Halo
«Beth … bei so vielen Jungs ist Sex das Einzige, was sie bei ihren Freundinnen hält, aber so sind wir nicht. Wir haben so viel mehr. Ich habe nie mit dir darüber geredet, weil ich nie das Gefühl hatte, dass wir darüber reden müssten.» Er sah mir in die Augen. «Es wäre sicher wundervoll, aber ich liebe dich, weil du du bist, und nicht, weil du mir etwas bietest – oder nicht.»
«Hattest du eigentlich mit Emily eine sexuelle Beziehung?» Ich hörte ihm gar nicht zu.
«O Gott.» Xavier ließ sich zurück in den Sand fallen. «Nicht schon wieder.»
«Hattest du, oder hattest du nicht?»
«Wieso ist das jetzt wichtig?»
«Beantworte einfach die Frage!»
«Ja, hatte ich. Bist du jetzt zufrieden?»
«Na also. Noch eine Sache, die sie dir geben konnte und ich nicht.»
«Beth, eine Beziehung besteht nicht nur aus körperlicher Anziehung», sagte er ruhig.
«Aber es gehört dazu», wandte ich ein.
«Klar – aber es ist nicht entscheidend.»
«Aber du bist doch ein Junge, hast du denn gar keine … Bedürfnisse?», fragte ich mit gesenkter Stimme.
Xavier lachte. «Wenn du eine Familie himmlischer Boten triffst, neigst du dazu, deine Bedürfnisse zu vergessen und die Sache im größeren Zusammenhang zu sehen.»
«Und was, wenn ich dir sagen würde, dass ich es will?», sagte ich plötzlich, und ich war selbst überrascht, diese Worte aus meinem Mund zu hören. Was dachte ich mir nur dabei? Ich hatte doch keine Ahnung, auf was ich mich da einließ. Ich wusste nur, dass ich Xavier mehr liebte als alles andere auf der Welt und dass es mir körperliche Schmerzen verursachte, wenn ich nicht bei ihm war. Die Vorstellung gefiel mir gar nicht, dass es da etwas an ihm gab, das ich noch nicht kannte, etwas, das mir bisher verborgen geblieben war. Ich wollte alles an ihm kennenlernen, seinen Körper auswendig lernen und ihn in meine Erinnerung einbrennen. Ich wollte ihm so nah sein, wie es physisch überhaupt nur möglich war, körperlich und seelisch mit ihm verschmelzen.
«Und?», fragte ich ihn sanft. «Würdest du ja sagen?»
«Auf keinen Fall.»
«Warum?!»
«Weil ich nicht glaube, dass du dazu bereit bist.»
«Ist das nicht immer noch meine Entscheidung?», beharrte ich. «Du kannst mich nicht aufhalten.»
«Du wirst merken, dass man dazu immer noch zwei braucht», sagte Xavier. Er streichelte mein Gesicht. «Beth, ich liebe dich, und nichts macht mich glücklicher, als bei dir zu sein. Du bist einfach berauschend.»
«Na, also …?»
«Also, wenn du es wirklich tun willst, dann bin ich hundertzehnprozentig dabei, aber vorher sollten wir gut darüber nachdenken.»
«Und wann sind wir damit fertig?»
«Wenn du wirklich darüber nachgedacht und nicht nur mit Molly darüber geredet hast.»
Ich seufzte. «Das hat gar nichts mit Molly zu tun.»
«Beth, hast du schon mal überlegt, was passieren könnte, wenn wir es tun?»
«Glaub schon.»
«Und du willst es trotzdem tun? Das ist verrückt.»
«Siehst du?», sagte ich sanft. «Es ist mir egal.» Ich wandte mein Gesicht gen Himmel. «Das da oben ist nicht mehr mein Zuhause. Du bist es.»
Xavier schlang seine Arme um mich und zog mich an sich.
«Und du bist meins, aber ich würde niemals etwas tun, was dir weh tun könnte. Wir müssen uns an die Regeln halten.»
«Das ist ungerecht. Ich hasse es, dass sie mein Leben bestimmen.»
«Ich weiß das, aber im Moment können wir nichts dagegen machen.»
«Wir könnten einfach das tun, was wir wollen.»
Ich hatte das gar nicht sagen wollen, aber die Worte rutschten mir einfach so heraus. «Wir könnten wegziehen, wir könnten vergessen, dass es noch andere Leute auf der Welt gibt.» Plötzlich merkte ich, dass ich all das viel zu lange zurückgehalten hatte. «Wir könnten uns irgendwo verstecken, wo sie uns nie finden werden.»
«Sie werden uns finden, und ich will dich nicht verlieren, Beth», sagte Xavier mit Nachdruck. «Und wenn das bedeutet, dass wir ihre Regeln ertragen müssen, dann ist es eben so. Ich weiß, dass du sauer bist, aber denk doch mal kurz nach.»
«Du meinst, ein paar Tage lang?»
«Vielleicht eher ein paar Monate lang.»
Ich seufzte, aber Xavier ließ sich nicht erweichen.
«Ich werde nicht zulassen, dass du etwas tust, was du später bereuen wirst. Schön langsam – wir müssen es ruhig und durchdacht angehen. Meinst du, du schaffst das? Für mich?»
Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Brust und spürte, wie mein Zorn sich langsam löste. «Für dich tue ich
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