Halo
müssen nach Hause», unterbrach Gabriel sie ziemlich grob.
«O … klar, sicher», sagte Molly.
Ich fühlte mit ihr, als sie versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen.
«Vielleicht nächstes Mal», schlug ich vor.
«Bestimmt», sagte sie etwas hoffnungsvoller und drehte sich wieder zu ihren Freunden um. «Bis morgen, Beth. Ach, warte mal, das hätte ich fast vergessen. Ich habe etwas für dich.» Sie fasste in ihre Tasche und zog eine Tube des Melonen-Lipgloss heraus, den ich in der Schule ausprobiert hatte. «Du hast gesagt, dass du ihn magst, also habe ich dir einen besorgt.»
«Danke, Molly», stotterte ich. Es war mein erstes irdisches Geschenk, und ich war gerührt, dass sie an mich gedacht hatte. «Das ist wahnsinnig lieb von dir.»
«Schon gut. Ich hoffe, es gefällt dir.»
Über meine neue Freundschaft mit Molly wurde auf unserem Heimweg kein Wort verloren, aber Ivy und Gabriel wechselten mehrmals bedeutungsvolle Blicke. Ich war inzwischen zu müde, um zu versuchen, sie zu interpretieren.
Als ich mich bettfertig machte, betrachtete ich mich selbst im Badezimmerspiegel, der sich über die gesamte Wand erstreckte. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte, mich selbst sehen zu können. Im Königreich konnten wir uns zwar gegenseitig sehen, aber nie uns selbst. Manchmal erhaschten wir einen flüchtigen Blick von uns als Spiegelbild in den Augen eines anderen, aber selbst dann war es nur unscharf, wie die Grobskizze eines Künstlers, der es noch an Farbe und Feinheiten fehlte.
Eine menschliche Gestalt zu haben bedeutete, dass die Skizze fertiggestellt war. Ich konnte jedes einzelne Haar sehen, jede Pore. Ich wusste, dass ich, verglichen mit den anderen Mädchen in Venus Cove, ungewöhnlich aussah. Meine Haut war hell wie Alabaster, während alle anderen noch immer braun gebrannt waren. Ich hatte große braune Augen mit unnatürlich geweiteten Pupillen. Molly und ihre Freunde sahen aus, als experimentierten sie ständig mit ihrer Frisur herum, mein Haar hingegen war schlicht in der Mitte gescheitelt und fiel in natürlichen kastanienbraunen Wellen hinunter. Ich hatte volle, korallenfarbene Lippen, die, wie ich später lernte, den Eindruck erwecken konnten, als schmollte ich.
Ich seufzte, drehte meine Haare zu einem losen Knoten auf dem Kopf und zog einen Flanellpyjama an, auf dem schwarzbunte Kühe tanzten. Obwohl ich wenig Erfahrung mit der Welt hatte, zweifelte ich ernsthaft daran, dass irgendein anderes Mädchen in Venus Cove etwas derart Langweiliges anziehen würde. Ivy hatte mir diesen Schlafanzug gekauft, und bisher war er das bequemste Kleidungsstück, das ich besaß. Gabriel hatte ein ähnliches Exemplar bekommen, nur dass auf seinem Segelboote abgebildet waren, aber ich hatte noch nicht gesehen, dass er ihn trug.
Ich ging in mein Zimmer, dankbar für seine schlichte Eleganz. Am liebsten mochte ich die schmalen Glastüren, die zu dem kleinen Balkon führten. Ich liebte es, sie zu öffnen, mich unter den gewebten Baldachin zu legen und den Geräuschen des Meeres zu lauschen. Es war so friedlich, wenn der salzige Geruch des Meeres hereinwehte und Gabriels Klavierspiel von unten zu mir drang. Ich glitt immer entweder beim Klang von Mozarts Melodien oder dem leisen Murmeln meiner Geschwister in den Schlaf.
Im Bett machte ich es mir bequem und genoss es, die frische Bettwäsche zu spüren. Ich war erstaunt, wie einladend die Aussicht auf Schlaf war, wo wir doch nur so wenig Schlaf brauchten. Ich wusste, dass Ivy und Gabriel erst in den frühen Morgenstunden zu Bett gehen würden. Aber mich hatte der Tag voller neuer und unbekannter Begegnungen erschöpft. Ich gähnte und kuschelte mich auf die Seite, während mir noch immer Gedanken und Fragen im Kopf herumschwirrten, die mein Körper zu ignorieren beschloss.
Beim Einschlafen stellte ich mir vor, dass ein Fremder schweigend mein Zimmer betrat. Ich spürte sein Gewicht, als er sich still an mein Bett setzte. Ich war mir sicher, dass er mir beim Schlafen zusah, aber ich wagte es nicht, die Augen zu öffnen. Ich wusste, ich würde dann merken, dass er reine Einbildung war, wollte mir aber die Vorstellung ein wenig länger bewahren. Der Junge bewegte eine Hand, um sich eine Haarsträhne aus den Augen zu streichen, beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn. Sein Kuss war zart wie die Berührung eines Schmetterlingsflügels. Ich spürte keine Angst, ich wusste, dass ich dem Fremden mein Leben anvertrauen konnte. Ich hörte,
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