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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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erreicht hatte. «Ich bin ziemlich sicher, dass das hier ein Garderobenständer ist.» Ich nickte, bis mir einfiel, dass er mich im Dunkeln nicht sehen konnte.
    «Ich dachte, ich hätte jemanden dort stehen sehen», sagte ich. «Einen Mann in einem langen Mantel und einem Hut.» Jetzt, wo ich es laut aussprach, klang es lächerlich.
    «Ich glaube, du siehst Gespenster, Babe.» Xavier gähnte und trat mit dem Fuß gegen den Garderobenständer. «Ja, definitiv ein Garderobenständer.»
    «Tut mir leid», sagte ich, als er wieder zurück ins Bett kam. Ich wickelte mich in seine Wärme ein.
    «Hab keine Angst», murmelte er. «Niemand kann dir etwas tun, während ich hier bin.»
    Ich vertraute ihm und hörte nach einer Weile sogar auf, nach Geräuschen und Bewegungen zu lauschen.
    «Ich liebe dich», sagte Xavier und wollte wieder einschlafen.
    «Ich dich mehr», sagte ich neckend.
    «Niemals», sagte Xavier, nun wieder wach. «Ich bin größer, also kann ich auch mehr Liebe in mir tragen.»
    «Ich bin kleiner, darum sind meine Liebespartikel viel komprimierter, weshalb viel mehr in mich hineinpasst.»
    Xavier lachte. «Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Du hast verloren.»
    «Ich habe es einfach danach berechnet, wie sehr ich dich vermisse, wenn du nicht da bist», konterte ich.
    «Wie kannst du auch nur ahnen, wie sehr ich dich vermisse», sagte er. «Hast du eine Art eingebauten Vermissometer, auf dem das steht?»
    «Ich bin ein Mädchen. Natürlich habe ich einen eingebauten Vermissometer.»
    Ich glitt wieder in den Schlaf, beruhigt durch das Gefühl seiner Brust an meinem Rücken. Ich fühlte seinen Atem an meinem Hals und strich über die glatte Haut an seinen Armen, die von der Sonne golden gefärbt worden waren. Im Mondlicht konnte ich jedes Haar sehen, jede Vene, jeden Leberfleck, und ich liebte sie alle. Das war mein letzter Gedanke, bevor ich in den Schlaf sank und dabei spürte, dass die Angst vollkommen von mir gewichen war.

[zur Inhaltsübersicht]
    29 Ein Freund in Not
    Taylah verfolgte mich in meinen Träumen. Ich sah sie als gesichtslosen Geist mit blutüberströmten weißen Händen, die ziellos durch die Luft griffen. Dann steckte ich in ihrem Körper und lag in einem See aus klebrig warmem Blut. Ich hörte das Tropfen der Hähne in der Mädchentoilette, während ich dem Tod entgegensank. Ich fühlte den Schmerz und die überwältigende Trauer ihrer Familie. Sie gaben sich die Schuld dafür, ihre Depression nicht erkannt zu haben, und fragten sich, ob sie ihr Ende hätten verhindern können. Jake war ebenfalls in meinen Träumen, immer am Rand des Geschehens, leicht unscharf, und er lachte leise vor sich hin.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fand ich den Platz neben mir leer. Ich presste mein Gesicht ins Kissen, wo Xaviers Kopf gelegen hatte, und konnte seinen Geruch noch schwach erahnen. Dann rollte ich mich aus dem Bett, öffnete die Vorhänge und ließ das goldene Sonnenlicht ins Zimmer scheinen.
    In der Küche bereitete Xavier und nicht Gabriel das Frühstück vor. Er hatte seine Jeans und sein Hemd wieder angezogen, und seine Haare waren zerzaust. Er sah frisch und wunderschön aus, wie er sorgsam die Eier in die heiße Pfanne schlug.
    «Ich dachte, ein ordentliches Frühstück würde uns guttun», sagte er, als er mich erblickte.
    Gabriel und Ivy saßen bereits am Tisch und hatten jeder einen Teller mit Rühreiern auf Toast vor sich stehen.
    «Das schmeckt wirklich gut», sagte Ivy zwischen zwei Bissen. «Wo hast du das gelernt?»
    «Ich hatte keine andere Wahl, ich musste es lernen», sagte Xavier. «Außer meiner Mutter ist meine ganze Familie in der Küche zu nichts nütze. Und wenn sie länger im Krankenhaus zu tun hat, bestellen alle Pizza oder essen irgendwas, was man mit Wasser anrühren kann. Also koche ich für alle, wenn Mom nicht da ist.»
    «Xavier ist ein Mann mit vielen Fähigkeiten», erklärte ich Ivy und Gabriel stolz.
    Xavier hatte erst eine einzige Nacht bei uns verbracht, und ich bewunderte ihn dafür, wie schnell er sich in unsere kleine Familie eingefügt hatte. Es fühlte sich gar nicht so an, als hätten wir einen Gast im Haus – er war einfach einer von uns. Selbst Gabriel schien ihn akzeptiert zu haben und suchte ihm ein sauberes weißes Hemd raus, das er zur Schule anziehen konnte.
    Ich stellte fest, dass wir alle sorgfältig vermieden, darüber zu sprechen, was gestern Nachmittag geschehen war. Ich wusste, dass ich selbst auf jeden Fall nicht daran erinnert

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