Halte meine Seele
Kaylee. Schrecklich leid!“ Er schien mich berühren zu wollen, war jedoch klug genug, es nicht zu versuchen. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut.“ Er ließ mich nicht aus den Augen, in der Hoffnung auf eine Reaktion meinerseits, doch ich blickte nur stumm auf meine Hände und kämpfte gegen die Tränen an. „Aber das reicht nicht, oder?“, fragte er schließlich.
Vor zwei Monaten hätte es gereicht. Nash hatte Freude in mein Leben gebracht, er hatte mir mehr bedeutet als alles andere. Es war fast zu schön gewesen, um wahr zu sein.
Und das hatte ich jetzt davon.
„Kaylee?“ Seine Stimme klang brüchig wie Glas. Ein böses Wort von mir, und er zerbrach in tausend Teile.
„Ich weiß es nicht.“ Ich zwang mich, ihn anzusehen, obwohl mir die Traurigkeit und der Schmerz in seinen Augen tief im Herzen wehtaten. Es war schrecklich zu sehen, dass es ihm wegen mir schlecht ging. Aber er war nicht der Einzige, der litt. „Du hast mich angelogen.“
„Ich weiß. Ich habe alle angelogen“, gab er beschämt zu, doch das reichte mir nicht. Reue machte das, was er zerstört hatte, auch nicht wieder heil. Und Entschuldigungen brachten nicht zurück, was er verloren hatte. Was wir verloren hatten.
„Vor allem hast du mich angelogen, Nash.“ Ich kämpfte gegen die Tränen. „Du hast gesagt, du liebst mich. Und dann hast du mir deine Lügen aufgetischt, mich mit deinen Fähigkeiten manipuliert und vor meinem Dad wie eine Idiotin aussehen lassen. Ganz abgesehen davon, hast du es zugelassen, dass Avari mich benutzt und sonst was mit meinem Körper anstellt – und ich will lieber gar nicht wissen, was!“
„Kaylee, ich …“
Meine Wut verdrängte alles andere. „Hör auf, mir zu sagen, dass es dir leidtut! Dadurch machst du es auch nicht wieder gut.“ Vielleicht würde er es auch nie wiedergutmachen können.
Hätte ich doch nur besser aufgepasst … Wenn ich mich weniger um meinen Hausarrest und mehr um Nash gekümmert hätte, wäre es vielleicht gar nicht erst so schlimm geworden. Wenn ich mich weniger auf seine blöden Freunde konzentriert hätte, die freiwillig mit dem Dreckszeug angefangen hatten, sondern auf ihn … Wenn ich es Dad früher erzählt hätte … Wenn ich diese Scheißballons erst gar nicht in die Unterwelt gebracht hätte …
Es gab eine Million Wenns, die das Ganze verhindert hätten. Eine Million Dinge, die ich zu gerne anders gemacht hätte. Doch so war es nun einmal gelaufen. Und wir hatten beide Fehler gemacht.
Die Frage war, ob ich mit diesen Fehlern leben konnte. „Wie oft?“, fragte ich so leise, dass ich mich selbst kaum hörte.
„Wie oft hast du ihn … in mich reingelassen?“ Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen.
Nash seufzte und rutschte näher an mich heran, aber ich hielt den Blick gesenkt. „Keine Ahnung. Ich hab nicht mitgezählt. Ich habe nur versucht, alles zu vergessen.“
Du hättest lieber versuchen sollen, ihn aufzuhalten. „Eine ungefähre Schätzung reicht mir.“ Ich schob den Stuhl so weit zurück, bis ich gegen den Schreibtisch stieß.
„Wir haben uns ja nicht so oft gesehen, als du Hausarrest hattest. Also vielleicht … einmal die Woche. Bis auf die letzte Schulwoche.“
„Da also zweimal?“, frage ich, und Nash nickte unglücklich. „Sechsmal insgesamt?“
„So ungefähr“, sagte er schulterzuckend.
„Was habe ich gemacht?“ Wollte ich das wirklich wissen? „Das willst du lieber nicht wissen, Kaylee …“
„Nein, du willst nicht, dass ich es weiß“, unterbrach ich ihn gereizt. Er hatte Schuldgefühle, das war nur allzu deutlich. Und ich musste es wissen. „Sag es mir!“
„Meistens hat er dich nur zum Reden benutzt. Mir gesagt, wo und wann ich Everett treffen kann. Mich nach Erinnerungen gefragt, um sie in Zahlung zu nehmen.“ Was für eine entsetzliche Vorstellung.
„Aber einmal ist mehr passiert, oder?“ Es sei denn, Avari hatte gelogen. Hoffentlich hatte er das …
Nash schloss die Augen und lehnte den Kopf an das Bettgestell. „Beim ersten Mal.“ Er schlug die Augen auf und sah mich direkt an, damit ich die Wahrheit in seinen Augen erkennen konnte. Die brutale Wahrheit. „Ich wusste gar nicht, was los war, Kaylee. Ich hatte keine Ahnung, das schwöre ich dir! Ich wusste nicht mal, dass so was möglich ist.“
„Was ist passiert?“
„Dein Dad war in der Arbeit, und wir haben einen DVD-Abend gemacht. Du bist auf der Couch eingeschlafen, und ich wollte dich schlafen lassen. Aber dann bist du
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