Halo
unsere Körper Fleisch nicht gut verarbeiten konnten. Es war schwer zu verdauen und machte uns träge. Aber auch wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich es nicht essen wollen. Schon bei der Vorstellung drehte sich mir der Magen um. Aber sie hatten sich solche Mühe gegeben, dass ich nicht den Mut hatte, es ihnen zu sagen. Zum Glück war das auch nicht nötig.
«Beth isst kein Fleisch», sagte Xavier da auch schon. «Habe ich das erwähnt?»
«Warum nicht?», fragte Nicola.
«Schlag Vegetarier im Wörterbuch nach», sagte Xavier sarkastisch.
«Das ist kein Problem, Süße», sagte Bernie, nahm meinen Teller und füllte ihn mit gebackenen Kartoffeln, gegrilltem Gemüse und Reissalat. «Das macht gar nichts.» Sie schaufelte weiter, obwohl der Teller schon voll war.
«Mom …» Xavier nahm ihr den fast schon überquellenden Teller ab und stellte ihn vor mich hin. «Ich glaube, sie hat jetzt genug.»
Als alle bedient waren, nahm Nicola ihre Gabel in die Hand, um zu essen, als Bernie sie eindringlich ansah.
«Xavier, Liebling, würdest du das Tischgebet sprechen?»
Nicola ließ ihre Gabel absichtlich mit einem lauten Klacken fallen.
«Pst», sagte Jasmine, und die ganze Familie beugte die Köpfe. Claire legte Madeline und Michael eine Hand auf, um sie ruhig zu halten.
Xavier machte das Kreuzzeichen.
«Der Herr mache uns dankbar für alles, was wir von ihm bekommen. Mögen wir in Jesu Namen immer offen sein für die Nöte anderer. Amen.»
Er sah auf. Sein Blick traf meinen für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er wegsah und einen Schluck Mineralwasser trank. In seinen Augen konnte ich so viel Einvernehmen sehen, eine Verbindung des Vertrauens zwischen uns, und in diesem Moment hätte ich ihn nicht noch mehr lieben können.
«So, Beth», sagte Peter. «Xavier hat uns gesagt, dass du mit deinen Geschwistern hierher gezogen bist.»
«Das stimmt.» Ich nickte und fühlte, wie mir das Essen im Hals stecken blieb, als ich auf die unvermeidliche Frage wartete: Was ist mit deinen Eltern? Aber sie kam nicht.
«Ich würde sie sehr gern kennenlernen», war alles, was Bernie sagte. «Sind sie auch Vegetarier?»
Ich lächelte. «Wir sind es alle.»
«Wie seltsam», sagte Nicola.
Bernie warf ihr einen wütenden Blick zu, aber Xavier lachte nur.
«Ich glaube, du wirst feststellen, dass es sehr viele Vegetarier auf der Welt gibt, Nicola», sagte er.
«Bist du Xaviers Freundin?», unterbrach ihn Michael, schob seine Bohnen auf dem Teller hin und her und stocherte mit der Gabel darin herum.
«Spiel nicht mit deinem Essen», sagte Bernie, aber Michael hörte sie nicht, er sah mich an und wartete auf meine Antwort.
Ich sah zu Xavier, unsicher, was ich vor seiner Familie sagen oder nicht sagen sollte.
«Bin ich nicht ein Glückspilz?», sagte Xavier zu seinem kleinen Bruder.
«O bitte, erspar uns das», begann Nicola, aber Claire stieß ihr schweigend den Ellenbogen in die Seite.
«Ich habe auch bald eine Freundin», sagte Michael ernst, und alle lachten.
«Dafür hast du noch viel Zeit, Kleiner», sagte sein Vater. «Kein Grund zur Eile.»
«Ich will keinen Freund, Daddy», sagte Madeline. «Jungs sind schmutzig, und beim Essen machen sie immer nur Chaos.»
«Ich kann mir vorstellen, dass Sechsjährige das tun», sagte Xavier grinsend. «Aber keine Sorge, sie bessern sich.»
«Auch wenn, ich will trotzdem keinen», sagte Madeline bockig.
«Ich auch nicht», sagte Nicola.
«Was redest du denn da? Du hast doch einen Freund», sagte Xavier. «Auch wenn das für dich genauso ist, als wenn du Single wärst.»
«Halt den Mund», sagte Nicola. «Und außerdem habe ich seit zwei Stunden keinen Freund mehr.»
Keiner außer mir schien von dieser Neuigkeit besonders betroffen zu sein.
«Oh, das sind schlechte Nachrichten», sagte ich. «Geht es dir gut?»
Claire lachte. «Nicola und Hamish trennen sich mindestens einmal in der Woche», erklärte sie. «Am Wochenende sind sie immer wieder zusammen.»
Nicola zog einen Schmollmund. «Dieses Mal ist es endgültig vorbei. Und danke der Nachfrage, Beth, mir geht es gut.» Sie starrte die anderen an.
«Nicola wird eine alte Jungfer», sagte Michael und kicherte.
«Was?», pampte sie zurück. «Woher weißt du überhaupt, was das bedeutet? Du bist gerade mal vier Jahre alt.»
«Mommy hat das gesagt», antwortete Michael.
Bernie hustete und erstickte fast an ihrem Essen, während Peter und Xavier in ihre Servietten lachten.
«Vielen Dank, Michael», sagte
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