Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan
Mir fiel eben wieder etwas ein. Ein weiterer Vermisster. Ein anderer Artikel. Den ich beim Durchwühlen des Abfalls während eines Gewitters entdeckt hatte.
Ich packte den Block, auf den ich meine Tabelle gekritzelt hatte, und blätterte ihn durch. Ein kleines Rechteck flatterte auf die Tischplatte. Post and Courier . Freitag, neunzehnter Mai.
Ich las den Artikel laut vor und betonte die wichtigen Punkte für Ryan.
»Jimmie Ray Teal ist ein siebenundvierzigjähriger männlicher Weißer, der am achten Mai verschwand«, las ich. »Zum letzten Mal gesehen wurde Jimmie Ray Teal beim Verlassen der Wohnung seines Bruders an der Jackson Street auf dem Weg zu einem Arzttermin.«
Ich sprang vom Tisch auf, suchte mir ein Telefonbuch und blätterte den Buchstaben T durch. Es gab einen Eintrag für einen Nelson Teal mit einer Adresse an der Jackson. Ich wählte, aber auch nach dem zehnten Läuten nahm niemand ab. Ich wählte noch einmal, mit demselben Ergebnis.
Ryan und ich schauten einander an.
»Aikmans Mutter lebt in Mount Pleasant«, sagte Ryan.
Ich griff wieder zum Telefonbuch.
»Keine Aikmans in Mount Pleasant, aber einen auf der Isle of Palms, einen anderen in Monks Corner und ein paar in Charleston.«
Ryan übernahm die Vororte, ich Charleston. Erstaunlicherweise meldete sich bei jeder Nummer jemand. Leider kannte niemand Lonnie oder seine Mutter.
»Ich kenne den Journalisten«, sagte ich.
»Hast du seine Nummer?«
Ich suchte in der Anruferliste meines Handys. Winbornes Nummer war noch immer gespeichert. Ihn anrufen zu müssen, war für mich ungefähr so erfreulich wie eine akute Gürtelrose. Aber immerhin hatte der Trottel nichts über Cruikshank geschrieben.
Ich schaute auf die Uhr. Sieben nach zehn. Ich atmete einmal tief durch und wählte.
»Winborne.« Verzerrt, als würde er Karamellbonbons kauen.
»Hier Dr. Brennan.«
»Moment.«
Ein Dosenverschluss zischte. Ich hörte Schlucken.
»Okay. Schießen Sie los.«
Ich wiederholte meinen Namen.
Ich hörte Rascheln, dann wieder Kauen. »Die Dame, die auf Dewees gebuddelt hat?«
»Ja.«
»Da haben Sie wohl mehr abgebissen, als Sie kauen können, was, Doc?« Plankton war am Telefon so unangenehm wie von Angesicht zu Angesicht.
»Mr. Winborne, im vergangenen März haben Sie für die Moultrie News einen Artikel über das Verschwinden eines Manns namens Lonnie Aikman im Jahr 2004 geschrieben.«
»Was sagt man dazu? Das Mädchen liest meine Artikel.«
Das Mädchen musste sich zusammennehmen, um nicht aufzulegen.
»Darf ich Sie fragen, warum Sie diese Story erst so lange nach Aikmans Verschwinden aufgegriffen haben?«
»Sie rufen mich an, um mir zu sagen, dass das Skelett der alte Lonnie war.«
»Nein, das tue ich nicht.«
»Ist hart, was?«
»Nein.«
»Blödsinn.«
Ich wartete.
»Sind Sie noch dran?«
»Ja.«
»Die Leiche auf Dewees ist wirklich nicht Aikman?«
»Die Überreste waren nicht die von Lonnie Aikman.«
»Aber Sie wissen, wem sie gehören?«
»Ich habe nicht die Befugnis, diese Information weiterzugeben. Mr. Winborne, ich würde gern den Grund für Ihr Interesse an Lonnie Aikman erfahren.«
»Sie wissen doch, wie’s läuft, Doc.« Verfälscht durch speichelfeuchtes Kauen. »Sie kratzen mir den Rücken, ich kratze den Ihren. Im Augenblick juckt’s mich grad ziemlich.«
Ich zögerte. Was konnte ich dem kleinen Reptil geben?
»Der Mann auf Dewees wurde anhand von zahnärztlichen Unterlagen eindeutig identifiziert. Ich habe zwar nicht die Befugnis, seinen Namen weiterzugeben, aber ich werde den Coroner bitten, Ihnen diese Information zukommen zu lassen, sobald die nächsten Angehörigen benachrichtigt sind.«
»Das ist alles?«
»Ich verspreche außerdem, wenn der Dewees-Fall zu Breaking News werden sollte, wie es in Ihren Kreisen so schön heißt –«
»Haben Sie jetzt tatsächlich Breaking News gesagt? Wie auf CNN?«
»Mr. Winborne, ich–«
» Breaking News. Ich mach mir gleich in die Hose.«
Winbornes Kichern raubte mir noch den letzten Nerv.
»Ich würde ganz einfach gerne wissen, was Sie über Lonnie Aikman herausgefunden haben.«
»Warum?«
»Diese Information könnte wichtig für eine Todesfallermittlung sein.« Durch kaum geöffnete Zähne.
»Welcher Todesfall?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Wie passt Cruikshank da rein?«
»Was?«
»Der Privatdetektiv, der an einem Baum in Francis Marion gefunden wurde. Wie passt der da rein?«
»Laut Ihrem Artikel lebt Aikmans Mutter in Mount Pleasant, aber
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