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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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eigentlich nicht?
    »Apollon würde es doch bestimmt nichts ausmachen, dass ich ihm kein großes Opfer darbringen kann«, fuhr sie fort. »Ich werde opfern, was ich opfern kann.« Aber gleichzeitig überlegte sie, worin ihr Opfer bestehen würde. Ich könnte ihm mein Eulenamulett opfern , dachte sie. Wenn Apollon ihr durch das Orakel wirklich sagen konnte, wer sie war, würde sie ihre Eule gerne opfern. Das wäre sogar vernünftig. Ihre Eltern hatten ihr die Eule um den Hals gelegt, um sie zu schützen; jetzt würde sie ihr helfen, ihre Eltern wiederzufinden.
    Ist es das, was ich will – meine Eltern finden?
    Ja, dachte sie, das will ich.
     
    Halo musste helfen, das Opfer vorzubereiten. Sie tat es nicht gern. Das hier war etwas ganz anderes, als ein Tier bei der Jagd zu töten, um Nahrung zu haben. Bei der Jagd hatte das Tier die Möglichkeit zu entkommen, und sie brauchte ihr ganzes Geschick, um es zur Strecke zu bringen – das war fair. Wenn sie das Tier danach den Göttern opferte, dann geschah es aus Dankbarkeit für die Nahrung. Aber ein Tier einfach nur zu kaufen und zu sehen, wie es sie mit seinen freundlichen Augen anblickte … sie konnte den Blick des Lammes kaum ertragen.
    Sie half Mantiklas, sich zu waschen und zu reinigen und seine Ritualgewänder anzulegen. Dann murmelte er Gebete. Und sie starrte zu Boden und biss die Zähne zusammen, als er das Messer hob, die Götter anrief und die scharfe Klinge mit einem blitzschnellen Hieb durch die weiße Kehle des Lammes stieß.
    Es kam ihr seltsam vor, dass diese heiligen Handlungen von einem jungen Mann vorgenommen wurden. Seine Lässigkeit war verschwunden; er schien von höheren Geistern erfüllt zu sein. Seine Hand führte das Messer sicher und gezielt, und seine Bewegungen waren stark. Er schien es zu genießen.
    Das Tier starb schnell und still.
    Halo blickte auf. Mantiklas’ Gesicht leuchtete, er schien erregt. Schweigend verfolgte sie, wie er das Lamm aufschnitt und seine bluttropfenden Innereien betrachtete.
    Das ist widerlich , dachte sie.
    »Dies ist das Herz«, erklärte er und deutete auf ein kleines, gelblich-rotes Organ, aus dem viele Adern ragten. »Und links und rechts davon sind die Lungen.« Die Lungen waren blaurot und schwammig. Wider Willen war Halo fasziniert. Natürlich kannte sie die Namen der verschiedenen Organe, weil sie ihr von Kyllaros und Chariklo schon vor langer Zeit beigebracht worden waren, wenn sie das Fleisch der Jagdbeute für das Essen vorbereitet hatten. Aber sie hatte noch nie gesehen, wie eine Leber herausgenommen wurde, um aus ihr zu lesen, was die Zukunft bringen würde. Woher wusste denn Mantiklas, was das alles bedeutete? Diese Frage fand sie besonders interessant.
    Mantiklas schnitt vorsichtig alle Adern und Venen von der Leber und hielt sie in die Höhe, ein nass glänzendes, violett-rotes Organ. Es blutete immer noch stark. »Gut, gut«, murmelte er vor sich hin. »Die Leber hat eine gute Form, sie ist sauber und stark … keine zusätzlichen Leberlappen, nichts fehlt, nichts ist missgebildet … die Farbe ist kräftig und lebendig …« Er goss Wasser darüber, um das Blut abzuspülen, dann hielt er einen Augenblick lang inne. »Blutet immer noch«, murmelte er nachdenklich. »Hm.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Melesippos. Er wirkte nicht ängstlich, aber vielleicht hätte er ängstlich ausgesehen, wenn er überhaupt gewusst hätte, wie man ängstlich aussieht.
    »Nicht viel«, antwortete der Seher. »Es ist sogar gut. Wenn es weiterhin fließt, ist das ein gutes Omen für eine Reise. Wäre überhaupt kein Blut mehr geflossen, hätten wir uns nicht mehr von der Stelle bewegen dürfen.«
    Das Blut troff in einem langen, dünnen roten Rinnsal herab. Vielleicht ist das auch ein Omen für mich , dachte Halo. Vielleicht sagt es mir, dass ich mich bewegen soll. Dass ich noch einmal zu fliehen versuchen sollte.
    Auch wenn sie dich dafür in Sparta zum Tode verurteilen?
    Wenn ich mein Leben als Sklavin verbringen muss, ist das auch ein Todesurteil.

ΚΑΠΙΤΕΛ 15
    Sie setzten mit einer Fähre über den Golf von Korinth. Das Boot tanzte über die hellen, glitzernden Frühlingswellen, und Möwen kreisten kreischend über ihnen. Die Luft war klar und voller Verheißungen, und die Sonne verwandelte den Golf in ein langes rosa-silbernes Band.
    Halo war so glücklich, wieder auf dem Meer zu sein, dass sie eine Zeit lang sogar vergaß, dass sie eine Gefangene war. Sie ließ sich die Brise ins Gesicht wehen, schloss

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