Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halte meine Seele

Halte meine Seele

Titel: Halte meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Vincent
Vom Netzwerk:
wir kurz stehen, und ich drückte uns im Stillen die Daumen.
    Dann schob ich die Tür langsam einen Spalt auf und spähte hindurch.
    Sofort wurde das aufgeregte Murmeln lauter, aber die Luft war rein. Keines der Wesen schien sich auf diese Seite des Gebäudes verirrt zu haben. Ich nickte Alec zu und quetschte mich durch die Tür – wobei der Rocksaum schon zum zweiten Mal an einer scharfen Kante hängen blieb.
    Das Schwierigste stand uns allerdings noch bevor: Wir mussten uns unauffällig über den Innenhof und um die Meute herumschleichen, so wie Addison und ohne erwischt zu werden. Vielleicht wäre es uns sogar gelungen – wenn nicht genau in diesem Moment das totale Chaos ausgebrochen wäre.
    Das kräftige Leuchten ebbte zu einem matten Glühen ab, und das aufgeregte Gemurmel verwandelte sich in wütendes Geschrei. Todd hatte seine Aufgabe erledigt, nur zerrte er Luci dummerweise genau in unsere Richtung und zog damit alle Blicke auf uns.
    „Komm mit!“ Ich rannte auf den Baum zu und zerrte Alec hinter mir her. Zum Glück konnte er sich jetzt halbwegs auf den Beinen halten, nachdem Avari ihm nicht mehr die Kraft entzog.
    Uns trennten höchstens noch drei Meter von dem Baum, als Avari unter den Ästen hervortrat: an der einen Hand Addison brutal hinter sich her zerrend, an der anderen Nash. Mir sprang vor lauter Schreck fast das Herz aus der Brust.
    Diese Scheißdämonenkräfte!
    Nash schien nicht einmal bewusst zu sein, wer ihn da gepackt hielt. Oder wo er war. Es war entsetzlich. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Er wirkte völlig apathisch und starrte mit leerem Blick vor sich hin, wobei die Augen immer wieder nach oben in die Höhlen rollten. Er war bis obenhin zugedröhnt! Von ihm war keine Hilfe zu erwarten.
    „Ich wusste, dass du irgendwann auftauchst“, sagte Avari. Ein leises Knistern lenkte meine Aufmerksamkeit auf seine Füße: Eine dünne Eisschicht kroch über das Gras auf uns zu.
    „Es ist zu spät.“ Ich blickte ihm fest in die Augen. „Dir fehlt eine Lampadie, und einen so großen Durchgang kannst du nur mit beiden öffnen.“
    „Jetzt vielleicht noch nicht.“ Avari nickte, und die Eisschicht wurde immer dicker, bis sie den gesamten Boden bedeckte. „Aber bis zur Sommersonnenwende sind es nur noch schlappe sechs Monate, und bis dahin vertreiben wir uns schon irgendwie die Zeit. Jetzt, da wir alle zusammen hier sind …“
    Alec zog mich mit zitternden Fingern nach hinten, weg von Avari. „Bring uns rüber“, zischte er, ohne den Hellion aus den Augen zu lassen.
    Avari schüttelte selbstgefällig den Kopf. „Ohne den hier geht sie nirgendwohin.“ Er riss Nash so grob nach vorne, dass es mir wehtat. „Sie hat eine Schwäche: ihre Loyalität. Das macht sie für mich so durchschaubar, und ich weiß genau, worauf ich abzielen muss. Wenn in eurer Welt doch nur alle so schwach wären. Auf der anderen Seite … wo bliebe dann der Spaß?“
    „Kaylee, bring uns rüber!“, bettelte Alec, aber ich schüttelte den Kopf.
    „Ich lasse Nash nicht hier.“
    „Das musst du auch nicht“, mischte sich Addison ein. Bevor ich kapierte, was sie meinte, riss sie sich los und wirbelte herum. Die narbige Haut riss auf, und Blut lief ihr den Arm hinunter. Sie schrie vor Schmerz, als Avari nach ihr griff, seine Finger jedoch an der blutfeuchten Haut abrutschten. Als sie weglaufen wollte, platzte noch mehr Haut auf, und ihr Schrei steigerte sich ins Unerträgliche.
    Avari packte sie an den verkohlten Haaren, und sie stieß Nash mit letzter Kraft nach vorne. Er stolperte und fiel auf die Knie, und mit Alec im Schlepptau rannte ich zu ihm.
    „Nehmt ihn mit!“, schrie Addy. Anstatt Avari von uns wegzuziehen, wie ich es vermutet hatte, klammerte sie sich mit aller Kraft an ihm fest. Mit wachsender Wut breitete sich Avaris Eis in einer dünnen, bläulichen Schicht über ihren ganzen Körper aus und ließ das Blut gefrieren, das aus ihren Wunden lief. „Jetzt!“, schrie sie.
    Mit einem lauten, unbarmherzigen Brüllen schleuderte Avari die Arme nach vorne, was ihren Griff sprengte. Ihr verletzter Unterarm brach auseinander und zerbarst am Boden in mehrere grausige, gefrorene Teile.
    Addison schrie auf und prallte, den abgetrennten Arm in die Höhe gereckt, auf den Boden. Dieser Anblick war mehr, als ich ertragen konnte.
    Ich krallte mir Nash und Alec und schloss in panischer Angst die Augen. Diesmal sang ich für Addison, deren Qualen mit ihrem Tod erst begonnen hatten und, sofern Avari nicht vorher starb,

Weitere Kostenlose Bücher