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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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Am Vormittag mussten sie mit einem Haufen anderer Jungen lesen, schreiben und Gedichte auswendig lernen. Die Jungen hatten zunächst wirklich nur Augen für Arko und beachteten sie nicht. Aber dann wurden sie zum Turnen in die Turnhalle geschickt.
    Die Jungen warfen ihre Chitons ab und rannten los, um sich aufzuwärmen. Arko galoppierte auf und ab und rannte mit ihnen um die Wette. Halo stand wie ein Trottel daneben.
    Sie konnte ihren Chiton nicht ausziehen.
    »Los, weg mit dem Chiton«, sagte Martes, der Lehrer.
    »Das geht nicht«, erwiderte sie und spielte an Leonidas’ Ledermanschette, die sie immer noch am Handgelenk trug.
    »Was ist los?«, fragte der Lehrer.
    »Gesundheitliche Gründe«, sagte sie. Es war das Erstbeste, was ihr einfiel.
    Er runzelte die Stirn. Aber Halo blieb standhaft. Sie wollte nicht preisgeben, dass sie ein Mädchen war.
    »Tu, was dir gesagt wird, Junge.«
    »Nein.«
    »Willst du Schläge?«
    »Nein.«
    »Dann mach dich zum Turnen fertig.«
    »Nein.«
    Martes wollte Perikles’ Adoptivsohn nicht schon am ersten Tag schlagen und rief schließlich Aides herbei, der mit ihr nach Hause gehen sollte.
    »Was ist geschehen?«, fragte Aspasia, als sie in den Hof kamen.
    »Er wollte sich beim Turnen nicht ausziehen. Er hat sich schlichtweg geweigert. Hat aber nicht gesagt warum«, erklärte Aides und zog sich verärgert zurück.
    Aspasia sah sie an. »Warum?«, fragte sie.
    Halo starrte auf ihre Füße.
    »Halo«, sagte Aspasia streng.
    Da wurde Halo abwechselnd heiß und kalt. Sie wusste, dass die Lüge sie bald einholen würde, aber nicht jetzt schon! Außerdem hatte sie Aspasia und Perikles nie anlügen wollen. Würde sie ihr Geheimnis jetzt preisgeben, würde sie Ärger bekommen, weil sie gelogen hatte. Sie würde nicht mehr zur Schule gehen können, müsste immer im Haus bleiben, müsste heiraten und den Rest ihres Lebens mit Hausarbeit verbringen … nie mehr in Höhlen schwimmen, nie mehr mit Arko herumtollen, keine Abenteuer, keine Aussicht, jemals nach Thessalien zurückzukehren und Chariklo und Kyllaros zu finden oder herauszufinden, was Mantiklas wirklich im Schilde führte …
    Halo hatte schon so viel verloren. Ihre Identität als Knabe wollte sie nicht auch noch verlieren. Das konnte sie einfach nicht … aber sie wusste auch keinen Ausweg.
    Sie schlang die Arme um ihren Körper, als wollte sie sich selbst umarmen.
    Aspasia seufzte.
    »Halo, gibt es etwas, was du mir sagen willst?«
    Halo schüttelte grimmig den Kopf.
    »Wirklich nicht?«
    Halo kniff die Augen zusammen. Jetzt nur nicht heulen . Sie wusste nicht weiter.
    Aspasia spitzte die Lippen, als wollte sie sagen: Ich weiß aber, dass du mir etwas mitteilen willst.
    »Halo«, sagte sie dann, und ihre Stimme klang nicht unfreundlich, »ich glaube, dass du ein Mädchen bist.«
    Halo zuckte zusammen und sprang auf.
    »Also doch«, rief Aspasia, »du bist wirklich ein Mädchen?«
    Halo nickte betroffen. Meine Freiheit, meine Hoffnungen – alles vorbei …
    »Wirst du mich verraten?«, fragte sie heiser.
    »Nein«, erwiderte Aspasia, »ich denke nicht …«
    »Aber Perikles kannst du nicht anlügen«, sagte Halo. »Das weißt du.«
    Aspasia schwieg und dachte daran, welches Leben Halo erwartete, wenn sie ein Mädchen und kein Bürger Athens mehr wäre, selbst innerhalb der Familie … Sie müsste im Haus bleiben und weben und nähen, anstatt mit Spartanern und Zentauren Abenteuer zu erleben. Sie müsste verheiratet werden – aber wer würde sie wollen, mit ihrer Tätowierung und ihrer wilden Vergangenheit? Sie dachte daran, dass selbst Perikles, trotz seiner vielen Tugenden, der Meinung war, dass das höchste Ziel im Leben einer Frau darin lag, in Gegenwart von Männern den Mund zu halten.
    Und doch liebte er sie, Aspasia, und die Leute sprachen ständig über sie …
    »Du hast recht, das kann ich nicht«, sagte sie schließlich. »Ich muss darüber nachdenken …«
    »Bitte sag ihm nichts«, platzte Halo heraus, unterbrach sich aber sofort – das konnte sie nicht von ihr verlangen.
    Aspasia sah das Mädchen mit einer Mischung aus Mitleid und Ungeduld an. »Du kannst unmöglich …«, sagte sie, »… also, Halo – wie oft habe ich mir nicht gewünscht, die Freiheiten eines Mannes zu besitzen. Aber wie lange wirst du damit durchkommen? Im Moment geht das vielleicht noch, aber bald wirst du wie eine junge Frau aussehen. Du bist hübsch, die Männer werden dir schöne Augen machen. Wir können aus dir keine ehrbare Dame mehr

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