Halskette und Kalebasse
die Männer ihm die Füße verbrannten, schrie er hundertmal, daß er die Perlen nicht habe. Anschließend schrie er noch ein bißchen herum, daß es gar keinen Zweck habe weiterzumachen, weil er sie nun mal nicht habe. Er starb, während er uns verfluchte, der unverschämte Halunke. Die dämlichen Idioten schlitzten ihm den Bauch auf, um zu sehen, ob er die Perlen verschluckt hatte. Natürlich nichts zu machen.« Mit einem Blick auf Richter Dis Schwert fügte er hinzu: »Das Schwert könnte Hao mißtrauisch machen. Sind Sie sicher, daß Sie es nicht irgendwo verstecken sollten?«
»Völlig sicher.«
Der Richter verschränkte die Arme und ließ sein Kinn auf die Brust sinken. Er versuchte, an nichts zu denken, aber die vielen Probleme, vor denen er stand, ließen ihm keine Ruhe. Von nun an würde er sich auf den toten Kassierer konzentrieren müssen. Denn selbst wenn sich herausstellen sollte, daß Herr Hao die Verschwörer im Palast genau kannte, konnte er, der Richter, offiziell nichts gegen ihn unternehmen, bevor er nicht die Halskette gefunden hatte. Die Prinzessin hatte diesen Punkt besonders betont. Wieder fragte er sich, was Tai Min im Sinn gehabt haben mochte, als er beschloß, Lang übers Ohr zu hauen. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß eine Unterhaltung mit Frau Wei, der flüchtigen Ehefrau, einen Hinweis darauf liefern könnte, was Tai Min mit der Halskette gemacht hatte. »Sitzen Sie still!« fuhr er den Buchhalter an, der unruhig auf der Bank hin und her rutschte. Alles, was er über Frau Wei wußte, hatte Farn ihm erzählt. Ein ungewöhnlich intelligentes Mädchen, aber eben nur ein Mädchen, das außerdem erst ein paar Monate bei den Weis gewohnt hatte. Er war sich nicht sicher, ob er ihrem günstigen Urteil über die Herbergswirtin vertrauen konnte. Farn war der Meinung, daß Frau Wei keine ehebrecherische Beziehung zu dem Kassierer hatte, und Wei war ein unfreundlicher alter Geizhals. Dennoch war es ein skandalöses Verhalten für eine Hausfrau, ihren Mann ohne ein Wort der Erklärung zu verlassen. Wei hatte einen umhervagabundierenden Strolch als Liebhaber seiner Frau erwähnt. Das war auch ein Punkt, den er untersuchen mußte. Er hätte sich mit Wei länger unterhalten sollen, aber die Ereignisse hatten sich derartig überstürzt, daß... »Was murmeln Sie da herum?« fragte er den Mann neben sich gereizt.
»Nur, daß ich wegen Hao beunruhigt bin. Wir warten jetzt nämlich schon fast eine Stunde! Warum sollte er diese Verabredung treffen, wenn er nicht beabsichtigt, sie einzuhalten?«
Der Richter zuckte die Achseln.
»Warum, fragen Sie? Nun, er wurde wahrscheinlich aufgehalten von irgendwelchen unerwarteten...« Er brach plötzlich ab. Dann schlug er sich mit der Faust auf das Knie. »Heiliger Himmel, daran hätte ich denken sollen! Ausgerechnet...«
»Was... warum...«, stotterte der andere.
»Ich bin ein ebenso großer Dummkopf wie Sie!« sagte Richter Di bitter. »Die Verabredung war natürlich ein schmutziger Trick!«
Ohne die verängstigten Fragen des Buchhalters weiter zu beachten, sprang er auf, stürzte nach draußen und blies zweimal scharf auf seinen Fingern. Der schrille Pfiff zerriß das Schweigen der Lichtung. Die Tür des nächsten Lagerhauses öffnete sich ein paar Zoll, und ein bärtiges Gesicht spähte vorsichtig nach draußen. Dann ertönten laute Kommandos und Waffengeklirr aus dem Kiefernwald. Eine große, dunkle Gestalt fiel aus dem Baum gegenüber. Zwei Soldaten holten den Leibwächter ein. Er lieferte einen Kampf, wurde aber von einem Hieb auf den Kopf mit der flachen Seite eines Schwertes niedergestreckt. Schlagartig wimmelte die Lichtung von bis an die Zähne bewaffneten Gardisten. Während zwei von ihnen mit ihren Streitäxten die Tür des zweiten Lagerhauses aufzubrechen begannen, kam Hauptmann Sju zu dem Richter gelaufen, gefolgt von Liu.
»Wir haben niemanden nach Ihnen hier vorbeikommen sehen«, sagte der Hauptmann. »Der dünne Bursche hinter Ihnen ist Herr Hao, nehme ich an?«
»Nein, ist er nicht. Aber er ist für die Folterung und Ermordung des Kassierers verantwortlich. Lassen Sie ihn sofort festnehmen! Hao ist nicht aufgetaucht. Wo sind Ihre Pferde? Wir müssen so schnell wie möglich zum >Eisvogel Der Hauptmann schrie Liu einen Befehl zu und rannte dann in den Wald, dicht gefolgt von Richter Di. »Wie viele Männer brauchen wir?« rief Sju über seine Schulter.
»Vier sind genug!« erwiderte der Richter keuchend.
Hinter der zweiten Biegung des
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