Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
Vom Netzwerk:
bergab zu gehen, da das Meer immer bergab lag. Doch sie stieß jedes Mal auf eine Schlucht oder einen unüberwindlichen Abhang. Also ging sie dort weiter, wo es gerade möglich war.
    Sie war schon den ganzen Tag durch verkrüppeltes, steiniges Unterholz gegangen, als sie gegen Abend endlich den Waldrand erreichte. Froh trat sie auf einen grasbewachsenen Hügel hinaus in die Abendsonne.
    Aber die Sonne war hinter ihr.
    Die Sonne hätte vor ihr liegen müssen oder links, wenn sie nach Norden oder Nordwesten gegangen wäre …
    Aber sie war hinter ihr. Halo war nach Osten gegangen – also fort von der untergehenden Sonne, fort vom Meer, fort von Zakynthos.
    Die langen Schatten der Bäume bestätigten ihre Befürchtung.
    Sie rannte den staubigen Abhang hinunter, hohes, trockenes Gras zerkratzte ihre Beine. Sie blieb stehen und starrte hinter sich, woher sie gekommen war.
    Gerade ging die Sonne hinter den Hängen und Gipfeln eines massiven Gebirges unter. Zwischen ihr und dem Meer befand sich ein Gebirge. Wie war das möglich? Wie hatte sie sich so verlaufen können? Und überhaupt – was war das für ein Gebirge? Auf der Elis und in Messenien gab es keine Berge.
    Sie hatte keine Ahnung, wo sie war.
    Über den Himmel zogen sich goldene und rosarote Streifen. Hinter ihr stand der Abendstern, und die Luft war vom Duft warmer, sommerreifer Feigen erfüllt. Halo setzte sich auf den trockenen, stacheligen Boden, schlang die Arme um ihre Knie und weinte. Bei allen Göttern – bei Artemis, der Hüterin der Jungfrauen, bei Athena, der Weisen, bei Hermes, dem Reisenden – wie hatte das geschehen können? Wie hatte ihr das passieren können? Und vor allem: Was sollte sie jetzt tun?
    Getrocknete Algen, Trauben und Beeren waren nicht das Schlechteste, aber Halo gierte nach richtigem Essen. Ihre Füße, eigentlich vom Herumrennen auf Zakynthos abgehärtet, waren von dem Tagesmarsch durch raues Gelände wund und aufgeschürft. Ihre trockene, verbrannte Haut sehnte sich nach Öl, ihre Achseln rochen nach Schweiß, und ihre Glieder schmerzten vor Müdigkeit. Sie brauchte ein Bad, eine heiße Mahlzeit, ein Bett, ein freundliches Word und Ruhe …
    Sie weinte jämmerlich.
    Nach einiger Zeit versiegten ihre Tränen. Sie wischte sich Augen und Nase an ihrem Chiton ab, etwas anderes hatte sie ja nicht.
    Wie dumm sie sich vorkam! Und sie war hungrig und hatte pochende Kopfschmerzen. Sie blickte auf – und im selben Augenblick nahm sie hinter sich etwas wahr.
    Sie erstarrte.
    Menschen?
    Nein.
    Aber …
    Verlegen wegen ihrer rot geweinten Augen, drehte sie sich langsam um – und blickte direkt in ein Gesicht, aus dem freundliche, intelligente Augen sie ansahen. So etwas hatte sie in ihrem Leben noch nicht gesehen. Es war ein längliches braunes Gesicht mit einem weißen Strich auf der Nase, dicken samtigen Lippen und Nüstern und riesigen braunen Augen mit langen geraden Wimpern. Die Nüstern schnüffelten und stießen einen warmen, nach Heu riechenden Atem aus.
    Zu dem Gesicht gehörten ein großer, starker Leib auf vier kräftigen Beinen, eine volle Mähne und ein langer, schwingender Schweif.
    Es stupste sie sanft mit der weichen Nase an.
    Halo sprang auf, und es wich erschrocken einen Schritt zurück.
    »Hab keine Angst«, sagte sie leise. Sie selbst fürchtete sich nicht, denn sie wusste, um was es sich bei diesem wundervollen, fremdartigen Wesen handelte. Sie hatte noch nie eines gesehen, aber davon gehört. Ein Pferd! Welch ein Wunder. Es erschien ihr wie Zauberei.
    Sie betrachtete das Tier von allen Seiten und strahlte über das ganze Gesicht. Es ähnelte einem Zentaur! Nur dass es statt des normalen menschlichen Oberkörpers der Zentauren diesen schönen, edlen Pferdekopf auf einem kräftigen, fein geschwungenen Hals mit einer eleganten Mähne besaß. Und dazu diese lustig mümmelnden samtigen Lippen.
    »Sprichst du?«, fragte sie neugierig und vermutete, dass es wahrscheinlich nicht sprechen konnte – genauso wenig wie Ziegen, Vögel und Kraken sprechen konnten. Instinktiv streckte sie ihre flache Hand nach ihm aus.
    Das Pferd sprach nicht. Aber es schnaubte sanft und sah sie an, als würde es sie verstehen. Dann rieb es die Stirn an ihrer Brust.
    Es tat gut, verstanden zu werden. Sie streichelte seine Stirn, tätschelte den seidigen Hals und legte ihre Wange daran. Es fühlte sich so glatt und warm an. Es roch so gut und sauber – fast ein bisschen wie ein Zentaur. Halo stand an das Pferd geschmiegt in der Abendsonne und war

Weitere Kostenlose Bücher