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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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verwickelt!«
    »Wie lange werden sie brauchen, um zurückzukommen?«
    »Eineinhalb Stunden, Herr. Vielleicht zwei, wenn sie meinen Oberst nicht in seinem Büro finden.«
    »Das wird nicht genügen. Ich muß um sechs in Längs Lagerhaus sein. Dort treffe ich Längs Buchhalter und einen gefährlichen Verbrecher, der sich Hao nennt. Lang traut weder mir noch Hao, weshalb er ungefähr ein Dutzend seiner Männer in dem Lagerhaus gegenüber seinem eigenen postiert. Ich möchte, daß Sie einen Kordon um die Lagerhäuser legen und die ganze Bande festnehmen. Können Sie heute abend sechzig Gardisten entbehren?«
    »Hängt davon ab, wessen Sie all diese Leute bezichtigen werden, Herr.« »Längs Männer des Mordes an dem Kassierer Tai Min. Die anderen eines Staatsverbrechens.«
    Der Hauptmann sah ihn forschend an.
    »In dem Fall sollte ich am besten selbst dort sein. Nun zu diesen Wichtigtuern aus dem Palast. Ich bin nicht so sicher, daß mein Oberst den Haftbefehl ausstellen wird. Ich schrieb in meiner Nachricht, daß Sie ordnungsgemäß registriert sind und er zuvor nähere Einzelheiten verlangen soll.«
    »Ich habe Grund zu der Annahme«, sagte der Richter ruhig, »daß der Oberaufseher Oberst Kang viele Einzelheiten zu berichten haben wird.«
    Hauptmann Sju wandte sich an den Leutnant.
    »Wie war's, wenn wir einen hübschen Ausbruch aus dem Gefängnis inszenierten, Liu?« Als der Leutnant mit einem erfreuten Grinsen nickte, fuhr Sju zu Richter Di fort: »Liu wird Sie auch ordentlich verkleiden, so daß Sie unbemerkt von hier weggehen können. Würde mich nicht wundern, wenn diese Burschen ein paar Kollegen zurückgelassen hätten, um das Gebäude hier zu bewachen. Liu ist ein Meister der Verkleidung!« Während er sich die Hände rieb, betrachtete er den Richter mit sachverständigem Blick. »Zuerst stutzen wir Ihren Kinn- und Backenbart. Dann...«
    »Ich will keinen Mummenschanz!« erwiderte der Richter kühl. »Kann Ihr Leutnant mir einen alten Esel und ein paar Krücken beschaffen?«
    Liu nickte und verschwand sogleich.
    »Prächtiger Bursche, dieser Liu«, sagte der Hauptmann. »Nehmen Sie eine Tasse Tee.« Dann erzählte er dem Richter ausführlich, wie Liu den Anschein erwecken würde, als befände sich in einer der Zellen im Erdgeschoß ein Gefangener, und wie er einen Ausbruch aus jener Zelle vortäuschen würde. Mit jungenhaftem Vergnügen beschrieb er jedes einzelne Detail. Als er damit fertig war, fragte er: »Was hat es mit dem Mord an Tai Min auf sich?«
    »Das Verbrechen fällt in Ihre Zuständigkeit, Sju, denn es wurde hier begangen.« Er erzählte ihm, daß Lang zugegeben hatte, die Folterung und Ermordung Tai Mins veranlaßt zu haben, weil der Kassierer sich nach begangenem Diebstahl geweigert hatte, seinem Auftraggeber Lang das Versteck der Halskette zu verraten. »Wenn Sie heute abend Längs Männer festgenommen haben, gehen wir in den >Eisvogel< und verhaften Lang selbst, und dann werde ich ihn förmlich des Mordes bezichtigen. Aber dieser Hao ist viel wichtiger als Lang. Sobald Hao im Lagerhaus eingetroffen ist, werde ich zweimal auf meinen Fingern pfeifen; daraufhin lassen Sie Ihre Männer zuschlagen. Hao könnte allerdings Leute dabei haben. Ich gebe Ihnen deshalb eine grobe Vorstellung von dem Gelände.«
    Er nahm ein Stück Papier und zeichnete die Lichtung und die Lagerhäuser ein. Der Hauptmann verglich die Skizze mit seiner eigenen Karte und zeigte, wo er seine Männer postieren würde. Dann kehrte Leutnant Liu zurück.
    »Der Esel steht im Hof bereit, Herr«, verkündete er. »Sie sollten sich beeilen, denn es ist niemand draußen, der Sie beobachten könnte. Noch nicht.«
    Eilig dankte Richter Di dem Hauptmann und ließ sich von Liu über eine wacklige Treppe in einen kleinen Küchenhof führen. Während er den alten Esel bestieg, reichte Liu ihm ein Paar abgenutzter Krücken.
    »Gute Arbeit!« flüsterte er dem Leutnant zu und ritt durch das schmale Tor.
    Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf lenkte er den Esel in die Straße, die parallel zur Hauptverkehrsader verlief. Er setzte darauf, daß Meister Kalebasse eine so vertraute Figur in dieser Stadt war, daß die Leute ihn nicht allzu genau ansähen. Der einzige offensichtliche Unterschied war der, daß er ein Schwert trug. Er schnallte es rasch ab und klemmte es zwischen die Krücken, die quer auf dem Rücken des Esels lagen.
    Ruhigen Schrittes bahnte sich der Esel einen Weg durch das Menschengewühl. Richter Di stellte zufrieden

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