Haltlos
Amber verriegelte die Türen und sah Tessas ungläubigen Gesichtsausdruck „Was? Er hat gesagt, wir sollen die Türen verriegeln.“ Tessa winkte ab und schüttelte den Kopf. Tessa wusste, dass ihnen jetzt eh nichts mehr passieren können würde, dämmerte es bereits in der Ferne am Horizont. Wie schön der Anblick der aufgehenden Sonne doch ist, als würde die Welt neu geboren werden. Sollten noch vereinzelt Vampire unterwegs sein, wären sie genug damit beschäftigt gewesen, sich rechtzeitig in Sicherheit vor dem Sonnenlicht zu bringen. Schafften sie es nicht bevor die Sonnenstrahlen auf ihre Haut treffen würden, hätten Tessa und Amber vielleicht noch eine Lightshow mit vampirischen Fackeln zu Gesicht bekommen. Tessas Lippen umspielte ein Lächeln. Nein, Vampire würden sie jetzt nicht mehr jagen. Tessa zuckte, als ihr bewusst wurde, dass Jens gar nicht die Vampire meinte. Er sprach von ganz „normalen“ Verbrechern. Super. Das hatte sie keine Minute bedacht. In ihrem Leben lief so viel schief. Zum Glück waren die Scheiben verdunkelt und hier in der Gegend war nicht viel los. So hatte Tessa keine Bedenken, dass ein „einfacher“ Straßenräuber auf sie aufmerksam werden könnte. Amber und Tessa ließen das Radio laufen und sangen wie bei den Pyjamapartys in ihrer Kindheit jeden alten Klassiker in den schiefsten Tönen, die sie ihren Kehlen nach der durchzechten Nacht noch entringen konnten, mit.
Nach 45 Minuten erschien endlich Jens, der den Wagen mit dem Zweitschlüssel öffnen musste, da die beiden Damen mittlerer Weile eingeschlafen waren. Er hatte sich so etwas in der Art schon gedacht und vorgesorgt. Jens ließ die Tür einen Moment offen stehen, um frische Luft in den Innenraum des Wagens zu lassen, da es hier roch, wie in einem billigen Schnapsladen. Nach weiteren fünf Minuten, setzte er sich hinters Lenkrad und fuhr die Beiden hinaus aus der Stadt zurück in ihr Haus. Wenigstens hatten Amber und Tessa mitgedacht, als sie es sich auf den Rücksitzen gemütlich gemacht hatten, statt hinter dem Lenkrad einzuschlafen. Dann wäre aus dem nach Hause fahren ein größerer Gewaltakt geworden und der Chauffeur hätte womöglich „Umbaumaßnahmen“ vornehmen müssen. Doch, er hatte Glück. So konnte er sich einfach hinters Steuer setzen, den Motor starten und losfahren.
Cillian hatte sie gesehen. Er beobachtete sie und stand weit genug von ihr weg, so dass sie ihn nicht erkennen konnte. Bisher hatte er das Gefühl gehabt, dass sie immer bereits wusste, dass er kommen würde, doch der Alkohol muss ihre Sinne betäubt haben. Er sog ihren Duft in sich auf, verfolgte wie eine Raubkatze jede ihrer Bewegungen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, dass erkannte er bereits vor ihren Drinks an der Bar. Jetzt war sie einfach nur zu betrunken, als dass sie noch ihre Umgebung genauer wahrnehmen konnte. Es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung, um sich nicht augenblicklich auf sie zu stürzen. Ihre bisherigen Begegnungen fanden ausschließlich in ihren Träumen statt. Aber im Hier und Jetzt, war sie nur ein paar Meter von ihm entfernt. Sie war real. Ihr Duft betörte seine Sinne. Er musste sich zwingen seine Deckung nicht preiszugeben und über die Tanzfläche zu ihr zu gehen. Zu gehen? Er wollte sich zu ihr stürzen und jeden dieser Halbstarken Bubis von ihr wegzerren. Sie trank, tanzte exzessiv und ließ sich dabei noch von diesen Mistkerlen betatschen. Warum nur, dass hatte sie doch gar nicht nötig. Bei jeder anderen hätte er ein solches Verhalten als nuttig abgetan. Solche Mädchen taugten kaum als Blutbeutel, von so einer hätte er im Leben nie getrunken. Bei Tessa hingegen, wurde etwas anderes in ihm erweckt. Er wollte sie hier herausbringen, er musste sie beschützen. Dieser Schuppen war alles andere als gut für sie. Zwar schien es, als hätte sie Spaß, doch dieses Verhalten passte nicht zu ihr. Er wollte die Jungs verprügeln, sie von Tessa wegreißen. Am liebsten wollte er sie alle bestrafen und in der Luft zerreißen. Dass sie es auch nur wagten Tessa zu berühren. Er wollte Tessa. Verdammt. „Bleib ruhig alter Junge“, schoss es ihn in den Kopf. Wie sollte er bei ihrem Anblick ruhig bleiben. Im Gegensatz zu Aivan konnte er seine Triebe im Zaum halten. Er war nicht so dämlich und machte mitten in der Innenstadt Jagd auf eine junge Frau, die den Schutz des Ordens nicht nur besaß, sondern eine Frau, die vom Orden zu einer Vampir-Killerin ausgebildet worden war. Es musste ja so enden. Der Orden
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