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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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in Längs Lagerhaus gebracht, weil sie wußten, daß Lang den Ort zum Foltern seiner Opfer und für andere Dreckarbeiten benutzte, und weil die Gegend nachts völlig verlassen und somit gut geeignet war. Sie waren von demselben >Herrn Hao< gedungen worden, denn das war der Name, den der bärtige Anführer kurz vor seinem Tod auszusprechen versucht hatte. Der erste Anschlag der Verschwörer auf sein eigenes Leben war mißlungen. Aber sie waren offenbar entschlossen zu verhindern, daß er ihren Plan durchkreuzte, und deshalb mußte er mit einem zweiten Anschlag rechnen. Er horchte auf. Jemand klopfte leise an seine Tür.
    Richter Di nahm sein Schwert vom Seitentisch, schob den Riegel zurück und öffnete die Tür einen Spalt, bereit, sich zu verteidigen. Es war Längs Buchhalter.
    »Herr Lang bittet Sie, in die Halle zu kommen. Er hat soeben eine Botschaft erhalten, die er Ihnen zeigen möchte.« Der Richter legte sein Schwert wieder auf den Tisch und folgte dem Mann mit dem runden Schädel die breite Treppe hinab.
    Der Herbergswirt erzählt Herrn Lang von einem Brief
     

    Herr Lang stand am Empfangstisch und sprach mit dem Herbergswirt.
     
    »Äh, Doktor, gut daß Sie noch im Hause sind! Einer meiner Leute hat einen bösen Magenkrampf. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihn sich einmal ansähen. Ich zeige Ihnen sein Zimmer!« Im Begriff sich umzudrehen, faßte Lang in seinen Ärmel und zog einen offenen Umschlag hervor, der in großen, deutlich geschriebenen Buchstaben an ihn adressiert war. Er zeigte ihn Wei und fragte: »Übrigens, wer hat diesen Brief gerade eben abgegeben, Herr Wei?«
    »Ich saß an meinem Schreibtisch hinter dem Lattenschirm, Herr. Ich habe den Straßenjungen nur flüchtig gesehen. Er warf den Brief auf den Empfangstisch und stürzte davon. Als ich sah, daß er an Sie adressiert war, ließ ich ihn durch meinen Gehilfen sofort in Ihre Suite bringen.«
    »Aha. Gut, dann kommen Sie, Doktor.« Als die drei Männer wieder in Längs Arbeitszimmer waren, händigte der Gangster dem Richter den Brief aus.
    »Sie wollten Beweise«, sagte er trocken. »Die kleine Szene am Empfangstisch habe ich für Sie inszeniert, um Ihnen zu zeigen, daß der Brief tatsächlich hier abgegeben und nicht von mir gefälscht wurde, nachdem Sie uns vorhin verlassen hatten.«
    Richter Di entfaltete das einzelne Blatt. Auf diesem äußerte der Unterzeichnete sein Bedauern darüber, daß er Lang infolge unvermeidbarer Umstände nicht an dem verabredeten Tag hatte aufsuchen können, um über den Kauf von Rohseide mit ihm zu verhandeln. Heute jedoch würde er um sechs in Längs Lagerhaus sein. Sollten die Seidenmuster zufriedenstellend ausfallen, könne das Geschäft an Ort und Stelle abgeschlossen werden. Gezeichnet war der Brief mit >Hao<. Der Stil war einwandfrei, die förmliche, regelmäßige Handschrift eine typische Kanzleischrift. Sie war zweifellos echt, denn Lang hätte wenigstens einen Tag gebraucht, um in der Stadt einen Gelehrten zu finden, der einen solchen Brief schreiben konnte. Der Richter gab Lang den Brief zurück und sagte: »In Ordnung. Dies ist in der Tat der Beweis, den ich wollte, Lang. Unser Waffenstillstand geht wie vereinbart weiter. Ich werde um sechs am Lagerhaus sein.«
    Herr Lang hob seine dünnen Augenbrauen.
    »Am Lagerhaus? Sie glauben doch nicht etwa, daß wir da hingehen? Die ganze Sache ist abgeblasen! Hao wird dort niemanden antreffen, und die Tür wird verschlossen sein!«
    Richter Di sah ihn mitleidig an.
    »Kein Wunder, daß Sie kein gutes Personal bekommen können, Lang. Sie verlieren Ihr Urteilsvermögen! Du lieber Himmel, Mann, da kommen zehn solide Goldbarren zu Ihnen, und Sie versperren Ihre Tür und hinterlassen eine Nachricht, daß Sie nicht zu Hause sind! Hören Sie, mein Freund, ich werde Ihnen genau sagen, was wir tun werden! Wir werden Herrn Hao sehr höflich empfangen und uns erkundigen, ob er das Gold bei sich hat. Wenn ja, werden wir es dankbar annehmen. Dann fügen wir hinzu, daß wir die Halskette zwar nicht beschaffen konnten, aber angesichts der enormen Scherereien und Kosten, die wir seinetwegen gehabt hätten, gewillt seien, die zehn Barren als angemessene Abfindung zu betrachten.«
    Lang schüttelte den Kopf.
    »Hinter diesem Hundskopf Hao müssen mächtige Leute stehen. Es riecht nach hohen Beamten. Oder Freunden von Palastbeamten, wenn man bedenkt, wie genau sie den Grundriß des Wasserpalastes kannten. Ich bin ein Mann des Friedens, Bruder, ich mag keinen

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