Halo
Unterkiefer klappte herunter, als sie hörte, dass sich meine Pläne geändert hatten.
«Was ist denn bloß mit dir los?», sagte sie und schlug in gespielter Verzweiflung die Hände zusammen. «Du bist anscheinend so was wie ein Magnet für die heißesten Typen an der Schule. Ich kann einfach nicht glauben, dass du vorhattest, ihm eine Abfuhr zu erteilen.»
«Er ist eben nicht Xavier», sagte ich schmollend. «Mit ihm wird es nicht dasselbe sein.»
Langsam hörte ich mich an wie eine Schallplatte mit Sprung, aber meine Enttäuschung war einfach zu groß.
«Aber Jake ist doch wirklich kein übler Ersatz!»
Ich warf Molly einen strengen Blick zu, und sie seufzte ergeben.
«Na ja, er wird’s eben tun müssen», verbesserte sie sich. «Du wirst still vor dich hin leiden müssen, mit diesem Modeltypen an deiner Seite … du hast mein volles Mitgefühl.»
«Jetzt hör aber mal auf, Molly.»
«Im Ernst, Beth, Jake ist doch ein toller Typ. Die halbe Schule ist verrückt nach ihm. Er kann es locker mit Xavier aufnehmen.»
Ich schnaubte verächtlich.
«Okay, in deinen Augen kann sich vielleicht niemand mit Xavier Woods messen, aber er wäre sicher auch nicht froh, wenn er das Gefühl haben muss, dass du keinen Spaß auf dem Ball hast.»
Dem konnte ich nichts entgegensetzen.
Weil sie wussten, dass alle im Ballfieber waren und ohnehin niemand aus der obersten Klasse erscheinen würde, hatte uns die Schule den Freitagnachmittag freigegeben. Natürlich konnte sich schon am Vormittag niemand auf den Unterricht konzentrieren. Die meisten Lehrer versuchten gar nicht erst, das aufgeregte Geplapper in den Klassen zu übertönen.
Molly und ihre Freundinnen hatten sich am Abend zuvor richtig ins Zeug gelegt und sahen von all dem Selbstbräuner aus wie geröstete Mandeln. Sie hatten French Nails, die so lang und spitz waren wie Massenvernichtungswaffen, und frische Strähnchen im Haar. Taylahs Haare, die eigentlich kaum hätten blonder werden können, wirkten wie gepudert, so weiß waren sie.
Als es um ein Uhr endlich klingelte, packte Molly mich beim Handgelenk und zog mich aus der Klasse. Sie ließ nicht locker und rannte mit mir im Schlepptau, bis wir endlich sicher angeschnallt auf dem Rücksitz von Taylahs Auto saßen. Die Mädchen wirkten alle wild entschlossen.
«Erster Halt: Make-up», sagte Molly. Sie hatte den Kopf zwischen die beiden Vordersitze gesteckt und kommandierte: «Los geht’s.»
Wir fuhren hinunter zur Hauptstraße und hielten vor dem «Salon Schwan», einem der Schönheitssalons im Ort. Innen duftete es nach Vanille, und an den Wänden hingen riesige Spiegel und Plakate, die das Neueste aus der Kosmetikindustrie bewarben. Man hatte den Räumen ein spezielles, naturverbundenes Styling verliehen, alles wirkte irgendwie urwüchsig. Vor den Durchgängen hingen Vorhänge aus bunten Bändern, Räucherstäbchen glommen in kleinen Schmuckhaltern, und aus den versteckten Lautsprechern perlten die entspannenden Geräusche des Regenwaldes. Im Wartezimmer hatte man bunte Sitzkissen ausgelegt und Schüsseln mit getrockneten Blüten und Früchten aufgestellt. Frischer Kräutertee stand in Karaffen auf den niedrigen Tischen bereit.
Die beiden Mädchen, die uns begrüßten, sahen allerdings gar nicht naturverbunden aus: Sie hatten platinblondes Haar, trugen hautenge T-Shirts und dramatisches Make-up. Molly wirkte sehr vertraut mit ihnen. Sie umarmten sie sogar, als wir eintraten. Molly stellte sie uns als Melinda und Mara vor.
«Heute ist die Nacht der Nächte!», säuselten sie. «Geht’s euch gut? Okay, Mädels, lasst uns anfangen, damit das Make-up noch Zeit hat, sich zu setzen.»
Sie manövrierten uns auf hohe Drehstühle vor einer verspiegelten Wand. Ich hoffte inständig, dass wir nachher nicht so angemalt aussehen würden wie die Make-up-Mädchen.
«Ich will den Baby-Doll-Look», schnurrte Taylah. «Glitzernden Lidschatten, hellrosa Lippen …»
«Ich will aussehen wie Catwoman aus den Sixties, mit ganz viel Eyeliner und auf jeden Fall mit vielen falschen Wimpern», verkündete Hayley.
«Ich will weich und rauchig aussehen», meldete sich Molly zu Wort.
«Und ich möchte so aussehen, als ob ich gar nicht geschminkt wäre», sagte ich, als ich an der Reihe war.
«Glaub mir, du brauchst auch keine Schminke», bestätigte Melinda, nachdem sie meine Haut begutachtet hatte.
Die Mädchen erläuterten lang und breit ihre Pflege- und Schminkstrategien. Ich musste mich zwingen, nicht
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