Halo - Tochter der Freiheit
es war wie ein Schlag, ein Fußabdruck, ein umgestürzter Felsen.
Perikles seufzte. »Nun, das werden wir dann auch tun müssen.« Er erhob sich. »Und wenn euch der drohende Krieg nicht zur sofortigen Abreise zwingt, bleibt bitte und seid meine Gäste. Arko kann nicht durch die Stadt ziehen und sich schutzlos den ungehobelten Athenern aussetzen. Sie würden ihn niemals in Ruhe lassen. Die Pythia hat euch gesagt, dass ihr hierherkommen sollt … und wir müssen der Pythia gehorchen, nicht wahr?«
Wieder fing er an zu lachen.
Halo fragte sich, was er vorhatte. Es musste etwas Außergewöhnliches sein, wenn er über die Macht der Spartaner und die Verheißung der Pythia lachen konnte. Wäre er ein anderer gewesen, hätte sie an seinem Verstand gezweifelt. Aber dies war Perikles. Dieser Mann besaß eindeutig einen so glasklaren Verstand, wie sie ihn noch nie zuvor bei jemandem erlebt hatte.
Perikles’ Haus lag ganz in der Nähe. Ein schüchtern lächelnder Knabe mit dem Namen Tiki begleitete sie und führte sie in einen gepflasterten Hof, in dem Jasmin und Granatapfelbäume in Kübeln wuchsen. Ihr süßer Blütenduft erfüllte die Luft. Ein Brunnen in der Mitte des Hofs spendete Wasser, und so konnten sie sich den Staub von der Reise abwaschen. Es gab Hocker und Bänke, die mit weichen Kissen und kostbaren Stoffen gepolstert waren, und alles war so sauber. Es war wie im Olymp.
Halo setzte sich nervös auf einen niedrigen Schemel. Sie kannte es nicht, auf weichen Kissen zu sitzen. Außerdem war sie fürchterlich verdreckt. Und es war ganz ungewohnt, mit Arko in einem Menschenhaus zu sein. Normalerweise machten sie es sich auf dem Boden gemütlich, oder sie lag auf seinem Rücken oder auf einem Ast, damit sie auf gleicher Höhe waren. Aber wenn sie sich hier setzte, war er zu groß, und hinlegen konnte er sich auch nicht. Also stand er, und sie setzte sich, stand wieder auf, setzte sich wieder.
Nach einigen Minuten erschien eine Frau. Aspasia werde sich um sie kümmern, hatte Perikles gesagt. Das wird also Aspasia sein , vermutete Halo.
Aspasia verstand es, ihre Neugier angesichts eines Zentauren höflich zu verbergen. Halo hingegen konnte nicht anders, sie musste Aspasia anstarren. Sie hatte schon lange keine Menschenfrau mehr in ihrem eigenen Haus gesehen. Vor allem keine so sympathische.
Aspasia war nicht mehr jung, aber groß gewachsen und wunderschön. Sie war vornehm gekleidet mit einem langen, gegürteten Chiton und einem Umhang aus feinem weißen Tuch, der mit einer goldenen Brosche zusammengehalten wurde. Dazu trug sie goldene Ohrringe. Ihr gewelltes, gepflegtes Haar war mit einer Art Kamm hochgesteckt. Sie war anmutig und duftete lieblich. Obendrein lächelte sie.
Halo gingen fast die Augen über.
»Bitte nehmt Platz«, sagte Aspasia freundlich. »Oh!«, entfuhr es ihr, als ihr klar wurde, dass Zentauren natürlich nicht wie Menschen sitzen konnten. »Einen Moment, sagte sie und rief hinter sich: »Samis! Evangelos soll einen hübschen Teppich bringen. Und Honigtee.«
Ein bunter Teppich wurde gebracht, und Aspasia forderte Arko auf, es sich bequem zu machen.
Dieser ließ sich anmutig nieder und schlug seine Vorderbeine unter. Halo rückte mit ihrem Stuhl an seine Seite. Aspasia legte sich, nicht minder anmutig, auf eine gepolsterte Bank und stützte sich mit einem Arm auf. Halo überlegte, ob sie absichtlich lag, damit Arko sich nicht so … horizontal vorkommen musste und sich heimischer fühlen konnte.
»Tiki sagt, ich darf euch keine Fragen stellen, bis Perikles zurückkommt«, erklärte Aspasia. »Hoffentlich kommt er bald! Ich kann mich kaum noch beherrschen.«
Halo wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Wenn ihnen verboten war, sich zu unterhalten …
Aber es war ihnen bestimmt nicht verboten, von sich aus etwas zu erzählen.
»Ist Perikles dein Gatte?«, fragte sie höflich.
Aspasia lachte. »Nicht so ganz«, sagte sie. »Ich bin nicht der Typ für eine Ehefrau.« Sie wirkte bei diesen Worten ganz gelassen.
Halo hatte gelernt, dass die Ehe für die Menschen etwas sehr Wichtiges war. Aspasias Antwort verwirrte sie.
»Du weißt vielleicht, dass Ehefrauen im Haus bleiben und den ganzen Tag weben müssen und kein Vergnügen kennen«, sagte Aspasia mit einem Augenzwinkern.
Halo versuchte, möglichst ahnungslos auszusehen.
»Ich aber nicht«, flüstere Aspasia. »Ich kann ein bisschen mehr von dem machen, was mich interessiert … doch warte, das sieht schrecklich aus. Diese
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