in Richtung Tür.
    »Oh nein!«, rief Nimine. »Die Herrin hat gesagt, du darfst nicht weg. Der Herr hat gesagt, du musst bleiben, bis dein Vater dich abholt.«
    »Mein –«, Halo wollte ihr etwas entgegnen, aber sie fand keine Worte. Was hätte sie auch sagen sollen? »Mein Vater kann nicht kommen«, das war keine gute Antwort. Sie würden wissen wollen warum, und was sollte sie dann sagen? Weil er ein Zentaur ist und ihr nicht an Zentauren glaubt? Das ging nicht. Sie durfte die Zentauren auf keinen Fall erwähnen oder die Menschen zu ihnen führen. Denn dann wären sie nicht mehr sicher.
    Sollte sie also eine Geschichte erfinden? Aber sie wollte nicht lügen. Sollte sie ihnen also etwas über ihren Menschenvater erzählen, zum Beispiel: »Ich weiß nicht, wer mein Vater ist?« Oder: »Ich habe meinen Vater, seit ich ein Säugling war, nicht mehr gesehen?«
    Das klang beides nicht gut.
    Also sagte sie gar nichts über ihren Vater, sondern bloß: »Nein, ich gehe allein. Er hat nichts dagegen.«
    Nimine lachte, als hätte Halo einen Witz gemacht, und erwiderte: »Welcher Vater lässt ein junges Mädchen allein nach Hause gehen? Nun sei ein braves Kind und setz dich hin. Er wird bestimmt bald kommen.«
    In diesem Augenblick betrat die Herrin die Küche. »Ah«, sagte sie unbestimmt. »Gut. Sie kann euch helfen, bis ihr Vater kommt …« Dann wandte sie sich zum Gehen, um mit Hypsipyle zu frühstücken.
    »Ich breche jetzt auf«, sagte Halo.
    Die Herrin drehte sich erstaunt um.
    »Das kommt nicht infrage«, sagte sie. »Sei keine Närrin.« Und dann rief sie: »Nikos! Sorge dafür, dass das Mädchen nicht fortläuft. Wir sind für sie verantwortlich.«
    Eine raue Männerstimme erwiderte: »Ja, Herrin.«
    Nimine verdrehte lächelnd die Augen und sagte: »Komm nur nicht auf den Gedanken fortzulaufen, Spartanermädchen. Nikos fängt dich im Nu wieder ein. Zeus allein weiß, was sie mit dir vorhaben …«
    Halo verstand das alles nicht. Warum ließen sie sie nicht einfach gehen?
     
    An diesem Tag und dem nächsten half Halo den Frauen in der Küche, und Nikos ließ sie dabei nicht aus den Augen. Er war ein großer, schlaksiger Mann, der niemals auszugehen oder zu schlafen schien.
    Nimine sagte: »Dein Vater sollte allmählich kommen, wenn du ihm etwas bedeutest. Wenn dein Vater nicht kommt, also dann …«
    Halo überlegte, was mit Menschenkindern geschah, deren Eltern sich nicht um sie kümmerten. Sie dachte an die Säuglinge, die in den Bergen ausgesetzt wurden.
    »Dann was?«, fragte sie, aber Nimine antwortete ihr nicht.
    Bald wurde klar, was sie gemeint hatte.
    Am nächsten Morgen kam Aristides in die Küche. »Du bist ja immer noch da«, stellte er überrascht fest.
    Am nächsten Tag wurde sie von Nikos aus dem Haus gebracht. Er packte sie so fest am Arm, dass sich auf ihrer sonnenbraunen Haut weiße Abdrücke zeigten. Hypsipyle lachte. Nikos schleppte Halo zum Hafen hinunter.
    Dort stand Aristides am Kai und sprach mit dem Kapitän eines heruntergekommenen Schiffs. »Hier können wir sie nicht verkaufen, falls ihre Familie oder ihre Besitzer doch noch auftauchen. Schaff sie zum Festland hinüber und schau, was du für sie bekommen kannst.«
    Sie sollte als Sklavin verkauft werden.
    »Aber ich bin keine Sklavin!«, schrie Halo außer sich. »Ihr könnt mich nicht verkaufen. Ich bin keine Sklavin. Ich gehöre euch nicht …«
    »Was bist du dann?«, fragte der Kapitän. »Zu wem gehörst du? Soweit wir wissen, gehörst du zu niemandem, also gehörst du dem, der dich gefunden hat.«
    Dem, der sie gefunden hatte. Das war nicht recht!
    Aber sie konnte ihnen nicht sagen, zu wem sie gehörte. Sie wusste es ja selbst nicht. Denn eigentlich war sie kein Zentaur. Auch wenn sie sich nichts mehr wünschte – und je mehr sie von den Menschen sah, desto größer wurde dieser Wunsch.
    Wieder stellte sich ihr diese unbequeme Frage.
    Wer war sie?
    Sie wusste es nicht.

ΚΑΠΙΤΕΛ 6
    Das Schiff, auf das Halo gebracht wurde, war mit Korinthensäcken und Weinkrügen beladen und transportierte Teerplatten aus Zakynthos, mit denen die Bewohner des Festlands ihre Boote abdichteten. Es stank gewaltig.
    In Hypsipyles alten Chiton und einen zerschlissenen, nach Schaf riechenden

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