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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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hinteren Teil. Als der Kellner kam, um seine Bestellung aufzunehmen, sagte er, er habe etwas vergessen und stürzte zur Küchentür hinaus. Doch einer der Herren in Grau stand an der Ecke der schmalen Seitengasse. Der Richter ging zur Hauptstraße zurück. Wenn er die Stadt gut gekannt hätte, hätte er noch einen weiteren Versuch unternehmen können, seinen Verfolgern zu entwischen. So mußte er zu einem Trick Zuflucht nehmen, der die anderen zwingen würde zu zeigen, wer sie waren, und der ihn gleichzeitig ins Hauptquartier brachte.
    Er ließ sich mit dem Verkehrsstrom treiben, bis er weiter vorn die Pickelhauben von Gardisten entdeckte. Dann beschleunigte er plötzlich seinen Schritt, blieb abrupt stehen und drehte sich um. Als er mit dem größeren der beiden Verfolger zusammenstieß, schrie er aus vollem Halse: »Taschendiebe! Haltet sie!«
    Augenblicklich sammelte sich eine kleine Menge um sie, aufgeregte Fragen stellend. »Ich bin Arzt!« rief Richter Di. »Dieser große Halunke hat mich angerempelt, während der andere seine Hand in meinen Ärmel zu stecken versuchte!«
    Ein stämmiger Kuli packte den Mann am Kragen. »Pfui! Einen Doktor zu berauben! Ich werde ...«
    »Was ist hier los ?« Ein untersetzter Wachtmeister hatte sich zu ihnen durchgekämpft. Die beiden Männer in Grau hatten keine Anstalten gemacht zu fliehen. Der ältere sagte ruhig zu dem Wachtmeister:
    »Dieser Mann beschuldigt uns fälschlicherweise. Bringen Sie uns zu Ihrem Hauptmann!«
    Der Wachtmeister sah den Richter und seine beiden Gegner prüfend an. Dann zog er sein Schwertgehenk fest und sagte zu dem Kuli:
    »Laß den Herrn los! Es ist sicher nur ein Mißverständnis, wenn ihr mich fragt. Aber mein Hauptmann wird entscheiden. Kommen Sie, meine Herren, das Büro ist gleich da vorn.«
    Während sie zum Hauptquartier gingen, bewahrten die beiden Männer in Grau ein hochmütiges Schweigen. Leutnant Liu brachte sie in das Büro des Hauptmanns.
    Hauptmann Sju sah von seinen Papieren auf. Er nahm keine Notiz von Richter Di, sondern befahl dem Wachtmeister kurz, Bericht zu erstatten. Dann streckte er seine Hand aus. »Ihre Papiere, bitte!«
    Die beiden Männer in Grau legten ähnliche Dokumente auf den Schreibtisch; jedes hatte rote Kanten und trug eine Reihe von Stempeln. Der ältere wandte sich an den Hauptmann:
    »Dieser sogenannte Doktor ist ein Betrüger. Wir haben Befehl, ihn zum Palast zu bringen. Wir verlangen sofort eine Militäreskorte.«
    Hauptmann Sju schob seinen Helm zurück.
    »Sie wissen, daß das nicht geht, meine Herren! Nicht ohne eine Vollmacht von meinem Befehlshaber. Doktor Liangs Ausweispapier ist völlig in Ordnung. Amtlich registriert hier von meinem eigenen Büro, wie ich sehe.« Er kratzte sich an der Nase. »Ich will Ihnen jedoch sagen, was ich tun werde. Sie nehmen eine Nachricht an Oberst Kang von mir mit und kommen dann zurück, um diesen Herrn hier abzuholen.« Er zog ein leeres Blatt aus dem Papierstapel vor sich und tauchte seinen Schreibpinsel in Tusche.
    »Wir sollen zurückkommen, um festzustellen, daß unser Mann verschwunden ist?« fragte der ältere Mann mit einem höhnischen Lächeln. »Wir haben ausdrückliche Befehle, Hauptmann!«
    »Tut mir leid, mein Herr, aber ich habe auch meine Befehle!« Sju füllte rasch das Blatt aus und schob es über den Schreibtisch. »Hier, bitte!«
    Der andere steckte es in seinen Ärmel und sagte kurz: »Sie werden diesen Mann in Gewahrsam behalten, bis wir zurück sind.«
    »Nur, wenn der Doktor damit einverstanden ist, Herr. Ohne Haftbefehl kann ich einen ordnungsgemäß registrierten Bürger nicht festhalten. >Mildtätige Regierungs Sie wissen ja! Andererseits, wenn der Doktor kooperationsbereit ist...«
    »Natürlich!« sagte der Richter schnell. »Ich will nicht, daß der Schurke, mit dem diese Herren mich verwechseln, entkommt. Das Mißverständnis muß so rasch wie möglich aufgeklärt werden.«
    »Nun, dann wäre ja alles geregelt!« sagte der Hauptmann strahlend. »Wünschen Sie Pferde, meine Herren?«
    »Wir haben unsere eigenen.« Ohne ein weiteres Wort drehten sich die beiden Männer in Grau um. Der Hauptmann brachte sie die Treppe hinunter.
    »Kennst du diese beiden Schlafmützen?« fragte der Hauptmann Liu.
    »Ja, Herr. Sie gehören zum Büro des Oberaufsehers. Sie tragen Grau; die Agenten des Obereunuchen tragen Schwarz.«
    Der Hauptmann warf Richter Di einen besorgten Blick zu.
    »Sie hatten recht, Herr! Sie sind bereits ganz schön in die Situation

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