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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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durch grüne Felder, zwischen sanften Hügeln hindurch und über das Hochland Arkadiens rumpelte, an rauschenden Flüssen entlang und über Pässe zwischen hohen, noch schneebedeckten Bergen, die die Landschaft vom Golf von Korinth abgrenzten. Aber sie war nicht ruhig und gelassen, sondern sehr aufgeregt.
    Sie zogen nach Delphi!
    In das Zentrum der Welt!
    In Apollons irdische Heimat, wo sich sein geheiligtes Orakel befand, wo die Pythia in einem großen Tempel saß und jede Frage beantwortete und immer die Wahrheit sprach.
    Halo blickte hinauf zu den Bergen, an denen sie vorbeizogen. Sie wirkten wie riesige cremige Joghurthaufen, über die die Götter goldenen Honig gegossen hatten. Und sie sah sich um, sah die gestreiften Knospen der wunderschönen Affodill, die winzigen blauen Blüten wilder Hyazinthen, Krokusse und Veilchen und weiße Buschwindröschen. Die Sonne wärmte ihr den Rücken. Sie sah zu Leonidas. Er ritt voraus – in der Sonne hatte er den Umhang abgelegt und sich einen Mandelzweig hinter das Ohr gesteckt.
    Als sie seine breiten, von der Sonne gebräunten Schultern betrachtete, wurde Halo allmählich klar, dass sie sich nicht ewig als Junge würde ausgeben können. Die Pythia würde sofort erkennen, dass sie ein Mädchen war …
    Mittlerweile zogen sie bergauf, und es wurde immer kälter, je höher sie kamen. Alle zogen die Umhänge enger um die Schultern. Schnee lag auf der Straße, körnig und scharf wie winzige Kieselsteine, und er kam ihr jetzt nicht mehr wie Joghurt und Honig vor. Sie betete zu den Göttern, dass sie noch vor Einbruch der Dunkelheit auf der anderen Seite ins Tal gelangen würden.
    Nach einer Weile sah Halo eine Möwe, die hoch über ihnen kreiste. Ihr schriller Ruf drang ihr bis ins Herz.
    Sie versuchte, auf dem Wagen aufzustehen, wurde aber durch die Kette zurückgezerrt, die am Sitz befestigt war. Ständig blickte sie sich um, überallhin glitt ihr Blick und wurde schließlich belohnt: Ein silberner Streifen blitzte am Horizont in den langen Fingern der Abendsonne auf – der Golf von Korinth. Das Meer! Wie herrlich – sie wurde nicht müde, den Anblick zu genießen. Immer näher kam der Silberstreif, und mehr als nur einmal glaubte Halo, den Duft von Meerlilien in der Abendbrise zu riechen – aber das konnte natürlich nicht sein. Das war reine Einbildung, weil sie sich so sehr nach zu Hause sehnte. Aber das Meer ist wirklich da , dachte sie. Dort draußen, wo die Sonne gerade untergeht, liegt mein wunderschönes Zakynthos . Flüchtig dachte sie, wenn sie nur lange zwischen dem Silberstreifen des Meeres und dem goldenen Himmel hin und her starrte, würde sie Zakynthos ausmachen können, das wie eine Erinnerung an alles Glück der Welt am Horizont schwebte.
    Die Pythia würde ihr vielleicht sagen, wie sie den Weg nach Hause finden konnte.
     
    Es war fast dunkel, als sie den kleinen Hafen erreichten, von dem man mit einer Fähre nach Delphi übersetzen konnte. Auf der anderen Seite sah Halo zwei große Berge, den Parnass und den Giona, deren schneebedeckte Gipfel in den letzten Strahlen der Abendsonne glitzerten. Es schien, als schwebten sie im Halbdunkel der einbrechenden Nacht, fast zum Greifen nahe. Halos Blick glitt weiter, zum Meer hinüber, und wieder war es, als würden ihre Augen das Meer aufsaugen. Jetzt könnte ich ins Wasser springen und schwimmen, schwimmen, immer weiterschwimmen, und irgendwann würde ich auf meinen Strand in Zakynthos gespült werden, und Kyllaros würde herbeieilen und mich finden und nach Hause bringen …
    Ihre Gedanken mussten sich auf ihrem Gesicht gespiegelt haben, denn Dion, der neben ihr saß, sagte plötzlich: »So ist es, das Meer: Es macht uns sehnsüchtig.«
    Mehr sagte er nicht, und sie warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. Aber er hatte sich bereits wieder abgewandt und spuckte vom Wagen aus auf die Erde.
    Sie zwang sich, nicht mehr so sehnsuchtsvoll auf das Meer zu starren, denn sie wollte nicht, dass Melesippos oder Mantiklas oder Leonidas bemerkten, was ihr durch den Kopf ging. Also stierte sie nur noch auf die groben Bodenplanken des Wagens und behielt ihre Gedanken für sich, tief im Innern verborgen.
     
    In der frühen Morgendämmerung sprang Halo hellwach und voller Aufregung und Freude auf.
    Leider hatte sie völlig vergessen, dass sie an einen jungen Spartaner gefesselt war, der entschieden weniger aufgeregt und erfreut war als sie und der sie nun wütend anbellte, Ruhe zu geben und sich wieder hinzulegen und nicht

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