Haltlos
ausgetrunken hatte, wollte sie zu Amber auf die Tanzfläche, doch musste sie nun erkennen, dass sie ihre beste Freundin aus den Augen verloren hatte. Wo war sie so plötzlich abgeblieben? Tessa hatte sich nur kurz umgedreht, um ihr leeres Glas auf den Tresen abzustellen. Sie ließ ihren Blick über die Massen hinweg gleiten. Aha, hatte sie doch recht behalten. Gegenüber, an der anderen Bar, ließ sich ihre Freundin gerade von ein paar der Jungs, mit denen sie vorher getanzt hatte, einen Drink ausgeben. Tessa entschied den direkten Weg zu nehmen und mogelte sich durch die Tanzenden hindurch. Als Amber sie gesehen hatte, flüsterte sie einem ihrer Begleiter etwas ins Ohr und zwei Minuten später hielt auch Tessa ihren dritten Drink in der Hand. Tessa trank in großen Schlucken, anders waren die Typen auch nicht wirklich lange zu ertragen. Langsam machte sich der Alkohol in ihrem Kopf bemerkbar. Tessa fiel es zunehmend schwerer klar zu sprechen, dass brauchte sie aber auch nicht. Sie tanzten unbeschwert, rieben ihre Körper aneinander und feierten bis in den frühen Morgen hinein. Klitsch nass und mit ruiniertem Makeup verließen Amber und Tessa vollkommen betrunken den Laden. Sie lachten und gackerten und bekamen sich überhaupt nicht mehr ein. Auf dem Weg nach draußen knickten sie auf ihren hochhackigen Schuhen mehrmals um. „Wie kommen wir denn jetzt nach Hause?“ wollte Amber von Tessa wissen. „Mit dem großen Flugzeug und ab übers Meer.“ Tessa führte mit ihrer flach ausgestreckten Hand einen perfekten Start eines Flugzeuges durch fing an zu Lachen. „Weißt du eigentlich wie lieb ich dich habe?“ Amber nahm Tessas Gesicht in die Hände und kniff ihr neckisch in die Wangen. „Oh, du bist so süß, Sweetie.“ Tessa drückte Amber einen Kuss auf den Mund. „Aber mal im Ernst, wie kommen wir ins Bett?“ nörgelte Amber. Ein paar Halbstarke kamen an ihnen vorbei und einer wagte sich vor „Also in meinem Bett wäre noch ‘nen Plätzchen für zwei so hübsche Mädels wie euch.“ Tessa und Amber sahen sich kurz an, sahen zu dem Typen und wieder zurück. Plötzlich begannen die Beiden schallend zu Lachen und bekamen sich gar nicht mehr ein. „Das glaube ich gerne, aber wir spielen eindeutig nicht in deiner Liga. Denn wir sind echt und nicht aus Gummi.“ „Fickt Euch“, wütete ihnen der Typ hinterher. Amber lief zur Höchstform auf, „Dann haben wir zu zweit immer noch mehr Spaß als du mit deinen Plastikfreundinnen!“ Tessa zog die johlende Amber weiter, bloß weg, bevor der Typ sich auch noch weiter hineinsteigert und sie ihn gar nicht mehr loswerden würden. Sie taumelten zu ihren Wagen. Tessa drückte die Fernbedienung und die Türen öffneten sich. „Wir steigen erst mal ein und dann müssen wir Jens anrufen.“ „Jens? So wie ich aussehe?“ Amber formte mit ihren Händen ihre Silhouette nach und endete mit den Zeigefingern auf ihrem Gesicht gerichtet. Ihr Gesicht war vollkommen verschmiert von der in der Hitze verlaufenen Schminke. Wieder lachten die beiden los. Amber schaltete die Standheizung ein, da es draußen kühl war und die nassen Anziehsachen ihr Übriges taten, um die beiden frieren zu lassen. Tessa bediente über Voicemail die integrierte Telefonanlage des Wagens „Wähle Jens.“ „Du hast ihn echt unter Jens abgelegt, wie unprofessionell sein Personal zu duzen.“ Stichelte Amber. „Was hätte ich denn sonst nehmen sollen? Wähle Chauffeur? DAS klingt doch nun wirklich zu sehr nach Snob.“ „Guten Morgen Miss Samuels, womit kann ich ihnen behilflich sein, ist etwas passiert?“ „Wir wollen nach Hause“, nölte Tessa. Wieder gackerten sie los, Amber konnte kaum noch Luft holen, als Tessa E.T. mit einem Finger in die Höhe gestreckt und einem tiefen „E.T. nach Hause telefonieren“, parodierte. Etwas desorientiert und irritiert fragte Jens die beiden „Wo sind Sie? Geht es Ihnen gut?“ „Alles bestens Jens, kommen Sie bitte einfach gaaanzzz schnell und holen uns ab. Uns ist kalt und wir sind hundemüde.“ Jens ließ sich den Weg beschreiben und versprach in 20 Minuten dort zu sein. Sie sollten unter allen Umständen beide im Wagen sitzen bleiben und mit niemanden reden. Er verlangte von ihnen sogar, dass sie ihre Türen verschlossen. Tessa fand diese überfürsorgliche Art echt ätzend. Wenn sie gewollt hätte, könnte sie Jens in der Luft auseinander nehmen. Sie sagte jedoch brav ja und amen nur damit er endlich Ruhe gab und sich auf den Weg zu ihnen machen konnte.
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